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Ein neues Kleid für die Uni

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Filmschmankerl

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EIN NEUES KLEID FÜR DIE UNI und was jetzt?

Eine Rückschau und ein Ausblick auf den Umstrukturierungsprozess.

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Von Keya Baier und Manuel Gruber

Die zukünftige Struktur der Universität Salzburg: Bereits ein halbes Jahr nach dem Amtsantritt des neuen Rektorats hat dieses eine intensive Diskussion und viel Kritik an Fakultäten, Fachbereichen, bei den Studierenden und der ÖH losgetreten. Um die Uni Salzburg “zukunftsfit” zu machen, sollte die Struktur maßgeblich geändert werden, die Einrichtung von zwei neuen Fakultäten und der Fusion von Fachbereichen inkludiert. Unzählige Sitzungen in den diversen Gremien und eine Vielzahl an Stellungnahmen von internen und externen Akteur_innen später ist der neue Organisationsplan und damit die künftige Struktur mittlerweile genehmigt worden. Wirksam werden die Änderungen am 1. Jänner 2022.

Künftig sechs statt vier Fakultäten

Dann wird es an der Universität Salzburg statt den bisher vier Fakultäten (Kultur- und Gesellschaftliche Fakultät, Naturwissenschaftliche Fakultät, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Katholisch-Theologische Fakultät) insgesamt sechs Fakultäten geben. Die größten Änderungen betreffen dabei die heutige Kultur- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät sowie die Naturwissenschaftliche Fakultät. Erstere wird geteilt in eine Kulturwissenschaftliche Fakultät und eine Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät. Aus der heutigen NaWi-Fakultät entsteht die Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften und die Natur- und Lebenswissenschaftliche Fakultät. In der Fakultätsbezeichnung geändert werden soll die Rechtswissenschaftliche Fakultät, sie heißt künftig Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät. Mehrere Änderungen gibt es auch bei den Fachbereichen, die diesen Fakultäten zugeordnet werden sollen. So gehen die Fachbereiche Politikwissenschaft, Soziologie und Sozialgeographie, Kommunikationswissenschaft, Erziehungswissenschaft und Philosophie an der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät in der neuen Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät auf. Der bisherige Fachbereich Politikwissenschaft und Soziologie wird also aufgeteilt in zwei separate Fachbereiche, die Sozialgeographie wird dem neuen Fachbereich Soziologie eingegliedert. An der Kulturwissenschaftlichen Fakultät bleiben die weiteren Fachbereiche der heutigen Kultur- und Gesellschaftlichen Fakultät erhalten - auch die Fachbereiche Linguistik, Germanistik, Slawistik und Romanistik bleiben aufgrund der großen Kritik von vielen Seiten, zumindest vorerst, als eigenständige Fachbereiche bestehen.

Neu eingerichtet bzw. neu strukturiert werden sollen auch mehrere Fachbereiche an der neuen Natur- und Lebenswissenschaftlichen Fakultät: die bisher interfakultären Fachbereiche, die Sport- und Bewegungswissenschaft sowie Gerichtsmedizin und Forensische Psychiatrie, werden eingegliedert und zwei Fachbereiche werden umbenannt (Biowissenschaften und Medizinische Biologie, bisher Biowissenschaften genannt, sowie der Fachbereich Umwelt und Biodiversität, bisher Geographie und Geologie genannt). Die Fachbereiche Mathematik und Informatik wechseln dagegen die gemeinsame Fakultät und werden künftig mit den neuen Fachbereichen Artifical Intelligence and Human Interfaces und

Geoinformatik die neue Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften bilden.

Vergrößert wird auch die Zahl an Fachbereichen an der Rechts- und Wirtschaftswirtschaftlichen Fakultät: Der Fachbereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften wird geteilt in einen Fachbereich Volkswirtschaftslehre und einen Fachbereich Betriebswirtschaftslehre. Das Völker- und Europarecht wird aus dem gemeinsamen Fachbereich mit dem Öffentlichkeitsrecht herausgelöst und in einen Fachbereich Völkerrecht, Europarecht und Grundlagen des Rechts eingegliedert. Alles beim Alten bleibt es dafür an der Katholisch-Theologischen Fakultät.

Entscheidend für universitäres Miteinander

Mit all diesen skizzierten Änderungen in der Struktur wird die Universität Salzburg nach dem 31. Dezember 2021 nicht mehr dieselbe sein wie heute. Die Erwartungen und Ziele des Rektorates daran sind bekanntlich groß: homogene und kohärente Strukturen sollen nicht nur der Außendarstellung dienen, sondern es sollen sich dadurch die Ziele der Uni Salzburg in Forschung und Lehre besser abbilden lassen. Dies passiert klarerweise immer unter der Maßgabe der Budgetneutralität. Das war - obwohl der gesamten Universitätsöffentlichkeit entsprechende Zahlen und Fakten bisher weiter unbekannt sind - wohl einer der ommnipräsentesten Sätze des Rektorates in der Diskussion. Und auch wenn einmal die Bedeutung der Struktur für das Studienangebot heruntergespielt wurde und ein anderes Mal dann die Struktur wieder entscheidend für das Studienangebot war in den Argumenten des Rektorates, so ist zumindest mittel- und langfristig anzunehmen, dass die neue Struktur auch das Studienangebot an der Uni verändern wird.

Wie das dann aussehen wird, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abschätzen, denn bekannt ist mit dem ebenfalls Anfang Februar genehmigten Entwicklungsplan nur, was unmittelbar in den nächsten Jahren im Studienangebot passieren soll. Nun aber zurück zur neuen Struktur an sich: Begleitet werden soll insbesondere die Einrichtung der neuen Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften und die Konzeptionierung der Kulturwissenschaftlichen Fakultät von einem Evaluationsprozess. Auch die anderen Fakultäten sollen bis 2027 von einem unabhängigen externen Evaluierungsgremium unter die Lupe genommen werden. Dieses soll untersuchen, inwiefern mit der jeweiligen Struktur Ziele in Lehre, Forschung und Administratives erreicht werden können oder eben nicht. Damit diese Evaluierung aber nicht nur zum Mittel zum Zweck wird, eigentlich zunächst intendiertes (wie, die Fusionierung der Fachbereiche Romanistik und Slawistik sowie Linguistik und Germanistik) doch zu verwirklichen, sondern durch die neue Struktur tatsächlich Verbesserungen für die Lehre und die Studienbedingungen erreicht werden, braucht es eine umfassende Einbeziehung der Studierenden in den gesamten Prozess der ReOrganisation, Begleitung und Evaluierung. Denn Struktur ist immer sinngebend und steuernd für das Handeln und das Agieren innerhalb einer Institution und damit prägend dafür, wie die Uni Salzburg nach außen und innen in ihren Inhalten und Abläufen aussehen wird, welches Lehrangebot da ist und wozu geforscht wird. Ob wir eine Universität mit einem breiten Studien- und Forschungsangebot bleiben oder einzelne “exzellente” Bereiche letztlich übrig bleiben werden, wird wesentlich von der Struktur bestimmt und deshalb sind gerade wir Studierende von solchen Umstrukturierungsprozessen zentral betroffen. Deshalb wird es notwendig sein, dass auf allen Ebenen, in den einzelnen Fachbereichen, in den Fakultäten und auch auf Uniebene die Studierenden einbezogen, gehört und ernst genommen werden.

Denn das Schlimmste, was aus diesem ganzen Umstrukturierungsprozess resultieren kann, ist doch, dass am Ende das eintritt, wovor etwa von der ÖH, aber auch anderen Akteur_innen ab Beginn der Diskussion immer wieder gewarnt wurde: Eine Scheinstruktur, eine Struktur, bei der nur die Schilder an den Bürotüren ausgetauscht wurden, diese Strukturen aber nicht förderlich sind im Sinne eines guten Studiums und guter Studienbedingungen für alle Studierenden, die Interdisziplinarität und Freiheit fördern. Deshalb werden gerade die kommenden Jahre sicherlich eine intensive und fordernde Zeit für alle, in der alle stets auch mit am Tisch sitzen müssen, viel wechselseitiger Dialog notwendig ist und niemand zurückgelassen werden darf - egal ob Studierende, Lehrende oder die Mitarbeiter_innen.

Was bedeutet das für die ÖH?

Eine neue Struktur der Universität bedeutet, dass sich auch die ÖH neu strukturieren muss. Es gibt an der ÖH Uni Salzburg eine studentische Vertretung für jede Fakultät, die sogenannten

Fakultätsvertretung. Außerdem gibt es Studienvertretungen, die sich in ihrer Struktur grob nach der Struktur der Fachbereiche richten. Mit der Einrichtung zweier neuer Fakultäten und der damit einhergehenden neuen Aufteilung der Fachbereiche müssen also auch die dazugehörigen ÖHOrgane eingerichtet werden. Die vom Rektorat neu geplanten Studiengänge müssen, sobald sie existieren, einer bestehenden Studienvertretung zugeordnet werden, oder es wird für sie eine neue Studienvertretung eingerichtet.

All das klingt sehr technisch - und das ist es auch. In der Praxis der Vertretungsarbeit bedeutet es aber vor allem, dass wir uns von den bisher gekannten und sehr gut eingespielten Strukturen lösen müssen, um den Umstrukturierungen an der Uni gerecht zu werden. Die Einrichtung von neuen Organen bedeutet immer auch, Personen zu finden die diese mit Leben füllen können. Es bedeutet, ganz neue Organe aufzubauen, die an ganz neuen universitären Einrichtungen agieren. Es bedeutet die Umschichtung von ohnehin bereits knappem Budget, damit die neuen Organe auch genügend finanzielle Mittel für ihre Arbeit haben. Das wird nicht einfach.

Was muss konkret passieren?

» Einrichtung einer Fakultätsvertretung an der Fakultät für Digitale und Analytische

Wissenschaften, der Fakultät für Natur- und

Lebenswissenschaften, der Fakultät für

Gesellschaftswissenschaften und der Fakultät für Kulturwissenschaften » Auflösung der bestehenden Fakultätsvertretungen an der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät und an der Naturwissenschaftlichen Fakultät » Einrichtung von neuen StVen anhand der neuen Fachbereichsstruktur

Das zentrale Problem ist dabei der Zeitpunkt der Umstrukturierungen. Die ÖH und ihre Organe werden alle zwei Jahre demokratisch gewählt. Die nächste Wahl findet vom 18.-20. Mai statt und steht damit kurz bevor. Die Funktionsperiode der nächsten Teams beginnt ab dem 01. Juli 2021 und läuft dann wieder zwei Jahre. Die neue Struktur der Uni tritt aber schon mit dem 01. Jänner 2022 in Kraft. Eigentlich bräuchten wir also die neuen Vertretungsorgane schon ab diesem Zeitpunkt. Bei der jetzigen Wahl können wir diese aber noch nicht wählen lassen, weil die Struktur der Uni bei der Wahl noch nicht geändert ist. Das bedeutet, dass bei Einrichtung der neuen Struktur keine studentische Vertretung besteht. Es werden Übergangslösungen gefunden werden müssen, die aber regulär demokratisch gewählte Organe kaum ersetzen können. Dem Rektorat wurde diese ungünstige zeitliche Lage mitgeteilt - das war den Entscheidungsträger_innen aber egal. Pessimistischer gedacht: vielleicht freut man sich auch auf eineinhalb Jahre ohne wirkliche studentische Vertretung. Das Fehlen dieser macht das Schalten und Walten nach eigenem Gutdünken schließlich um einiges einfacher.

Das jetzige Team in der ÖH wird die Einrichtung der neuen Organe und die Möglichkeiten für sinnvolle Übergangslösungen so weit es geht vorbereiten und dem neuen Team vorschlagen, damit die Vertretungsarbeit trotz aller Widrigkeiten möglichst gut funktioniert.

Und was jetzt?

Als ÖH haben wir die Umstrukturierung an jeder möglichen Stelle kritisch begleitet und zum Teil größeren Protest gegen Vorhaben eingelegt, die für die Studierenden nachteilig gewesen wären. Damit hatten wir, obwohl versucht wurde, die studentische Perspektive möglichst allumfassend zu ignorieren, zumindest zum Teil Erfolg. Aus der Verschmelzung von Fachbereichen wurde nun eine Evaluierung der bestehenden Struktur mit Aussicht auf Entwicklungsperspektiven. Aus der Einrichtung von Fakultäten nur auf dem Papier wurde nun ebenfalls eine Evaluierung, die sicherstellen soll, dass es sich um gut funktionierende und sinnvolle Einrichtungen handelt.

Bei diesen Evaluierungen darf aber nicht wieder der Fehler gemacht werden, die Studierenden auszuschließen. Wir sind die größte Gruppe an dieser Institution, ohne die es den ganzen Laden nicht gäbe. Uns betreffen diese Einrichtungen die dort tätigen Personen und die dort gefassten Entscheidungen ganz direkt. Wenn also evaluiert wird und auf dieser Grundlage neue Veränderungen kommen, dann darf das nur mit Zustimmung der Studierenden passieren. Der Rektor spricht immer wieder von einer Uni, an der sich alle “zuhause fühlen”. Diesem plakativen Geschwafel müssen auch Taten folgen.

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