Das neue LSD-BG 2021 – Leitfaden für die Praxis Die nunmehrige Novelle des LSD-BG bringt insbesondere für Fälle des Hereinarbeitens nach Österreich Änderungen. Dies betrifft die (längst fällige) Harmonisierung des Entsendebegriffs des LSD-BG mit dem Anwendungsbereich der Entsende-RL, der grundsätzlich auf den Einsatz von Arbeitnehmern im Rahmen von grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringungen zugeschnitten ist. Darüber hinaus wird entsprechend der letzten Adaption der Entsende-RL festgelegt, dass bei längerfristigen Entsendungen nach Österreich nicht nur die hier geltenden Eingriffsnormen, sondern das gesamte zwingende Arbeitsrecht beachtlich ist und entsendete Arbeitnehmer auch einen Rechtsanspruch auf kollektivvertraglich verankerte Aufwandersätze für Dienstreisen im Inland haben. Schließlich kommt es zu einer Adaption des Ausnahmekatalogs, womit auch eine generelle Ausnahme für besserverdienende Arbeitnehmer verankert wird, und zur Festlegung einer Toleranzregelung für Fälle der irrtümlichen Erstattung der ZKO-Meldung. Letztlich wird mit der aktuellen Änderung das Sanktionsregime auf neue Beine gestellt. Nachdem die Höchstgerichte die gleichermaßen für die Verletzung von formalen Verpflichtungen und auch für Unterentlohnungen verankerte Strafenkumulation (Strafe pro Arbeitnehmer) ohne Obergrenzen als unverhältnismäßig erkannt haben, wird damit ein relativ langer Zeitraum der rechtlichen Ungewissheit beendet. Die Lohnkontrolle im Hinblick auf das LSD-BG obliegt grundsätzlich dem Krankenversicherungsträger bzw im Baubereich der BUAK. Bei nicht dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmern (bei Anwendbarkeit einer ausländischen Sozialversicherung) ist die Kontrollbehörde die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem AuslBG und dem LSD-BG des BMF (Zentrale Koordinationsstelle bzw ZKO), für die das Amt für Betrugsbekämpfung die Erhebungen durchführt und die den ermittelten Sachverhalt an das eigens für die Zwecke der Lohnkontrolle eingerichtete Kompetenzcenter LSDB der ÖGK weitergibt. Die Bearbeitung einer auf Verdacht der Unterentlohnung erfolgten Anzeige durch die genannten Behörden und die Ausstellung der Strafbescheide erfolgen durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde. 2. Korrekte Anwendung des Kollektivvertrags 2.1. Zentrale Bedeutung der Kollektivverträge Das LSD-BG räumt Arbeitnehmern mit gewöhnlichem Arbeitsort in Österreich einen zwingenden Rechtsanspruch auf das nach Gesetz, Verordnung oder KV zustehende Entgelt ein. Dieser Anspruch steht für die Zeit des Inlandseinsatzes auch Arbeitnehmern zu, die vorübergehend vom Ausland nach Österreich entsendet werden.3) Korrespondierend dazu erfüllt die Verwaltungsübertretung der Unterentlohnung, wer als Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern dieses Mindestentgelt vorenthält.4) Zum angeführten Mindestentgelt ist einerseits festzuhalten, dass es in Österreich für Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft – anders als teilweise im Ausland5) – keine gesetzliche Regelung zur betraglichen Festlegung einer Mindestentlohnung gibt. Der Rechtsanspruch des § 1152 ABGB auf ein angemessenes Entgelt ist auf Fälle zweifelhafter Lohnabsprachen beschränkt. Soweit sonstige gesetzliche Regelungen Vergütungsansprüche festlegen,6) handelt es sich um abgeleitete bzw relative Entgeltansprüche, 3
) § 3 LSD-BG unterscheidet zwischen Arbeitnehmern mit gewöhnlichem Arbeitsort in Österreich (Abs 1), Arbeitnehmern mit gewöhnlichem Arbeitsort in Österreich, die für einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland tätig sind (Abs 2), und Arbeitnehmern mit gewöhnlichem Arbeitsort im Ausland, die vorübergehend von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland (EU-Mitgliedstaat, EWR-Staat oder Drittstaat) nach Österreich entsendet werden (Abs 3). 4) § 29 LSD-BG. Eine Verletzung des Anspruchs auf Mindestentgelt bildet daher die Grundlage für die Sanktionierung der Unterentlohnung gemäß § 29 LSD-BG. 5 ) ZB das Mindestlohngesetz (MiLog) in Deutschland. 6) ZB § 10 AÜG, § 10 AZG sowie die Regelungen zur Entgeltfortzahlung bei Nichtleistungszeiten.
ASoK 2021
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