1 minute read
Resilienteres Gesundheitssystem anstreben (Peter Albiez)
von Peter Albiez (Vorsitzender der Geschäftsführung Pfizer Deutschland GmbH)
Kein Land der Welt kann die Pandemie allein stoppen. Kooperation macht uns stark, kreativ und schnell. Wenn wir darüber sprechen, dass wir resilienter werden müssen, dürfen wir das nicht mit Autonomie verwechseln. Resilienz heißt Vielfalt. Wir brauchen redundante, sich ergänzende starke Netzwerke und mehr Prävention. Mehr Resilienz braucht allerdings Anreize. So wird es nicht leicht sein, eine Arzneimittelproduktion, die schon in anderen Ländern etabliert ist, wieder nach Europa zurückzuholen.
Wir können aber viel dafür tun, dass die bestehende Produktion in Europa erhalten bleibt und ausgeweitet wird – etwa durch einen starken europäischen Markt. Der legitime Wunsch nach Versorgungssicherheit muss sorgfältig aufgegriffen werden. Die geäußerten Ideen zu regionalen oder internationalen Reserven von Medizinprodukten, Schutzgütern und Medikamenten gilt es sinnvoll auszugestalten. Dazu gehört auch, dass die Perspektiven der Industrie zu Lieferketten frühzeitig abgefragt und eingebunden werden.
Sämtliche Maßnahmen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Herstellung von Produkten des medizinischen Bedarfs müssen dazu führen, dass Strukturen in Produktion und Entwicklung gestärkt werden, damit wir im internationalen Wettbewerb dauerhaft bestehen können. Dazu braucht es den Ausbau und die gezielte Förderung von Wettbewerbsfaktoren, wie einen verbesserten Schutz geistigen Eigentums und vereinfachte Zulassungs- und Erstattungsverfahren oder auch gleiche Berechtigungen für forschende Akteure beim Zugang zu Daten.
In Deutschland, auch das sei angemerkt, sind wir zudem durch eine hohe Besteuerung bei Investitionsentscheidungen im Nachteil. Wer Kapazitäten im eigenen Land haben will oder in Europa, der muss Bedingungen schaffen, die Erhaltung und Ansiedlung noch attraktiver machen. Zugleich bedarf es mehr denn je eines strategischen Austauschs aller gesellschaftlichen wie politischen Akteure zu Fragen der Weiterentwicklung des Forschungs-, Wissenschafts- und Produktionsstandorts Europa.
Die einstige Apotheke der Welt verliert immer mehr an Boden gegenüber den USA und Asien. Forschung sowie die zukunftsträchtige Biotech-Entwicklung und -Produktion finden zunehmend außerhalb Europas statt, obwohl in Deutschland und der EU eine hervorragende Grundlagenforschung betrieben wird. Jetzt, aus der Krise heraus, ist es Zeit, die Weichen neu zu stellen. Geeignete politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen stellen die Grundlage für zukunftsweisende Innovationen dar. Durch die Corona-Krise können wir viele Herausforderungen besser erkennen – wie eine präventive Pandemie-Vorbereitung, eine individualisierte Gesundheitsversorgung, demographiebedingte Krankheitslasten sowie auch eineumfassende Flächendigitalisierung. Das muss adressiert werden. Dies wäre ein erster wichtiger Schritt, umdas Gesundheitssystem resilienter zu machen.