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MARTIN BARTH
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Hotel der Zukunft – Zentrum für Dienstleistungen im Dorf Was, wenn ein Hotel nicht nur für touristische Gäste da ist, sondern ein D ienstleistungszentrum für ein ganzes Dorf bildet? Damit Hotelbetriebe k risenresistenter werden, braucht es neue Ansätze. Dazu müssen wir uns zuerst Fragen stellen, die richtigen und auch die unangenehmen. Martin Barth
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ie genau sieht das Hotel der Zukunft aus? Gefragt sind je länger je mehr kri sensichere Ideen – doch viele Hotelièren und Gastronomen geben sich dabei mit wenig zufrieden. Ein Bett für die Nacht, dazu Frühstück oder Halbpension, und fertig ist das Angebot. «Das war schon immer so», sagen die Alt eingesessenen gerne. Mit dieser Haltung gibts heute nichts mehr zu gewinnen.
kleines Shopping- oder ein Fitnesscenter eröffnet werden. Schon wäre der Betrieb ein Dienstleistungshub, der im ganzen Dorf abgestützt ist. Die Hotelièren und Hoteliers haben mit Stolz und Engagement viel aufgebaut und erreicht. Das steht ausser Frage. Doch wir können nicht immer weiter das Gleiche tun; das bringt langfristig keinen Erfolg. Gefragt sind neue Geschäftsmodelle, das Verschmelzen von Alt und Neu. Nehmen wir doch das Beste von beidem!
Hub bringt mehr Stabilität Die Hotellerie wird von einer Serie von K risen erschüttert: Covid, Krieg in Europa, Energieknappheit, teurer Eurokurs. Über leben wird nur, wer anpassungsfähig ist. Das Hotelgeschäft allein ist zu krisenan fällig, neue Dienstleistungen und breitere Kundenkreise könnten hier mehr Stabi lität bieten. Ideen dazu werden bereits umgesetzt: So befindet sich die Poststelle von Kastanienbaum im Kanton Luzern an der Reception des Seehotels. Die Einheimi schen gehen hier ein und aus. Oder Brigitte und Marc A. Trauffers Bretterhotel im ber nischen Hofstetten ist zugleich ein Laden, eine Bäckerei, eine Beiz und so ein Treff punkt für die Dorfbevölkerung. Spinnen wir diesen Ansatz konsequent weiter: Einem Hotel könnten wir eine Kin derkrippe oder ein Altersheim angliedern. Es könnte eine Bankfiliale eingerichtet, ein
Attraktiv für junge Talente Der Fachkräftemangel hat die Branche fest im Griff. Während der Pandemie sind viele gute Leute abgewandert. Sicher waren a ngenehmere Arbeitszeiten und höhere Löhne anderswo attraktiv – aber es geht nicht nur darum. Die Branche hat es schlicht verpasst, einen Blick in die Zukunft zu werfen und sich der aktuellen Problematik anzunehmen. Wie machen wir die Jobs in der Hotellerie für junge Menschen wieder attraktiv? Heute stellt die Generation Z ganz andere Anforderungen an eine Arbeitsstelle als ihre Vorgänger-Generationen. Viele von ihnen arbeiten bei einem Start-up mit, helfen in einem Familienunternehmen aus, übernehmen Kinderbetreuung und einen Teil des Haushaltens. Sie alle suchen nach flexiblen Arbeitsmodellen und Teilzeit stellen. Es wird höchste Zeit, dass die Bran
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che dazu Hand bietet, diesen Lebensstil aufnimmt, Neues ausprobiert. Die Jungen hinterfragen herkömmliche Arbeitsfor men und althergebrachte Karriereschritte. Wir sollten ihnen Antworten liefern und neue Vorschläge unterbreiten können. Branche lebt von Quereinsteigern Unsere Welt und damit unsere Werte sind schnelllebiger geworden. Was heute gilt, ist morgen bereits überholt. Ist es da noch richtig, unser Bildungssystem allein auf die Vermittlung von Wissen zu beschrän ken? Würden wir den jungen Menschen nicht besser Handlungskompetenzen wie Leadership oder Sozialverantwortung mit auf den Weg geben? Die klassischen beruf lichen Werdegänge sind immer seltener anzutreffen. Die Branche lebt von Quer einsteigerinnen und Leuten, die anderswo Erfahrungen gesammelt haben. Es ist wichtig, dass zwischen den verschiedenen Systemen und Ausbildungen eine gute Durchlässigkeit besteht. Exportgut Hotelfach-Ausbildung Gehen wir mutig einen Schritt vorwärts: Wieso unsere Lehrstätten nicht weiterent wickeln und als Geschäftsmodell im grös seren Stil anbieten – und zwar weltweit? Eine Kooperation unter den bestehenden Hospitality-Schulen mit einem gemeinsa men Ausbildungssystem würde uns einen Schritt weiterbringen und ermöglichen,