WALDMEISTERS NATURKOLUMNE 6
Die Biber sind los – auch an den Aachener Bächen Anfang Mai, ich bin gerade zurück von einem Waldausflug mit einer Kindergartengruppe im Wald am Beverbach. Beverbach? Komischer Name, der kommt daher, dass „Bever“ das niederländische Wort für „Biber“ ist. Biberbach? Biber in Aachen, nicht nur in der Eifel und/oder im Hohen Venn? Wanderungen im Hohen Venn gehören schon lange zu meinem Programm. Besonders gerne bin ich im Brackvenn zwischen Eupen und Mützenich unterwegs. Auf Holzstegen, auf grünen Wiesenwegen, inmitten der typischen Venn- und Moorlandschaft. Seit einigen Jahren verändert sich hier die Landschaft, es entstehen neue Seen und Wasserflächen, ganz ohne Eingriffe durch Menschen. Die Biber sind da. In der Eifel und im Venn hat es begonnen, nun erobert dieses wundersame Tier neue Lebensräume. Dabei hat das Tier mit dem dichten Pelz auch die Gegend rund um Aachen entdeckt … Nachdem sie im 19. Jahrhundert bei uns ausgerottet worden waren, hieß es 2012 endlich: Die Biber sind wieder da! Fast gleichzeitig an der Inde und an der Wurm. Kaum jemand hat das damals wahrgenommen. Biber sind die zweitgrößten Nagetiere der Welt. Größer werden nur die südamerikanischen Wasserschweine. Der Körper ist plump und gedrungen und wird bis zu 100 Zentimeter lang. Typisches Kennzeichen der Biber ist ihr abgeplatteter, bis zu 16 Zentimeter breiter, unbehaarter Schwanz, der 28 bis 38 Zentimeter lang wird. Ein ausgewachsener Biber bringt bis zu 35 Kilogramm auf die Waage. Die Weibchen sind meist ein bisschen größer als die Männchen.
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Besonders auffällig ist das dichte Fell der Biber: Auf der Bauchseite stehen pro Quadratzentimeter Haut 23.000 Haare, auf der Rückenseite sind es etwa 12.000 Haare pro Quadratzentimeter. Auf dem Kopf eines Menschen wachsen dagegen nur 300 Haare pro Quadratzentimeter. Dieses superdichte braune Fell hält die Biber auch im Wasser stundenlang warm und trocken. Wegen ihres wertvollen Pelzes wurden die Biber früher unbarmherzig bis zur Ausrottung gejagt. Die Tiere selbst bekommt man nur selten zu Gesicht, sie sind vorzugsweise in der Nacht aktiv. Aber sie hinterlassen deutliche Spuren: benagte und gefällte Bäume und Bäumchen in unmittelbarer Ufernähe mit den typisch sanduhrförmigen Bissspuren. Bei näherer Betrachtung kann man oft auch die DoppelZahnspuren der Nagezähne erkennen. Die Hobelreste liegen unmittelbar daneben. Zuerst wurden solche Spuren an der Inde bei Kornelimünster aufgefunden. Zwischen 1981 und 1989 sind die ersten Biber in der Nordeifel an der Wehe, einem Zufluss der Inde, ausgesetzt worden. Von dort haben sie sich schnell ausgebreitet. Heute sind fast alle potentiellen Biberreviere im Kreis Düren besetzt. Die gesamte Rur von der Quelle bis zur Mündung und viele Nebengewässer wurden nach und nach wieder besiedelt. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Tiere bei Aachen auftauchen würden. Auch von Norden her über die Wurm ist der Biber bis ins Stadtgebiet vorgedrungen. An der vor wenigen Jahren renaturierten Wurm an der Krefelder Straße fühlen sich die Tiere offenbar sehr wohl. Die abgelegene, schwer zugängliche Lage und das dichte Weidengebüsch in dieser Flusswildnis bieten sich an. Es
ist anzunehmen, dass diese Tiere die Wurm hochgewandert sind. Als Vegetarier frisst der Biber am liebsten Rinde und Zweige. Junge Weiden und Pappeln, auch Buchen, Eschen und viele andere Laubhölzer mag er. Sogar die gerbstoffreichen Eichen. Weil Biber nicht klettern können, müssen sie die leckeren Zweige anders zu sich herunterholen. Junge Bäumchen werden bevorzugt, doch schreckt er auch vor alten Baumveteranen nicht zurück – selbst wenn’s Tage oder besser: Nächte dauert, um sie zu fällen. Im Sommer bevorzugt er allerdings zarte Kräuter und Wasserpflanzen. Ganz nebenbei schafft der Biber auch noch neuen Lebensraum für andere selten gewordene Tiere und Pflanzen. Naturschutz und Gewässerrenaturierung, die nichts kostet. Biber sind begnadete Baumeister, ganz ohne Zahlenkenntnisse und Architekturstudium. Es liegt ihnen einfach im Blut, sie können gar nicht anders. Von einer einfachen Höhle bis zur prächtigen Burg – kein Problem für einen Biber. Allerdings muss der Eingang unter Wasser liegen, aus Sicherheitsgründen. Und wenn das Gewässer zu flach ist, wird eben ein Damm gebaut und das Wasser aufgestaut. Auf diese Weise lassen sich selbst kleinere Bäche bibergerecht umgestalten. Im Landschafts- und Gartenbau stellt der Biber ebenfalls seinen Meister. Denn davon, wie das Umfeld seiner Behausung auszusehen hat, hat er sehr klare Vorstellungen. Mit Baumschutz dagegen hat er nichts im Sinn. Was ihm schmeckt, aber auch was nicht zu seinem Gestaltungskonzept passt, wird gnadenlos benagt und umgelegt. An Inde und Wurm hat der Biber nach den trockenen, wasserarmen Sommern der letzten