DIE ERNÄHRUNG VOLUME 45 | 03/04.2021

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Testen, Testen, Testen! Ausbrüche von viralen Infektionskrankheiten haben in den letzten 100 Jahren mehr als zehn Gesundheitskrisen von epi- oder pandemischer GröSSenordnung ausgelöst1. Die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachte COVID-19-Pandemie ist neben der Spanischen Grippe von 1918 die bisher tödlichste respiratorische Virus­erkrankung der modernen Zeit. Neben mehr als 3.000.000 Todesfällen und über 130.000.000 nachweislich infizierten Personen sind enorme wirtschaftliche Schäden entstanden, wobei allein in Österreich ein BIP-Minus von 7.5 % im Jahr 2020 verzeichnet wurde2. Max J. Kellner

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in Hauptgrund für die rasante Verbrei­ tung von SARSCoV-2 findet sich unter anderem in der stark unterschiedlichen klinischen Ausprägung von COVID-19, wobei mehr als 60 % aller nachweislich infizierten Per­ sonen keine oder nur milde Krankheitssymptome aufwei­ sen3. Dabei sind gemessene Viruslasten in asymptomati­ schen Personen oftmals in der derselben Größenordnung wie bei symptomatisch er­ krankten Individuen4. Asym­ ptomatische Verbreitung von SARS-CoV-2 ist demnach als zentrale Triebfeder der COVID-19-Pandemie anzu­ sehen5. Neben medizinischen Vorsorgemaßnahmen, wie dem Tragen von Masken und der Immunisierung durch Impfungen, steht vor allem das Testen im Vordergrund der Pandemiebekämpfung. Nur ein erfolgreicher Nach­

weis des Virus, gefolgt von der Isolation der infizierten Person, erlaubt die Unterbre­ chung von Infektionsketten, und demnach die Verbreitung der Krankheit.

Strukturproteine versus Genom, Unterschiede im Testprinzip Zugelassene Testverfahren für SARS-CoV-2 basieren auf zwei unterschiedli­ chen Testprinzipien6. Beim Antigentest wird mittels Antikörper und chromato­ graphischem Trennprinzip der Nachweis von viralen Strukturproteinen erzielt. Unter Strukturproteinen versteht man im allgemei­ nen Proteine, aus denen der Virus zusammengesetzt ist, wie etwa der Hülle oder dem Nukleokaspid, einem

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Trägerprotein, in dem das virale Genome eingewickelt ist. Molekularbiologische Testverfahren wie die Po­ lymerase-Kettenreaktion (PCR) basieren hingegen auf dem gezielten Nach­ weis des viralen Genoms7. Hierbei wird zunächst ein kurzer Abschnitt der vira­ len RNA in DNA umge­ schrieben, und anschlie­ ßend durch den Einsatz von Enzymen milliardenfach vervielfältigt. Das verviel­ fältigte Produkt wird üb­ licherweise mittels einer virusspezifischen Sonde in Echtzeit detektiert, wo­ durch eine genaue Bestim­ mung der ursprünglichen Virusmenge ermöglicht wird. In der Praxis ergibt sich ein wesentlicher Unterschied in der Handhabung und Aus­ sagekraft zwischen Antigenund dem PCR-Test. Der Antigentest benötigt keine

aufwändige Laborausrüs­ tung, da sich die benötigten Komponenten für den Test einfach auf Teststreifen auf­ tragen lassen. Somit ist der Teststreifen selbst das La­ bor, weshalb Systeme dieser Art vor allem in der Pointof-Care (POC) Diagnostik Anwendung finden. Wei­ tere Vorteile des Antigen­ tests liegen in der einfachen Handhabung und Testdauer von weniger als 20 Minu­ ten. Eine Vergleichsstudie der Berliner Charité hat allerdings erhebliche Un­ terschiede in der diagnosti­ schen Sensitivität, also die Wahrscheinlichkeit eines positiven Ergebnisses bei vorliegender Virusprobe, bei kommerziellen Antigen­ tests festgestellt7. Die diagnostische PCR be­ nötigt in der Regel eine Laborausstattung und kost­ spielige Geräte für die Echt­ zeitauswertung. Dennoch


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