Pflege und Betreuung
Sommer 2015
Was schaffe ich noch?
Für teilstationäre Plege wird zusätzlich gezahlt
Der Zeitfaktor entscheidet über die Einstufung
Das Plegegeld gibt es nun in voller Höhe weiter
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Viele Pflegebedürftige leben allein zu Hause. Etwas Abwechslung kann der Besuch einer Tageseinrichtung bringen. Das ist seit diesem Jahr auch unter inanziellen Aspekten interessanter als in der Vergangenheit: Die teilstationäre Pflege wird zusätzlich zum Pflegegeld oder zum ambulanten Dienst inanziert und nicht mehr auf diese Leistungen angerechnet. Das gilt auch, wenn man Pflegegeld und ambulanten Dienst „kombiniert“.
Die individuelle Plege braucht Zeit – wie viel, muss durch einen Gutachter eingeschätzt werden. Foto: be.p
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Um eine Pflegestufe zu erhalten, muss man einen Gutachter anfordern. Dieser will vor allem wissen, wie lange man Hilfe für bestimmte Verrichtungen im häuslichen Alltag benötigt. Denn der Faktor Zeit ist ein entscheidendes Kriterium für die Einstufung. Für Angehörige ist es daher empfehlenswert, im Vorfeld des Gutachtertermins ein Plegetagebuch zu führen, in dem genau jede Hilfestellung in ihrer realen Dauer festgehalten wird. Dies dient unter anderem dazu, dem „Fit-sein-Wollen“ des Hilfebedürftigen am Tag der Begutachtung mit Fakten begegnen zu können. Noch immer scheuen sich viele ältere Menschen, Unterstützung anzunehmen – dabei haben sie einen gesetzlichen Anspruch darauf.
Einzelfall für Gutachter entscheidend Um dem Gutachter für seine Einschätzung Anhaltspunkte zu geben, wurden sogenannte Zeitorientierungswerte ermittelt. Sie berücksichtigen Zeiten von plegenden Laien und sind nicht verbindlich. Entscheidend ist der Einzelfall. Abweichungen muss der Gutachter aber begründen. So geben die Richtlinien des Spitzenverbandes Bund der Gesetzlichen Krankenkassen von 2013 beispielsweise 20 bis 25 Minuten für die Ganzkörperwäsche und 15 bis 20 Minuten für eine Hauptmahlzeit, inklusive Trinken, vor. Das Umsetzen vom Rollstuhl in die Badewanne wird mit einer Minute, Haare kämmen
mit maximal drei Minuten veranschlagt. Diese Richtlinien gelten auch für die Begutachtung von Privatversicherten. Die Werte beziehen sich auf Standards. Doch der Alltag sieht oft anders aus. Gerade bei Menschen mit Demenz ist es kaum möglich, mit solchen Zeitkorridoren auszukommen. Auch „aktivierende Plege“ – solche, die die Selbstständigkeit erhalten, fördern oder wiederherstellen soll – verlangt mehr Zeit. Außerdem ergeben sich höhere Zeitaufwände ganz einfach aus dem Lebensalter oder aus bereits vorhandenen Erkrankungen. Der Spitzenverband listet dazu unter anderem auf: ein Körpergewicht von über 80 Kilogramm, die Steifheit großer Gelenke, Schluck- oder Atemstörungen, unkontrollierte Bewegungen, Abwehrverhalten, stark eingeschränktes Sehen oder Hören, plegebehindernde räumliche Verhältnisse oder ein zeitaufwendiger Einsatz von Hilfsmitteln. Angehörigen und Plegebedürftigen steht zu dieser Problematik eine kostenlose und individuelle Beratung zu. In vielen Regionen gibt es Plegestützpunkte, an die sich gesetzlich Versicherte wenden können. Ist ein solcher nicht vorhanden, gibt die Plegekasse Auskunft, für privat Versicherte übernimmt das die Compass-Plegeberatung. Unter der kostenfreien Rufnummer 08001018800 erhalten dort gesetzlich Versicherte telefonische Auskünfte. Es stehen auch Ansprechpartner der AlzheimerGesellschaft zur Verfügung. be.p
kommen noch Investitions- und Ausbildungskosten hinzu.“ Die Plegekasse zahlt bei Stufe I bis zu 468 Euro, in Stufe II bis zu 1.144 Euro und in Stufe III maximal 1.612 Euro monatlich. Für Betroffene mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, welche die Stufen I oder II haben, stehen etwas höhere Beträge zur Verfügung. Erstmals bekommen auch Personen mit eingeschränkter Alltags-
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lich informieren. Dafür gibt es die kostenfreie und anbieterneutrale Plegeberatung. Gesetzlich Versicherte bekommen sie von ihrer Plegekasse oder einem -stützpunkt. Privatversicherte wenden sich an die Compass-Plegeberatung. Die Experten haben in der Regel die Adressen der geeigneten Individuelle Beratung Einrichtungen. Zudem können die Berater die Bevor man sich für eine Vertragsbedingungen erTagesplege entscheidet, läutern und bei den Anbe.p sollte man sich ausführ- trägen helfen. kompetenz ohne Plegestufe bei teilstationärer Plege Kosten erstattet. Für sie werden maximal 231 Euro monatlich bezahlt. „Die Ansprüche entstehen jeden Monat neu“, so Wetstein. „Damit dürfen ungenutzte Mittel nicht auf andere Monate übertragen werden.“
„Die Plegekasse zahlt allerdings nicht alle Rechnungen der Einrichtung“, sagt Sylke Wetstein von der bundesweiten Compass Plegeberatung. „Sie übernimmt die Transportkosten von der Wohnung zur Tagesplege und zurück, die Aufwendungen für die Plege, für die soziale Betreuung sowie für die medizinische Behandlungsplege. Selbst zu zahlen hat der Plegebedürftige für Unterkunft und Verplegung. Das können beispielsweise 16 Euro pro Der Besuch in einer Tageseinrichtung bringt Abwechslung in den Alltag eines Foto: Birgit Malchow/be.p Tag sein. Gegebenenfalls Plegebedürftigen.