Hotelière 06/22 E-Paper

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ARCHITEKTUR STANDPUNKT

Wie viel «Fake» ist noch okay?

K

Ivo Christow

eine Angst, in diesem Artikel geht es nicht um Silikon, Hyaluron, künstli­ che Wimpern und auch nicht um Fake News. Obschon wir in einer Zeit leben, in der «Fake» eine wichtige Rolle in der Gesellschaft eingenommen hat. Seit Instagrama­ bility eine grosse Bedeutung im Marketing gewonnen hat, ist es einfach geworden, sich und alles andere mit diversen Foto- und Videofiltern ins beste Licht zu rücken. Wer das Ganze dann noch mit hippen Beats untermalt, sorgt mit Sicherheit für die nötigen Clicks.

chen Produkt gibt es täuschend echte Kopien in teil­ weise herausragender Qualität. Auch hier spielen die geringeren Kosten eine Rolle, aber auch die unter­ schiedlichen Anforderungen in der Objektbranche erklären den hohen Bedarf. Da ist zum einen der Brandschutz, der bei der Auswahl von Materialien im öffentlichen Bereich zu berücksichtigen ist. Es sind aber auch die Betreiber selbst, die grossen Wert auf Waschbarkeit und Schmutzunempfindlichkeit legen. Knitterfreie Vorhänge, die man nicht glätten muss, dürfte jeder Hotelier und Gastronom bevorzugen.

Doch wie viel «Fake» finden wir gut? Wo sind die Grenzen? Gerade in der Innenarchitektur ist «Fake» ein weit verbreitetes und polarisierendes Thema. Dabei spreche ich noch gar nicht vom Schaden, den die Möbelindustrie jährlich durch billige und qualitativ schlechte Plagiate erleidet. Vielmehr meine ich die Auswahl der Materialien, die zum Einsatz kommen.

Kunstpflanzen sind ebenfalls ein kontrovers diskutier­ tes Thema. Doch wem die nötigen Lichtverhältnisse oder die personellen Kapazitäten für ihre Pflege fehlen, dem bleibt nicht viel anderes übrig als «Fake». Wer auf üppige Begrünung nicht verzichten will, dem empfehle ich, auf eine Kombination zu setzen. Alles in unmittel­ barer Nähe des Gastes, also in Greifnähe, sollte echt sein. Aber Achtung, im Unterschied zu den meisten an­­ deren «Fakes» ist hier das Original meist günstiger.

Während die einen auf das Original schwören, bevorzu­ gen andere das Imitat. Nehmen wir das Beispiel Parkett. Für ein echtes Holzparkett sprechen seine warme Hap­ tik und Optik. Doch gibt es mittlerweile diverse Mög­ lichkeiten, mit Laminat, Vinyl oder Fliesen das Original derart gut zu imitieren, dass kaum noch ein Unterschied wahrzunehmen ist. Und das Imitat kann, je nach Mate­ rial, auch viele Vorteile mit sich bringen. Einerseits sind es die günstigeren Preise, andererseits bieten sie oft bes­ seren Schutz vor Kratzern oder Feuchtigkeit. Wenn ein Gast in einem Hotelzimmer ein paar Tropfen Rotwein verschüttet und sie nicht sofort selbst beseitigt, kann es bei echtem Parkett zu irreparablen und unschönen Fle­ cken kommen. Bei einem Vinylboden reicht es meistens, wenn das Reinigungspersonal die Flecken wegputzt. Oder bei Nasszellen: Wer hier nicht auf Holzoptik ver­ zichten will, dem bieten Fliesen klare Vorteile, nicht nur wegen des Schutzes vor Feuchtigkeit, sondern auch, weil sie sich gut mit einer Bodenheizung kombinieren las­ sen. Gerade im Bereich der Keramik gab es einen enor­ men Entwicklungsschub. Es gibt fantastische Designs in teils riesigen Formaten und Rapporten, die von Naturstein so gut wie nicht mehr zu unterscheiden sind. Das Gleiche gilt für Vorhang- oder Polsterstoffe, egal ob Leinen, Wolle, Seide oder Leder, von jedem natürli­

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Nicht dass man mich falsch versteht, ich schwenke hier keinesfalls die Fahne für «Fakes» und Imitate. Ich möchte lediglich die Angst vor ihnen nehmen und ­zeigen, welche Möglichkeiten sich mit ihnen bieten. Ich bin ein Freund des Originals. Wo immer die Mög­ lichkeit besteht, setze ich es ein. Aber es ist nicht immer möglich, und bei gewissen Gegebenheiten bie­ ten «Fakes» sogar Vorteile. Wer diese kennt, kann Geld und Arbeit sparen, ohne dabei auf die gewünschte Ästhetik verzichten zu müssen.

Ivo Christow, Head of Design krucker-partner.ch


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