VORHANG AUF Magazin Juni 2021

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Literatur

vorgesetzt werden. Aber oft wird doch aus einer guten Geschichte eine mindestens ebenso gute Verfilmung. Hier sind zwei Romane, die als Serie beziehungsweise Film unbedingt sehenswert sind, nicht zuletzt wegen der großartigen Darsteller.

The Undoing „Verhängnis“ heißt „Undoing“ ins Deutsche übersetzt. Und verhängnisvoll sind die Ereignisse in diesem Buch definitiv. Es geht um ein Ehepaar, dessen schmucke Lebensfassade zerbricht, als herauskommt, dass der Gatte nicht der ist, für den alle ihn halten. Grace ist erfolgreiche Psychotherapeutin mit einer gut gehenden Praxis, ihr charmanter Mann Jonathan ist angesehender Kinderonkologe. Gemeinsam mit Sohn Henry führen sie als Vorzeigekleinfamilie ein kultiviertes Luxusleben. Sie gehören zur gehobenen New Yorker Gesellschaft und Grace steht kurz vor der Veröffentlichung eines LiebesRatgebers. Als die Mutter eines Mitschülers ihres Sohnes ermordet wird und ihr Mann spurlos verschwindet, erkennt Grace, dass sie nicht wusste, mit wem sie 18 Jahre zusammen war. Fassungslos sieht sie ihren Mann unglaublichen Anschuldigungen ausgesetzt – und erfährt nach und nach, dass er weder der tolle Arzt, noch der treue Gatte war, für den sie ihn immer hielt. Vielmehr scheint er ein regelrechter Soziopath zu sein, der ein Doppelleben führte. Aber ist er tatsächlich zu einem Mord fähig? Und ist Grace, die als Therapeutin auf ihre gute Menschenkenntnis angewiesen ist, wirklich so blind und ahnungslos gewesen? Oder hat sie bewusst die Augen verschlossen, um ihr heiles Familienleben zu schützen? Das ist im Buch und im Film die alles entAnzeige scheidende Frage. Die Antwort ist extrem spannend.

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Erst lesen, dann sehen – oder umgekehrt Hinter vielen Serien oder Filmen steht ein gutes Buch: Manchmal ist das Ergebnis in Bild und Ton enttäuschend, weil das Kopfkino eben doch nach ganz eigenen Regeln funktioniert – jeder hat beim Lesen mitunter andere Vorstellungen, als die, die einem

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The Woman in the Window Sie kann ihr Haus nicht verlassen, lebt zurückgezogen und einsam – der einzige Kontakt zur Außenwelt ist ihre Kamera, durch deren Linse sie ihren Nachbarn beim echten Leben zusieht. Und dabei beobachtet sie einen Mord. Oder doch nicht? Anna leidet unter Agoraphobie: Sie hat Angst, ihre Wohnung zu verlassen. Die Tage verbringt sie damit, Online-Schach zu spielen, sich in Chat-Rooms mit Gleichgesinnten auszutauschen und sich SchwarzWeiß-Filmklassiker aus ihrer riesigen Sammlung anzuschauen. Sporadischen Kontakt hat sie zu ihrer Therapeutin und ihrem Untermieter, ihr Mann Ed und ihre Tochter Olivia leben nicht mehr bei ihr. Mit Tabletten und Rotwein betäubt sie sich, durch ihre Kamera beobachtet sie die Vorgänge auf der Straße vor ihrem Haus. Dann ziehen nebenan die Russels ein – Vater, Mutter und der Teenagersohn Ethan nehmen Kontakt zu Anna auf, die durch den Sucher an ihrer Kamera an ihrem Alltag teilhat. Eines Tages beobachtet sie so, wie Mutter Jane erstochen wird. Sie versucht, ihrer neuen Nachbarin zu Hilfe zu kommen und ruft die Polizei. Doch niemand glaubt ihr, denn angeblich ist Jane Russel putzmunter. Doch die Frau, die behauptet, Annas Nachbarin zu sein, ist eine andere als die, die Anna kennenlernte … Dieser Psychothriller ist deshalb so spannend, weil er immer wieder mit überraschenden Wendungen aufwartet und vor allem die Ich-Erzählerin Anna erfreulich logisch handelt, trotz ihrer Psychoprobleme. Anzeige

n Jean Hanff Korelitz: Du hättest es wissen können, Ullstein, 9,99 Euro Die HBO-Miniserie mit Nicole Kidman und Hugh Grant läuft auf Amazon prime. Unsere Besprechung zur Serie gibt es unter https://vorhang-auf.com/seriencheck-the-undoing/

n A. J. Finn: The Woman in the Window, blanvalet, 9,99 Euro Der Film mit Amy Adams und Gary Oldman läuft auf Netflix. Eine Besprechung des Films gibt es auf Seite 33.

Besondere Zeiten, besonderes Buch Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Diese sprichwörtliche Weisheit bewahrheitete sich während der sogenannten Corona-Krise, der Pandemie, die im März 2020 mit voller Wucht auch die Bundesrepublik Deutschland erreichte. „Das Feuilleton ist der fortlaufende Kommentar zur Politik“, behauptete einst Benno Reifenberg (1892–1970). Recht hatte er. Gleiches gilt für die Kunst, nicht zuletzt die Literatur. Sie reflektiert und kritisiert das Geschehen, sie schaut als Instanz gesellschaftlicher Seismographie auf die Aktionen und Reaktionen in Staat, Medien und Gesellschaft. PH Gruner hat als Herausgeber und Mit-Autor sicher eines der schnellsten literarischen Bücher zur Corona-Krise auf die Beine gestellt. Sein Projekt hat er bereits Anfang April im Kreis der Autoren der Literaturgruppe POSEIDON diskutiert. Und so versammelt das Buch zur Pandemie nun 19 Blickwinkel auf COVID-19. Thematisierungen voller Ernst, Empörung, Sarkasmus oder Witz, mit den Werkzeugen der Lyrik, der Glosse, per Essay oder Erzählung.

Bekannte Namen wie Dorit Zinn, Barbara Zeizinger oder Alex Dreppec sind dabei. Literaturwissenschaftlerin und Autorin Corona Schmiele steuert ein Tagebuch besonderer Art bei. Hans Zippert, der einstige Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“, der tatsächlich seit 1999 täglich die Glosse auf Seite 1 der Tageszeitung „Die Welt“ verfasst. Die Fotografin Anna Meuer sorgt für eine besondere Fotostrecke; ihre Motive zeigen Frankfurt während des totalen Shutdowns. n Co-ro-na. 19 Autorenbeiträge zu COVID-19; Justus von Liebig-Verlag, Darmstadt 2020, ISBN 978-3-87390-447-7, 184 Seiten, 15,80 € 19 Reaktionen auf eine Pandemie. Mit Fotografien von Anna Meuer


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