Rheuma MANAGEMENT | März/April 2021
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STILL-SYNDROM: SYSTEMISCHE JIA UND AOSD
Worauf man in der Praxis achten sollte Zur Diagnose, Klinik, prognostischen Markern, Behandlungszielen und Therapien beim Still-Syndrom äußert sich Oberarzt Dr. med. Altan Güloglu, Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie an der Donauklinik Neu-Ulm.
Was sind die Herausforderungen bei der Diagnose?
und TNFa-Inhibitoren zur Anwendung kommen.
Die Ersterkrankung, die systemische juvenile idiopathische Arthritis (sJIA), tritt bei Kindern auf, häufig vor dem 5. Lebensjahr. Bei Erstauftreten der Erkrankung bei Jugendlichen und Erwachsenen spricht man vom Adult-onset StillSyndrom (AOSD). Beide Verlaufsformen gehören zur selben Erkrankung. Die Diagnose des Still-Syndroms nimmt in den meisten Fällen einige Zeit in Anspruch, weil es sich um eine Ausschlussdiagnose handelt. Der Weg der Patienten zum Rheumatologen ist deshalb häufig lang und führt über andere Fachärzte, wie Kardiologen, Hämato-Onkologen, Infektiologen oder HNO-Ärzte. Typische Symptome sind insbesondere remittierendes Fieber und lachsfarbenes Exanthem, zudem Arthritis, Hepatomegalie, Serositis und Lymphadenopathie.
Welche Marker gibt es zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose und für die Prognose? Als Hilfestellung für die Diagnose können die Klassifikationskriterien von Yamaguchi herangezogen werden. Laut diesen sind die Majorkriterien Arthritiden oder Arthralgien seit mehr als zwei Wochen, intermittierendes Fieber seit mehr als einer Woche sowie Exanthem und Leukozytose ≥10,000/μL (mit ≥80 % Neutrophilen). Minorkriterien sind Halsschmerzen, Lymphadenopathie und/ oder Splenomegalie sowie Leberwerterhöhungen. Häufig sind die ANA-Werte und Rheumafaktoren negativ bzw. niedrig-titrig erhöht. Als möglicher Marker für die Prognose des Still-Syndroms wird aktuell Interleukin (IL)-18 diskutiert. Der-
Stichwort „Treat-to-target“ – geht das beim Still-Syndrom?
Dr. med. Altan Güloglu zeit sind aber keine validierten Marker für die Prognose bekannt.
Warum sind eine frühzeitige Diagnose und spezifische Therapie wichtig? Eine rechtzeitige Diagnose und frühe spezifische Therapie sind beim StillSyndrom wichtig, um Organschäden und destruktive Gelenkläsionen zu vermeiden. Außerdem geht es darum, lebensgefährliche Risiken wie ein Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) oder eine Amyloidose und somit Nierenschäden zu reduzieren.
Was sind die Behandlungsziele und welche Therapieoptionen gibt es? Das Therapieziel ist eine inaktive Erkrankung, also eine langfristige Remission sowie die Reduktion von Organ- und destruktiven Gelenkschäden. Zur Behandlung werden als Basistherapie NSAR, Steroide oder DMARDS eingesetzt. Bei Nicht-Ansprechen können Biologika wie Anakinra, Canakinumab, Tocilizumab
Treat-to-target (T2T) ist eine Behandlungsstrategie, bei der ein Arzt durch eine frühzeitig intensivere Therapie spezifizierte und sequenziell gemessene Behandlungsziele verfolgt, wie z. B. die Remission einer Krankheit oder eine Verringerung der Krankheitsaktivität. Vor allem mit Hilfe der Biologika könnte eine T2T-Strategie zu besseren klinischen Ergebnissen führen. Dies müsste anhand von Studien weiter untersucht und gefestigt werden, jedoch gehen klinische Studien bei seltenen Erkrankungen mit besonderen Herausforderungen einher.
Kann eine Remission dauerhaft erhalten werden? Angestrebt wird eine serologische und klinische Remission. Das bedeutet, dass keine oder nur gering erhöhte Entzündungsmarker (CRP, BSG, IL-6) und keine Leukozytose auftreten, dass die Leberwerte zurückgehen, dass ein Absetzen des Steroids oder dessen Reduktion bis auf <7,5 mg/Tag möglich ist und dass keine klinischen Befunde, wie Fieber, Arthritiden, Lymphadenopathie und Serositis vorliegen. Bei lang andauernder Remission kann versucht werden, die Erhaltungstherapie zu deeskalieren. Ein gänzliches Absetzen führt meist zu einem Rezidiv. Bei schweren Verläufen ist die Remissionsinduktion eigentlich nur mit Biologika möglich. m
Herr Dr. Güloglu, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!