Lie:zeit Ausgabe 102

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02/2022

Pflegeengpass: Auch Liechtensteiner Politik gefordert Nach dem deutlichen Ja zur Pflegeinitiative in der Schweiz im letzten November muss der Bundesrat Massnahmen vorantreiben, um dem drohenden Fachkräftemangel im Pflegebereich entgegenzuwirken. Auch in Liechtenstein ist das Thema akut, wie ein Podcast der Stiftung Zukunft.li zeigt. Text: Doris Quaderer, Stiftung Zukunft.li

Bereits im Jahr 2019 hat Zukunft. li die Studie «Fachkräfte und Freiwillige: Wer pflegt und betreut uns im Alter?» veröffentlicht und aufgezeigt, dass sich durch die absehbare Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung ein Personalengpass im Betreuungs- und Pflegebereich anbahnt. Dieser wird immer spürbarer, wie Barbara Frommelt, Geschäftsführerin der Familienhilfe Liechtenstein und Thomas Riegger, Geschäftsführer der Liechtensteinischen Alters- und Krankenhilfe (LAK), betonen. Zehn von 130 Vollzeitstellen seien in den fünf Pflegeheimen der LAK derzeit vakant, beziffert Riegger im Podcast. Das Problem werde sich in den nächsten Jahren deutlich verschärfen: «Nicht nur wegen der demografischen Entwicklung steuern wir auf einen Engpass zu, sondern auch weil wir viele Mitarbeitende mit Babyboomer-Jahrgängen haben und diese in den nächsten Jahren in Pension gehen. Wir rechnen in den kommenden fünf Jahren mit 60 Vollzeitstellen, die wir neu besetzen müssen. Aufgrund des hohen Teilzeitanteils in unserer Branche entspricht das rund 80 bis 90 Personen, die wir neu rekrutieren müssen.» Seine Hoffnung ist, dass die Massnahmen im Bereich der Ausbildung – wie sie im Rahmen der Pflegeinitiative vorgesehen sind – einiges bewirken können. Eine besondere Herausforderung ist die Rekrutierung von Kaderpersonal der mittleren Führungsstufe, also Team- oder Stationsleitende, die sowohl fachlich als auch menschlich bestens qualifiziert

sind. «Gute Führungskräfte helfen wesentlich mit, die Fluktuation möglichst tief zu halten. Neben der Rekrutierung von gutem Nachwuchs ist das ein sehr wichtiger Faktor», ist Riegger überzeugt.

Weiterbildung derzeit finanziell unattraktiv Mit ähnlichen Herausforderungen sieht sich Barbara Frommelt bei der Familienhilfe konfrontiert. Auch sie stellt fest, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschärft hat. Um

konkurrenzfähig zu bleiben, seien gute Arbeitsbedingungen zentral, so spielten beim Stellenwechsel Lohn, Betriebskultur und auch Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle. Schwierig sei die Personalsuche ausserdem deshalb, weil ein breites Spektrum an Fachwissen gefordert sei, um Akut- und Langzeitpflege, psychiatrische Unterstützung sowie Betreuung anbieten zu können. «Besonders schwer zu besetzen sind Stellen, die einen Bacheloroder Masterabschluss erfordern»,

betont Frommelt. Oft scheitere es an finanziellen Gründen, Personen mit abgeschlossener Lehre oder Matura für eine Aus- oder Weiterbildung an einer höheren Fachschule oder Hochschule zu motivieren. «Die Löhne während der Ausbildung zur Diplomierten Pflegefachfrau bzw. zum Diplomierten Pflegefachmann sind tief. Vielen reicht das nicht, um ihre Lebenshaltungskosten zu decken. Daher sind wir als Betrieb stark gefordert, Lösungen zu finden», erklärt Barbara Frommelt. Diesbezüglich hofft auch sie auf

Anzahl Kinder nach Altersgruppe, 2015

Die Zahl der Nachkommen geht zurück: Ende 2015 hatten mehr als die Hälfte der über 80-Jährigen mindestens drei Kinder. Bei den 50- bis 59-Jährigen hingegen triff t das nur noch auf jeden Vierten zu. Mehr als ein Fünftel dieser Altersklasse ist sogar kinderlos. (Quelle: Amt für Statistik, Volkszählung 2015)


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