Hotelière 06/22 E-Paper

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UNTERNEHMEN FINANZEN

Meinungen. Vergleiche. Analysen. Investitionsideen für den Betrieb wecken Finanzierungsbedürfnisse. Doch: ­ Welche buchhalterischen Kennzahlen stehen bei den Geldgebern im Fokus? Was benötigen sie für ihre Meinungsbildung und ihren Entscheid? Christoph Känel

Christoph Känel, Leiter Fachstelle Hotel­ lerie/Gastronomie, Bank WIR (wir.ch)

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ar die Leistung ge­­ nügend? Hat der Ablauf für mich ge­stimmt? Schnell analysieren wir Si­­ tuationen, bilden persönliche Meinungen. Täglich. Beruflich, aber auch privat. Und wir sind «gut» im Vergleichen; erst recht, wenn der Blick dabei über den eigenen ­Tellerrand hinausgeht. Wie hat der Mit­ bewerber, wie die Mitbewerberin abge­ schnitten? Wie sieht der Branchendurch­ schnitt aus? Bin ich erfolgreicher? Die Antworten liefern Kennzahlen, über die sich nicht nur der Wert eines Unter­ nehmens ableiten und folglich die Kredit­ würdigkeit einordnen lässt. – Kennzahlen sind, und das geht leider oftmals vergessen, auch Führungsinstrumente. Sie erlauben eine schnelle Analyse der Unternehmens­ situation. Sie zeigen, wenn auch mitunter schmerzlich, Problemzonen auf. Grund­ lage einer jeden Analyse bilden die Finan­

zierungsverhältnisse (ablesbar aus der Bilanz) und die Rentabilität des Betriebes (mit Blick in die Erfolgsrechnung). Aus der Bilanz wird unter anderem die Liquidität einer Unternehmung ersicht­ lich. Das beantwortet eine zentrale Frage: Können anfallende Rechnungen fristge­ recht bezahlt werden? Stichworte dazu sind Mittelflussrechnung und detaillierte Liquiditätsplanung. Leider glänzt das Gastgewerbe hier selten mit guten Werten. Faustregel: Damit die Bezahlung von offe­ nen Kreditoren fristgerecht erfolgen kann, sollte der «Liquiditätsgrad 2» – errechnet aus Umlaufvermögen abzüglich Waren­ lager – mindestens bei 100 Prozent des kurzfristigen Fremdkapitals liegen. Weitere wichtige, aus der Bilanz herausles­ bare Kennzahlen sind der Eigen- und Fremdfinanzierungsgrad (Wie stark ist der Betrieb verschuldet? Welche Eigenmittel sind vorhanden?) sowie die Anlageinten­ sität und der Immobilisierungsgrad eines Unternehmens. Die Hotellerie hat hierbei das «Problem», dass meist ein hoher Im­­mo­ bilisierungsgrad vorhanden ist, der in den meisten Fällen durch Fremdkapital von Banken und/oder Investoren finanziert wird. Die Eigenkapitalbasis ist in unserer Branche dagegen leider eher schmal. Faust­ regeln: Der Eigenfinanzierungsgrad sollte bei 25 bis 35 Prozent liegen, beim Immo­ bilisierungsgrad sind 80 bis 85 Prozent noch «gesund». Leider sieht die KennzahlenRealität in der Hotellerie oft anders aus. Wie bereits erwähnt ist auch der Blick in die Erfolgsrechnung unerlässlich und auf­ schlussreich. Er liefert Antworten auf die Fragen betreffend Entwicklung des Um­­

satzes und des daraus erwirtschafteten Betriebserlöses und zur Kostenstruktur allgemein. Nebst Umsatz sind die Waren­ kosten und Aufwände für Mitarbeitende von zentraler Bedeutung, denn bei den ­beiden Positionen handelt es sich um die grössten Kostentreiber in der Branche: Sie entscheiden über Erfolg oder Misserfolg! Je nach Betriebsstruktur sollten die Kosten für Mitarbeitende 35 bis 43 Prozent des Um­­ ­ satzes nicht übersteigen, sollte die ­Wa­­ren­rendite zwischen 68 und 72 Prozent liegen. Nach Abzug aller betrieblichen Kos­ ten resultiert der sogenannte «Gross Ope­ rating Profit» – kurz GOP –, der den Ver­ gleich mit anderen Betrieben ermöglicht. Die Vergleichszahl liegt hier je nach Klassi­ fizierung und Anteil des Restaurationsum­ satzes am Gesamtumsatz zwischen 17 bis 24 Prozent des Umsatzes. Garni-Betriebe liegen mit 24 bis 30 Prozent leicht höher. Unter dem Strich (der Erfolgsrechnung) beurteilen Banken und andere potenzielle Geldgeber natürlich das Ergebnis auf Stufe EBITDA (also vor Zinsen, Steuern sowie Abschreibungen auf Sachanlagen und im­­ materiellen Vermögenswerten). Aus diesen Werten wird für Gläubiger ersichtlich, ob und wie Kapitalzinsen sowie anstehende Amortisationen auf dem langfristigen Fremdkapital erwirtschaftet und letztlich bezahlt werden können. Diese Aufnahme des Ist-Zustandes fliesst bei Finanzierungsanfragen natürlich in ein zukunftsgerichtetes Budget ein. Hier kennen Sie die Faustregeln aus bereits pub­ lizierten Kolumnen: Je verständlicher und plausibler, desto grösser die Chancen für eine Finanzierungszusage.

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