Das neue LSD-BG 2021 – Leitfaden für die Praxis
Das neue LSD-BG 2021 – Leitfaden für die Praxis Das neue LSD-BG 2021 – Leitfaden für die Praxis
Kollektivverträge, Entgelt, Arbeitszeit, grenzüberschreitende Sachverhalte, Strafen KATHARINA DAXKOBLER / VALERIE KALNEIN / MARGIT MÜLLNER / ALFRED SHUBSHIZKY / CARL-GEORG VOGT / ELISABETH WASINGER*) Am 7. 7. 2021 hat das Plenum des Nationalrats die LSD-BG-Novelle 2021 beschlossen, mit der die Anpassung des Gesetzes an die Entsende-RL erfolgt; ebenso reagiert der österreichische Gesetzgeber mit der Abschaffung des Kumulationsprinzips und einer Überarbeitung der Verwaltungsstraftatbestände auf zwei grundlegende EuGH-Entscheidungen. Die Neuregelungen treten im Wesentlichen am 1. 9. 2021 in Kraft.1) Dieser Schwerpunktbeitrag bietet in fünf großen Themenblöcken – Kollektivverträge, Entgelt, Arbeitszeit, grenzüberschreitende Sachverhalte, Strafen – eine systematische Darstellung der im Hinblick auf die Bekämpfung von Unterentlohnungen für die Praxis besonders relevanten Aspekte der LSD-BG-Novelle 2021. 1. Vorgeschichte und Überblick Ursprünglich war der Aspekt der Unterentlohnung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor den Arbeitsgerichten auszufechten. Für die Verwaltungsbehörden war eine Verkürzung des zustehenden Entgelts durch den Arbeitgeber nur insoweit relevant, als die ASVG-Beiträge seit jeher mindestens vom arbeitsrechtlichen Anspruchslohn zu bemessen waren. Im Zusammenhang mit der Öffnung des Arbeitsmarktes für zahlreiche osteuropäische Staaten wurde mit 1. 5. 2011 im Rahmen eines Sammelgesetzes – des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSDB-G) – erstmals eine Verwaltungsstrafe für Unterentlohnungen eingeführt. Diese knüpfte ursprünglich am sogenannten „Grundlohn“ an. Seit 1. 1. 2015 bezieht sie sich auf das gesamte nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag (KV) zustehende Entgelt, wobei die von der ASVG-Beitragspflicht ausgenommenen Entgeltbestandteile ausgeklammert bleiben. Im Unterschied zum beitragsrechtlichen Anspruchslohnprinzip bleiben hier aber weiterhin Entgeltansprüche aufgrund anderer (nachrangiger) Rechtsgrundlagen – wie zB einer Betriebsvereinbarung (BV) oder einer einzelvertraglichen Regelung – unbeachtlich. Durch das mit 1. 1. 2017 in Kraft getretene LSD-BG, das auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse mit privaten in- oder ausländischen Arbeitgebern Anwendung findet,2) wurden die davor im AVRAG enthaltenen Regelungen herausgelöst, um im Rahmen dieses formal neuen Gesetzes eine klare und übersichtliche Struktur zu schaffen. Bei dieser Neukodifizierung blieb das materiellrechtliche Regelungskonzept zwar im Wesentlichen unverändert; Änderungen ergaben sich vor allem hinsichtlich der Verschärfung der Strafbestimmungen. *)
StB Dr. Katharina Daxkobler ist Senior Manager Tax und Prokuristin bei KPMG in Wien. Mag. Valerie Kalnein ist Rechtsanwaltsanwärterin im Bereich Arbeitsrecht/Immigration bei KPMG Law in Wien. Mag. Margit Müllner ist Senior Manager Tax bei KPMG in Linz. StB Mag. Alfred Shubshizky ist Tax Director und Prokurist bei KPMG in Linz. Mag. iur. Carl-Georg Vogt , MBA ist Senior Manager Personal Tax bei KPMG in Wien. Mag. Elisabeth Wasinger , LLM ist im Bereich Arbeitsrecht/Immigration spezialisierte Rechtsanwältin bei KPMG in Wien. 1 ) Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am 15. 7. 2021 den Antrag, keinen Einspruch zu erheben, abgelehnt, aber auch nicht ausdrücklich beschlossen, Einspruch zu erheben. Somit war kein Beharrungsbeschluss des Nationalrats erforderlich; das Gesetz kann nach Ablauf von acht Wochen (siehe Art 42 Abs 3 B-VG) – im September – im BGBl kundgemacht werden. 2) Darüber hinaus gilt das LSD-BG auch für überlassene arbeitnehmerähnliche Personen, Heimarbeiter und zum Teil auch für Landarbeiter. Keine Anwendung findet dieses Gesetz auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse und auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse zu einer öffentlichen Gebietskörperschaft oder zu Stiftungen, Anstalten und Fonds, die dienstrechtlichen Bestimmungen unterliegen.
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ASoK 2021