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Kultur & Kreatives
Hausbesuch Streuengelche van de Rues privat Lockenwickler im Haar, das goldene Krönchen bereitgelegt – das Streuengelche bereitet sich nach zwei Jahren endlich wieder auf seinen großen Auftritt bei der Roskirmes vor. Birgit Franchy hat Renate Watteler vom Verein Streuengelche van de Rues besucht, wo die Engelchenpuppe für ihren großen Auftritt chic gemacht wird. Endlich kann es wieder fein gemacht werden. Die rund 200 Jahre alte StreuengelchePuppe hat ihr Verlies verlassen und wird nun von Renate Watteler für ihren großen Auftritt bei der Roskirmes herausgeputzt. Die alten Lockenwickler stammen vom Friseur, die Kleidchen – das Engelche hat fünf zur Auswahl – hat Renate Watteler schneidern lassen. Teils entstammen sie glamourösen Blusen, teils sind sie nicht ganz so glamourösen Ursprungs: Das Regencape wurde aus einer alten Tischdecke gefertigt, man sieht es ihm nicht an. Unter dem Kleidchen endet die Puppe am Rumpf. Dieser ist auf einer Platte
montiert, die später bei der Roskirmes auf ein paar Seile gesetzt wird, die quer über die Rosstraße gespannt werden. Dort wird es drei Tage verweilen, notfalls im Regencape Wind und Wetter trotzen und die Kinder der Besucherinnen und Besucher mit einem Bonbonregen erfreuen. Den Brauch gibt es seit Jahrhunderten in Aachen, genaue Dokumente existieren zum Leidwesen von Schriftführerin Renate Watteler nicht mehr. Die Vereinsgründung datiert auf 1705. Die Legende erzählt, ein Knecht namens Johann habe in grauer Vor-
Aus dem Vereinsarchiv: 1958 durfte Renate Watteler als Sechsjährige das Streuengelche begleiten; neben ihr ihre vierjährige Schwester.
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zeit um 1460 herum an einem Marienbild in der Straße des Öfteren haltgemacht und den armen Kindern Süßigkeiten geschenkt. Als er ein größeres Erbe hinterließ, habe man den Brauch fortführen wollen. Von nun an verteilte das Streuengelche einmal im Jahr die Süßigkeiten. Renate Watteler wurde bereits als kleines Mädchen in den Bann des Brauchtums gezogen. Die Urgroßmutter lebte in der Straße, in bester Lage, um aus dem Fenster das ganze bunte Treiben des großen Volksfests zu verfolgen. In dem armen Arbeiterviertel (Toilette im Treppenhaus, Monatsmiete damals
Für die Roskirmes kamen die Menschen aus dem Umland. Die Kinder drängelten sich unter dem Streuengelche, um Bonbons zu erhaschen.