5 minute read

AM SET Thomas Stipsits dreht „Griechenland“

AM SET

Thomas Stipsits dreht im Frühjahr in Griechenland.

Advertisement

POPCORN-KINO

IM BESTEN SINNE

In seinen neuen Film „Griechenland“ agiert Thomas Stipsits als Drehbuchautor und Hauptdarsteller in Personalunion. Auf halber Strecke – die Dreharbeiten in Wien sind abgeschlossen, die in Griechenland folgen im Frühling – haben wir uns mit ihm zu einem Gespräch über Sehnsuchtsorte, seine Vorstellungen von Komödie und die Option, Regie zu führen getroffen.

Fotos: Pertramer; Sattler

Celluloid: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie für „Griechenland“ Drehbuch und Hauptrolle übernommen haben?

Thomas Stipsits: Es ist eine Riesenbehauptung, wenn ich sage „Ich schreibe ein Drehbuch“, aber diese Geschichte schlummerte lange in mir. Ich habe das Drehbuch dann mit Georg Weisskram, Harald Sicheritz und Eva Spreitzhofer erarbeitet.

Wieso gerade Griechenland?

Adele Neuhauser hat mir erzählt, dass ihr Vater, ein Grieche, gestorben ist. Sein letzter Wunsch: dass seine Kinder seine Asche in einer griechischen Meeresbucht verstreuen. Ich habe dieses Bild schön gefunden und bin dann auf die Geschichte des Österreichers Fritz Bläuel gestoßen, der mit einer Kommune in Griechenland gelebt hat. Als das Geld ausgegangen ist, sind alle nach Österreich zurück – bis auf Bläuel, der in einem Dorf die Menschen motiviert hat, biologisches Olivenöl zu pressen. Auch das Buch und der Film „Alexis Sorbas“ haben mich beeinflusst. Also die Idee, dass jemand ohne Vorurteil in die Fremde kommt, eine Katharsis erfährt und zu einem besseren Menschen wird.

Ist das in „Griechenland“ auch so?

Ja. Die Hauptfigur Johannes ist Juniorchef in einem bürgerlichen Mittelklasse-Hotel. Die Eltern sind konser-

Startschuss zu den Dreharbeiten von „Griechenland“ in Wien.

vative ÖVP-Wähler. Er wird von einer Ödipus-Mutter dominiert, die seiner Verlobten das Leben zu Hölle macht. Das klingt tragisch, aber Komödie beinhaltet immer auch Tragik. Johannes erfährt durch Zufall, dass sein Vater Grieche war, verstorben ist und sich gewünscht hat, dass sein Sohn nach Griechenland kommt, um seine Asche zu verstreuen. Er bricht nach Griechenland auf und erlebt dort viele Turbulenzen.

Haben Sie die Besetzung im Kopf gehabt als Sie das Drehbuch verfasst haben?

Ich wusste, dass ich die Hauptfigur spielen möchte und habe bei meiner Verlobten im Buch meine Frau im Kopf gehabt. Es kann positiv oder negativ sein, wenn man schon beim Schreiben jemanden im Kopf hat. Denn kann der- oder diejenige nicht, ist es umso schwerer, sich auf jemand Neuen einzulassen.

Wie schwer war es, in Zeiten wie diesen Förderungen zu bekommen?

Vom Filminstitut haben wir relativ schnell eine Förderzusage bekommen und gedacht, dass auch der Wiener Filmfonds und der ORF dabei sein werden, dem war aber nicht so. Deshalb ist der Umschreibe-Prozess losgegangen. Der ORF hat an das Potenzial geglaubt, hat aber gemeint, dass wir den Film, der die Geschichte von „Irgendwann bleib i dann dort“ ist, lustiger machen könnten. Wir haben uns dann darauf geeignet, dass wir es als Komödie im Komödiensinn machen.

Was kann man sich darunter vorstellen?

Man verwendet die Humorfarbe einer Komödie, wie „Meet the Parents“ mit Ben Stiller und Robert De Niro, in der komödiantische Elemente verwendet werden, die teils überhöht sind. Nicht Slapstick oder Klamauk, aber so, dass man manchmal auch dick auftragen darf und Dinge nicht zu Ende erklärt werden müssen.

War es schwer, den Drehbuchautor am Set loszulassen und sich ganz aufs Schauspiel zu konzentrieren?

Ja, manchmal. Aber wir waren so ein tolles Team mit Kolleginnen und Kollegen wie Mona Seefried und Erwin Steinhauer, die sich ewig kennen und „alte Hasen“ sind, die das aus dem kleinen Finger spielen. Und mit meiner Frau kann ich so und so sehr gut, auch privat – zum Glück (lacht). Es ist kein Kabarettfilm, aber es werden ein paar Kabarettisten, wie Gerry Seidl, auftauchen.

Eine Zeit lang war der österreichische Kabarettfilm in einer Art Dornröschenschlaf. Tut sich wieder mehr?

Ich glaube schon. Es ist die Bereitschaft der Förderstellen da, Filme wie „Love Machine“, Popcorn-Kino im besten Sinne, zu machen. Filme, bei denen die Leute ins Kino gehen und glücklich herauskommen. Das ist ein Film, der nicht so viel Anspruch hat wie einer von Marie Kreutzer – aber er hat genauso seine Berechtigung, denn er holt die Leute für eineinhalb Stunden aus ihrem Alltag und nimmt sie mit auf eine Reise. Das ist gerade in Zeiten wie diesen wichtig.

Merken Sie schnell, ob eine Idee funktioniert?

Im Laufe der Zeit bin ich feinfühliger geworden und sehe Szenen rhythmischer. Man stellt sich wo anders hin oder nimmt nur ein Wort weg und oft hilft das schon. Natürlich kann man im Schnitt alles regeln aber, wenn du in eine schnelle Dialogszene reinkommst, finde ich schwierig, wenn die Stichworte zu spät gegeben werden und der Rhythmus der Szene nicht mehr stimmt.

Wäre Regieführen eine weitere Option für Sie?

Ich habe ein bisschen Blut geleckt. Aber ich würde es nur in Verbindung mit jemandem sehr Erfahrenen an der Kamera und in der Regieassistenz machen. Natürlich ist jeder Einzelne an einem Set wichtig, aber Kamera, Regie und Regieassistenz sind so etwas wie die Dreifaltigkeit.

Sie haben gerade ihr neues Buch „Uhudler-Verschwörung“ herausgebracht, drehen Filme, machen Kabarett – befruchten die drei Bereiche einander?

Wenn man das Glück hat, dass die Arbeit in den unterschiedlichsten Bereichen gemocht wird, ist das ein Segen. Schon mein erster Krimi „Kopftuchmafia“ war nur eine Behauptung. Niemand, weder ich noch der Verlag, hat gedacht, dass das Buch so gut funktioniert. Wir haben für die Erstauflage 8.000 Stück drucken lassen und gedacht, dass wir damit bis Weihnachten durchkommen – doch dann war sie innerhalb von eineinhalb Wochen ausverkauft und die zweite Auflage wurde um das Doppelte erhöht. Das ist etwas, bei dem man sich richtig freut, weil man nicht damit rechnet.

Die beiden Bücher bieten sich für eine Verfilmung an, oder?

Es wird noch dauern, weil wir 2021 „Griechenland“ abdrehen und die Dreharbeiten zu „Love Machine 2“ starten, aber dann ist die Verfilmung von „Kopftuchmafia“ geplant.

Wie wird es mit Georgy aus „Love Machine“ weitergehen?

Er ist gerade in einem thailändischen Kloster, als er erfährt, dass er Vater geworden ist. Er kommt zurück nach Österreich, wo seine Schwester den Betrieb ausgebaut hat – und ihn um Hilfe bittet.

Wie blicken Sie derzeit in die Zukunft der Filmbranche?

Ich trau’ mich keine Prognose mehr abgeben. Im April hätte ich gesagt, dass wir im Herbst ganz normal spielen. Jetzt heißt es, dass es im Frühjahr wieder normal wird. Ich glaube fast, dass es erst im Herbst 2021 wieder normal ist.

This article is from: