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10/2021
Hangab – uralte Regenerationsmethode neu entdeckt Kopfüber an einem Seil zu hängen, klingt im ersten Moment nicht besonders erholsam, geschweige denn gesund oder entspannend. Mit der Hangab-Methode, die Verena Baumgärtner in ihrer Massagepraxis «Mani Pura» in Ruggell anbietet, ist es aber genau das. Ein Versuch lohnt sich für jeden, der Regeneration auf körperlicher wie seelischer Ebene sucht. Text: Heribert Beck
«Hangab ist an sich nichts Neues. Naturvölker regenerieren sich bis heute, indem sie sich an den Beinen aufhängen lassen, und auch in Europa wurde die Umkehrhaltung noch Anfang des 20. Jahrhunderts von Ärzten als Behandlungsmethode angewandt. Doch durch das Aufkommen der modernen Medizin sowie einer immer grösser werdenden Pharmaindustrie sind leider viele alte Behandlungsmethoden in Vergessenheit geraten», sagt Verena Baumgärtner. Die ehemalige Qualitätsmanagerin hat ihre Passion für Massage inzwischen zum Beruf gemacht und ist dabei auf das Thema Hangab aufmerksam geworden. «Ich habe eine anspruchsvolle Ausbildung besucht. Unser Dozent hatte in seinem erlernten Beruf als Baumpfleger mit Rückenproblemen zu kämpfen und herausgefunden, dass der Zustand sich bessert, wenn er sich mit den
Beinen an einem Ast einhängt und kopfüber baumeln lässt», erinnert sich Verena Baumgärtner und schmunzelt. Recherchen haben den Dozenten dann zum professionellen Hangab geführt. Dank seines technischen Verständnisses konnte er auch das Equipment verfeinern. Statt eines Astes dient ein ausgeklügelter Flaschenzug als Haupthilfsmittel.
Langsames und behutsames Vorgehen «Die Hangab-Ausbildung war sehr interessant, aber auch fordernd», sagt Verena Baumgärtner. Schliesslich geht es nicht nur um das Aufhängen selbst. «Eine klassische Hangab-Session bedeutet für mich Vor- und Nachgespräch mit dem Klienten, das Anlegen und spätere Ausziehen der Fussmanschetten sowie eine komplette Choreographie inklusive verschiedenster Massagegrif-
fe und Dehnübungen. Der Achtsamkeit kommt dabei ein hoher Stellenwert zu. Das Hochziehen erfolgt stufenweise und gibt dem Körper die Möglichkeit, sich an die neue Position zu gewöhnen. So wird verhindert, dass zu viel Blut in den Kopf strömt. Die Berührungen sind äusserst sanft, das ist wichtig, da die Wahrnehmung im Hängen eine ganz andere ist.» Die Ausbildung ist in mehrere Lehrgänge aufgeteilt und entsprechend intensiv: «Pro Lehrgang hatten wir acht Hangab-Sessions. Viermal wurde man selbst behandelt, viermal behandelte man aktiv. Mit immer wechselnden Partnern, denn meine Kunden sind ja auch nicht alle gleich bezüglich Alter, Körperbau und allgemeiner Verfassung.» Die Handhabung des Flaschenzugs hat Verena Baumgärtner im Rahmen ihrer Ausbildung
optimiert. Dank der ausgeklügelten Technik kann sie ihn sogar einhändig bedienen, während sie mit der anderen Hand den Klienten massiert. Nach erfolgreich absolvierter Prüfung Anfang September hat sie sich einen Seilzug in ihrer geräumigen Dachwohnung in Ruggell montieren lassen, um so interessierten Kunden die Hangab-Methode anbieten zu können. «Das Seil, die Befestigung und der Karabiner halten 800 Kilo aus. Die Fussmanschetten, die ich den Kunden anlege, sind mit je 400 Kilo getestet. Passieren kann also überhaupt nichts», sagt Verena Baumgärtner. Mit diesen und ähnlichen Erklärungen nimmt sie ihren Kunden bei einem Gespräch vor dem Hangab sämtliche Bedenken. «Und wenn jemand der Sache noch nicht traut, ist es auch möglich, ihn beim so genannten Hangab-Ground nicht ganz hin-