KiZ-ePaper Nr. 24/2022

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Maria Gojau: ein Ort mit Seele Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war Maria Gojau ein viel besuchter Wallfahrtsort. Heute ist das Marienheiligtum, nur wenige Kilometer von der Stadt Krumau entfernt, unter Österreichs Katholik/innen wenig bekannt. Doch ein Besuch lohnt sich: aus spiritueller und kunstgeschichtlicher Sicht. JOSEF WALLNER

I

n Tschechien steht man häufig vor verschlossenen Kirchentüren. Wenn ein Gotteshaus offen ist, muss es ein besonderes sein – wie die Wallfahrtskirche Maria Gojau. Eine kleine Gemeinschaft von Ordensfrauen – drei Kreuzschwestern – sorgt dafür, dass Menschen an sechs Tagen in der Woche die Wallfahrtskirche und die dazugehörigen Kapellen in Kájov, wie Gojau auf Tschechisch heißt, besuchen können. Dabei geht es nicht nur ums Aufsperren der Kirche. Die Schwestern erschließen den Besucher/innen gerne – auch in deutscher Sprache – den imposanten gotischen Raum mit der Gnadenstatue in der Mitte des Hochaltars. Maria Gojau gehörte zur Zisterzienserabtei Goldenkron, die ebenfalls ganz in der Nähe von Krumau liegt, und zog in

der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts jährlich zehntausende Pilger/innen an. Noch in der Zwischenkriegszeit war es der meistbesuchte Wallfahrtsort in den Sudentengebieten Tschechiens, ehe die Herrschaft des Kommunismus dem Pilgerstrom ein abruptes Ende setzte. Nach der Wende wurde der Gebäudekomplex mit Kirche, Kapellen sowie Wohn- und ehemaligen Wirtschaftstrakt nach und nach auch mit Hilfe der Europäischen Union vorbildlich renoviert. Langsam kamen die Wallfahrer/innen zurück, zu Beginn vor allem die Heimatvertriebenen. Heute finden unterschiedliche Menschen den Weg nach Kájov, erzählt Sr. Karmela, die Oberin der kleinen Kreuzschwestern-Kommunität: „Fußpilger, Radpilger, Familien. Die Autobusse sind seit der durch die Pan-

demie erzwungenen Pause noch nicht wieder zurückgekehrt.“ Aber die Schwestern sind für alle da, die kommen. Da Maria Gojau, das an der Straße von Krumau zum Lipno-Stausee liegt, eine Station des Jakobswegs ist, steht für Fuß- und Radpilger/innen im ehemaligen Kuhstall auch eine Herberge mit sechs Betten zur Verfügung. Wege zu den Menschen. Ob Pilger/innen, Tourist/innen oder an der Kunstgeschichte Interessierte, jede und jeder ist den Ordensfrauen willkommen. Sie sorgen für eine einladende Kirche, auch für die Bewohner/ innen von Kájov. Sr. Pia hat zu Beginn des Schuljahrs im September 2021 begonnen, nach Unterrichtsschluss einmal wöchentlich für alle interessierten Kinder Religions-

Maria Gojau bei Krumau war ein viel besuchter Wallfahrtsort im ehemaligen Sudetenland. Nach der Wende 1989 wurde die Wallfahrtstätte nicht nur durch die Renovierung wiederbelebt, sondern es leben auch Ordensfrauen vor Ort, seit 2012 von der Gemeinschaft der Kreuzschwestern. Abt Lukas Dikany vom Stift Schlägl (re.) hält zu seinen Nachbarinnen in Tschechien Sr. Tobia, Sr. Pia und Sr. Karmela (v. li.) freundschaftlichen Kontakt. KIZ/JW (2)


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