Wenn das Haus aus dem Drucker kommt INTERVIEW MIT PROF. MORITZ MUNGENAST Die Baubranche hat es aktuell nicht leicht. Im Moment fehlt Material. Fachleute gibt es sowieso zu wenig – das beklagt die Innung schon seit Jahren. Die Preise steigen. Der Druck steigt ebenfalls, denn im Moment steht zudem der Vorwurf hoher Ressourcenverschwendung und Energiebelastung im Raum. Zeit für gute Nachrichten: Ab sofort, und in Zukunft noch mehr, können Gebäude mithilfe von 3D-Druck erstellt werden. Ist das die Wende? Oder gar eine Revolution? Wir sprachen darüber mit einem ausgewiesenen Fachmann: Prof. Moritz Mungenast, Pionier auf diesem Gebiet.
Im Sommer wurde in Deutschland das erste 3D-DruckGebäude, ein Wohnhaus, fertiggestellt. Haben Sie sich als Spezialist für Bautechnologie gefreut? Moritz Mungenast: Oh ja, unbedingt. Denn es zeigt klar: Es funktioniert auch in der Praxis. Und es geht auch in Deutschland. Es gab schon Umsetzungen in den USA, China, Dubai und auch Italien. Aber man darf nicht vergessen, dass das deutsche Baurecht hohe Standards setzt. Dass der 3D-Druck diese auch erfüllen kann, ist ein tolles Signal. Gratulation an die Kollegen! Diesen Gedanken greife ich gleich auf: Glauben Sie, dass Deutschland in der Lage ist, bei dieser Technologie eine führende Rolle einzunehmen? MM: Grundsätzlich ja. Die hohen Standards, die unser Baurecht vorsieht, sorgen ja auch für eine entsprechende Qualität. Und Qualität ist immer ein Faktor, der für Erfolg sorgt. Bei der Umsetzung erster 3D-Druck-Projekte erlebe ich selbst, dass unsere Behörden sehr kooperativ mit dieser neuen Technologie umgehen und Möglichkeiten der Umsetzung und Genehmigung suchen. Es wird wichtig sein, dass der Schritt aus der Forschung in die Anwendung schnell und gut klappt. Also, dass es Unternehmen gibt, die die Technologie einsetzen. Für unser aller Verständnis: Wie funktioniert die Technologie? MM: Im Prinzip sehr einfach und nachvollziehbar. Bei dieser Technologie spricht man auch von „additiver Fertigung“. Dieser Begriff verdeutlicht besser die Systematik: Material wird schichtweise aufgebracht und durch die Anordnung der einzelnen Schichten wird ein fester Körper abgebildet. Diesen Vorgang kann man auch in der Natur beobachten, zum Beispiel beim Bau von Schwalben- oder Wespennestern.
Für den Bauablauf bedeutet dies, vereinfacht dargestellt, dass die digitalen Daten des Entwurfs in Druckdaten umgewandelt und an den Drucker gesendet werden. Man darf sich diesen nicht als Drucker wie zu Hause vorstellen. Zum Teil sind das Konstruktionen, die 15 Meter lang sind, mit Schienen und Schläuchen. Das digitale Druckprogramm steuert dann den Einsatz und die Verteilung des Druckmaterials, um das Gebäude zu erstellen. Wenn Sie Druckmaterial sagen, was ist das genau? MM: Bei dem Gebäude in Düsseldorf wurde speziell entwickelter Beton verwendet. In Italien haben die Macher auf Pflanzenfasern, Stroh und Erde gesetzt. Sie sehen, die Spannbreite ist groß. Und wir stehen am Anfang der Entwicklung. Man merkt aber auch, dass es deutlich mehr Baustoffe geben wird als heute, wo im klassischen Bau noch Beton, Glas und Stahl dominieren.