DIE ERNÄHRUNG VOLUME 45 | 03/04.2021

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Mehrwegquoten in Diskussion Kommentar Zum Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) liegt eine Novelle mit einem Kreislaufwirtschaftspaket vor. Inhalt der Novelle sind die Umsetzung der Änderungen der Abfallrichtlinie in der Fassung des Kreislaufwirtschaftspakets 2018 (EU 2018/851), die Umsetzung der Einwegkunststoff-Richtlinie (EU 2019/904) und MaSSnahmen zur Umsetzung des Regierungsprogramms. Besonders intensiv diskutiert wird § 14b zu Mehrwegquoten. Ein Überblick zu Position und Argumenten des Fachverbandes der Lebensmittelindustrie.

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ie österreichische Geträn­ keindustrie begrüßt, un­ terstützt und fördert eine Intensivierung der Kreis­ laufwirtschaft. Es ist je­ doch zu kurz gegriffen, wenn nachhal­ tiges und kreislauffähiges Wirtschaften nur anhand einer Unterscheidung zwi­ schen Einweg und Mehrweg gemessen wird. Nachhaltigkeit und ökologischer Fußabdruck eines Produkts erfordern eine komplexe Bewertung, die seriös nur auf der konkreten Produktebene erfolgen kann und sich nicht in solch plakative Kategorien wie Einweg und Mehrweg zwingen lässt. Eine generelle Bevorzugung von Mehrweg (wie sie im Entwurf mehrfach zu finden ist) verletzt aus dieser Sicht das Sachlichkeitsgebot (an das der Gesetzgeber gebunden ist), zumal keine faktenbasierte Grundlage für diese Bevorzugung erkennbar ist. Es gibt eine Vielzahl von Studien, die be­ legen, dass eine Bewertung nur auf der Ebene des konkreten Produkts inkl. der Transportwege stichhaltig ist. Die Ver­ fassungskonformität von unfundierten

Differenzierungen zur Begünstigung von Mehrweg ist somit nicht gegeben. Auch sollte sich das Verwaltungshan­ deln heutzutage vermehrt an einer Er­ leichterung der bürokratischen Auflagen und einer Verfahrensbeschleunigung ori­ entieren. Eine solche Orientierung ist in der vorliegenden Novelle leider nicht zu erkennen. Bestimmungen wie etwa der Bahntransport von Abfällen (§ 15) oder die Bestellung eines Bevollmächtigten für die Erfüllung von Verpflichtungen nach dem AWG (§ 12b) sind komplex, schwer lesbar und damit weder prakti­ kabel noch vollziehbar. In dieselbe Kategorie fällt auch das Überbürden von Aufgaben des Staats auf private Wirtschaftsbetriebe. So ist die Förderung ökosozialer Betriebe – wobei eine Definition dazu fehlt – (siehe § 29 Abs 4 Z 5, § 36 Z 7) zwar mög­ licherweise ein unterstützenswertes An­ sinnen, jedoch ist es völlig unsachge­ mäß, bestimmten Unternehmen durch zusätzliche finanzielle Beiträge die För­ derung solcher Betriebe aufzuzwingen. Dies hat – wenn schon – der Staat durch

bestimmte Fördertöpfe oder eingehobe­ ne Steuerleistungen vorzunehmen. Selbstverständlich ist es geboten, die erforderliche Umsetzung europäischen Rechts durchzuführen. Es ist jedoch da­ bei generell darauf zu achten, eine Über­ erfüllung (Gold-Plating) zu vermeiden. Diesen Grundsatz lässt der Novellenent­ wurf streckenweise außer Acht.

§ 14b Rahmen­ bedingungen und konkrete Ziele für den Ausbau von Mehrweg­systemen für Getränkeverpackungen Gesetzliche Mehrwegquoten bedeuten einen Markteingriff. Es bleibt unklar, warum eine ökologische Notwendigkeit und Dringlichkeit diesen rechtfertigen soll. Denn Mehrwegquoten in den Rang eines eigenen Umweltziels zu befördern, verkennt die ökologische Realität un­

volume 45 | 03/04. 2021  ERNÄHRUNG | Nutrition


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