Le Guillon Nr.59 - DE

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L’Escargot Rouge, ein sonderbares Tier in den Waadtländer Rebbergen Mit grossem Pomp vom Office des Vins Vaudois lanciert, ist L’Escargot Rouge (= die rote Schnecke) eine Waadtländer Weinmarke, ausgedacht und kalibriert, um den Konsumenten zu gefallen. Porträt eines Vertreters dieser Weichtiere, der über eine ledrige Haut verfügen sollte, wenn er im eher feindlichen Kontext seinen Platz behaupten will. Text: Alexandre Truffer

Benjamin Gehrig, Direktor des Office des Vins Vaudois.

Die rote Schnecke, die sich so schnell wie möglich, aber auch so langsam wie nötig fortbewegt, wurde erschaffen, um den Waadtländer Winzern bei der Kommerzialisierung ihrer Rotweine zu helfen, die grosse Mühe bekunden, sich einen Platz auf dem Markt zu schaffen. Studien zeigen, dass der am meisten verkaufte Schweizer Rotwein im Kanton Waadt der Walliser Dôle ist und dass 90% der Deutschschweizer Konsumenten (also der Hauptmarkt der Waadtländer) nicht wissen, dass zwischen Founex und Bex auch Rotwein wächst.

Der Kunde wird König Wenn das Konzept eine gewisse Skepsis auslöst, dann vielleicht, weil es einer kleinen Revolution gleichkommt. Zum ersten Mal verkauft man nicht den Ausdruck des Terroirs, sondern konstruiert ein Produkt, das der Konsument wünscht. «Die Weinbranche verlangt von uns seit mehreren Jahren, den Akzent auf Waadtländer Rotweine zu setzen», erklärt Benjamin Gehrig. «Der Kanton nimmt mit seinen Weissweinen, vor allem mit Chasselas, einen privilegierten Platz ein. Seine wunderbaren Rotweine dagegen sind weniger bekannt. Eine erste Kampagne wurde in der Epoche von Pierre Keller lanciert. Der Slogan lautete: Der Arbeiter trinkt Waadtländer Rotwein, der Patron ebenfalls. Heute setzen wir auf eine kommerziellere Methode. Wir haben uns von grossen Appellationen wie Bordeaux und Barolo inspirieren lassen, um eine Qualitätscharta auf die Beine zu stellen.»

© Pascal Besnard

Eine Eloge auf die Langsamkeit und die Tischkultur Auf die Frage, warum er nicht auf den Salvagnin gesetzt habe, antwortet der Direktor des OVV: «Wir brauchten etwas, das mehr Sexyness ausstrahlt. Da das ein Projekt von grösserer Tragweite ist, haben wir mehrere Studien gemacht. Von November 2019 bis Februar 2020 haben wir Winzer, Grossverteiler und Konsumenten befragt, ob ein Interesse für eine globale Waadtländer Rotweinmarke bestehe. Nach der einstimmigen, positiven Antwort fand die zweite Phase in Zusammenarbeit mit einer Deutschschweizer PR-Agentur statt. Wir testeten Verpackung und Inhalt. Die Konsumenten konnten sechs Weine degustieren, fünf Waadtländer Prototypen und einen Primitivo di Manduria, bei 10

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