Das neue LSD-BG 2021 – Leitfaden für die Praxis Die neuen Regelungen sehen auch einen Umgehungsschutz vor: Wird ein entsendeter bzw überlassener Arbeitnehmer durch einen anderen ersetzt, der dieselbe Arbeitsleistung im Rahmen desselben Entsende- oder Überlassungsauftrags erbringt, werden die Zeiten der Arbeitseinsätze zusammengerechnet – die erweiterte Anwendbarkeit der Arbeitsbedingungen kann daher nicht durch „Austausch“ von Arbeitnehmern umgangen werden.113) Der zwölfmonatige Zeitraum kann durch Vorlage einer begründeten Mitteilung auf 18 Monate verlängert werden. Auf die demonstrative Auflistung möglicher Gründe wurde im Gesetzestext verzichtet. In Frage kommen nach den Erläuterungen in der Regierungsvorlage etwa Gründe, die auf den vertraglichen Grundlagen (Dienstleistungsoder Dienstverschaffungsvertrag) basieren, oder faktische und rechtliche Gründe (verspätete Materiallieferungen, behördliche Maßnahmen, Verzögerungen durch die Zusammenarbeit mit anderen Firmen etc).114) Ist von vornherein bekannt, dass die Entsendung bzw Überlassung länger als zwölf Monate dauern wird, kann der Arbeitgeber bereits mit begründeter Mitteilung in der ZKOMeldung die Erstreckung des Zeitraums der Anwendbarkeit „nur“ des „harten Kerns“ der Arbeitsbedingungen auf bis zu 18 Monate erwirken.115) Ist nicht von vornherein bekannt, dass die Entsendung bzw Überlassung zwölf Monate übersteigen wird und möchte der Arbeitgeber von der Möglichkeit der 18-Monate-Ausweitung Gebrauch machen, ist eine Änderungsmeldung iSd § 19 LSD-BG zu erstatten. Die Nichterstattung der Mitteilung ist zwar nicht verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert,116) uE sind diesfalls jedoch alle Arbeitsbedingungen iSd § 3 Abs 3 LSD-BG bereits nach zwölf Monaten anwendbar, da es an der begründeten Mitteilung mangelt. 6. Strafen 6.1. Grundsätzliches Bei einem Verstoß gegen das Verbot der Unterentlohnung bzw gegen die in diesem Zusammenhang vorgeschriebenen Melde-, Dokumentations- und Bereithaltungspflichten können gegenüber den zur Vertretung nach außen berufenen Organen (Geschäftsführer bzw Vorstandsmitglieder) bzw den verantwortlichen Beauftragten117) primär Geldstrafen verhängt werden. Die vertretene Gesellschaft trifft diesbezüglich eine Haftung zur ungeteilten Hand. Darüber hinaus haben die Behörden zusätzliche Sanktionsmöglichkeiten, die von der Untersagung der Dienstleistung, der Erlangung von Sicherheitsleistungen, der Aufnahme in eine Evidenzliste bis zum Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren reichen und die betroffenen Unternehmen unter Umständen stärker treffen als die Geldstrafen selbst. Im gegebenen Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die Behörden den Arbeitnehmer über eine sein Arbeitsverhältnis betreffende Anzeige wegen des Verdachts der Unterentlohnung zu informieren haben. 113) ErlRV
943 BlgNR 27. GP, 6. ) ErlRV 943 BlgNR 27. GP, 6. ) Vgl ErlRV 943 BlgNR 27. GP, 6, wobei die Erläuterungen auf eine von vornherein bekannte Dauer von über 18 Monaten abstellen – dies muss jedoch auch bei kürzerer Dauer gelten, sofern die Entsendung/ Überlassung zwölf Monate übersteigt. 116 ) ErlRV 943 BlgNR 27. GP, 6. 117) Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche können unter strengen Auflagen (§ 9 Abs 2 bis Abs 4 VStG iVm § 24 LSD-BG) sogenannte „verantwortliche Beauftragte“ bestellt werden. Diesbezüglich enthält die Novelle 2021 eine präzisierende Klarstellung: Die für die wirksame Bestellung des verantwortlich Beauftragten vorgesehene Obliegenheit zur Mitteilung der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten samt Nachweis der Zustimmung an die ZKO und den Krankenversicherungsträger bezieht sich nicht auf Personen, die zu den Vertretungsorgane iSd § 9 Abs 1 VStG zählen. Deren Bestellung ist der ZKO oder dem Krankenversicherungsträger nicht extra anzuzeigen (VwGH 3. 2. 2020, Ra 2018/11/0237). 114 115
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ASoK 2021