4 minute read

Hilfe für Hunde mit lebensbedrohlichen Allergien gegen Insektenstiche Krebszellen während der Operation

Hilfe für Hunde mit lebensbedrohlichen Allergien gegen Bienen- und Wespengift

Hunde können auf Bienen- oder Wespenstiche stark allergisch reagieren – und sogar daran sterben. Helfen kann eine Desensibilisierung mit dem betreffenden Insektengift. In der Schweiz bietet einzig das Universitäre Tierspital Zürich diese Immuntherapie an.

Mascha wäre zweimal fast gestorben. Beide Male wurde die heute drei Jahre alte Boxer-Hündin von einer Biene gestochen und erlitt einen anaphylaktischen Schock: Ihre Haut schwoll an, sie bekam Atemnot und verlor das Bewusstsein. Überlebt hat sie nur, weil es einmal ihrer Besitzerin und einmal deren Mutter gelang, sie mit dem Auto innert zehn Minuten in die nächstgelegene Tierarztpraxis zu bringen. Dort erhielt die Hündin Notfallmedikamente in hohen Dosen.

Beim zweiten Zwischenfall erfuhr die Besitzerin Angela Mele von der Möglichkeit einer Desensibilisierung. Bei dieser Therapie wird das Immunsystem schrittweise an die allergieauslösende Substanz gewöhnt, um in Zukunft solch lebensbedrohenden allergischen Reaktionen vorzubeugen. Mele musste gar nicht überlegen, sondern entschied sich sofort für die Therapie, wie sie heute erzählt.

Hündin Mascha erhält eine Dosis Bienengift, um ihre Allergie zu behandeln. «Sonst könnte ich mit Mascha im Sommer ja gar nicht mehr raus.» Das Universitäre Tierspital ist bisher die einzige Tierklinik in der Schweiz, die für Hunde präzise Allergietests und eine Immuntherapie gegen Bienen- oder Wespengift anbietet. Dafür hat Ana Rostaher, Oberärztin in der Abteilung Dermatologie, menschliche Behandlungsprotokolle angepasst und weiterentwickelt.

«Sonst könnte ich mit Mascha im Sommer ja gar nicht mehr raus.»

Angela Mele, Besitzerin der Boxer-Hündin Mascha

Selten, aber lebensbedrohend Wie häufig anaphylaktische Schocks nach Bienen- oder Wespenstichen bei Hunden sind, ist nicht genau bekannt. Laut Ana Rostaher sind es am Zürcher Tierspital rund 40 Fälle pro Jahr. Doch: «Es kommen natürlich nicht alle Fälle zu uns», sagt die Allergiespezialistin. Sie ist froh, dass sie gegen die wirklich schweren allergischen Reaktionen eine vorbeugende Therapie anbieten kann.

Mascha erhält heute ihre dritte Behandlung. Für den Fall, dass ihr Immunsystem heftig reagieren sollte, ist im Untersuchungsraum alles vorbereitet: Ein Infusionsbeutel hängt an einem Ständer, ein Überwachungsmonitor läuft, Notfallmedikamente liegen bereit. Damit diese bei Bedarf sofort verabreicht werden können, hat Mascha vorsorglich einen Infusionszugang erhalten. Dann, nachdem Rostaher die Boxer-Hündin gründlich untersucht hat, ist es so weit: Die Tierärztin spritzt das Bienengift unter die Haut.

Die Hunde erhalten bei jedem Termin 100 Mikrogramm Bienen- oder Wespengift verabreicht. Das ist etwas weniger, als bei einem durchschnittlichen Stich in den Körper gelangt. «Bei den ersten beiden Terminen wird das Insektengift in Teildosen verabreicht», erklärt Rostaher. Beim ersten Mal erhalten die Hunde – jeweils im Abstand von einer halben Stunde – sechsmal hintereinander kleine, ansteigende Mengen Bienen- oder Wespengift. Beim zweiten Mal, eine Woche später, wird die Dosis nur noch in zwei Portionen aufgeteilt. Einen Monat danach erhalten sie beim dritten Mal die volle Dosis auf einmal.

Die Tiermedizinische Praxisassistentin Andrea Näf hält die Boxer-Hündin Mascha bei Laune, nachdem das Insektengift gespritzt wurde. Im Hintergrund zeigt ein Monitor Maschas Vitalwerte.

Rasch und besitzerfreundlich Dieses, wie Rostaher es nennt, ultrarasche Vorgehen ist bewusst besitzerfreundlich angelegt. «Viele Besitzer*innen reisen von weither an und sind froh, wenn sie nicht zu oft kommen müssen», erklärt die Hautspezialistin. Und die Hunde vertragen die Behandlung gut. Auch Mascha hat die beiden ersten Injektionen ohne Nebenwirkungen überstanden.

Dass die Boxer-Hündin jetzt auch die vollen 100 Mikrogramm problemlos verträgt, zeichnet sich unmittelbar nach der Spritze ab: Mascha zeigt keinerlei Auffälligkeiten. Nur die halbe Stunde Warten auf allfällige NachzüglerSymptome findet die Hündin offensichtlich ziemlich langweilig. Die Tiermedizinische Praxisassistentin Andrea Näf bringt sie mit ausgiebigem Kraulen und Knuddeln dazu, auf dem Untersuchungstisch auszuharren. Ansonsten passiert: «Nichts!», ruft Maschas Besitzerin schliesslich ungläubig aus. «Einfach nichts!»

Die Desensibilisierung hat geklappt, und nicht nur bei Mascha: Ana Rostaher hat im Jahr 2021 fünf weitere Hunde mit Wespen- oder Bienengift desensibilisiert – alle erfolgreich und ohne Nebenwirkungen. Damit die Desensibilisierung nicht nachlässt, muss sie fünf Jahre lang regelmässig erneuert werden: «Nach den ersten drei Behandlungen erhalten die Hunde sogenannte Erhaltungsdosen», erklärt Rostaher. Zunächst wird jeden Monat, dann alle sechs Wochen und am Schluss nur noch alle zwei Monate das ehemals allergieauslösende Insektengift gespritzt. Auf Wunsch kann dies die eigene Tierärztin oder der eigene Tierarzt machen. Ist diese Phase abgeschlossen, haben die meisten Hunde einen Langzeitschutz. Zwei von Rostahers ehemaligen vierbeinigen Patienten wurden nach Therapieende bereits mehrmals folgenlos gestochen. Gute Aussichten also auch für Mascha.

So erkennen Sie bei Ihrem Hund eine Allergie

Wenn Hunde allergisch reagieren, zeigt sich das in Symptomen wie Durchfall, Erbrechen, Schwellungen, Atemnot und Schwindel. Im schlimmsten Fall erleiden die Tiere einen anaphylaktischen Schock und kollabieren. Die häufigsten Auslöser sind Insektenstiche, Medikamente und Futter. Oft ist allerdings die genaue Ursache unklar – etwa, ob die Allergie durch einen Stich von einer Biene oder einer Wespe ausgelöst wurde. Ein Allergietest am Universitären Tierspital Zürich schafft Klarheit über die Allergie und darüber, ob eine Desensibilisierung sinnvoll ist.

This article is from: