WOCHENBETT
Acht Wochen das Bett hüten?
JACOB LUND – ADOBESTOCK
Für viele werdende Eltern ist die Zeit nach der Geburt völlig unvorstellbar. Es kommt ihnen skurril vor, dass man diese erste Zeit im (Wochen-)Bett verbringen soll, anstatt das Neugeborene stolz der ganzen Welt zu zeigen. Aber warum ist diese Zeit eigentlich so besonders?
Das Wochenbett beginnt mit dem Zeitpunkt der Geburt und dauert sechs bis acht Wochen. Es ist die Zeit, in der die sogenannte Wöchnerin, also die neue Mutter, sich von der Schwangerschaft und Geburt erholt und auch das Neugeborene sich an die Welt außerhalb der Gebärmutter anpasst. Die ersten Tage nach der Geburt sind oft geprägt von Glückshormonen und Energie seitens der Mutter, während der Vater womöglich mit Schlafmangel zu kämpfen hat. Doch spätestens am dritten oder vierten Tag wendet sich das Blatt. Der Papa wird wieder fitter und bei Mama tritt ein Gefühlschaos ein, das die Hormonumstellungen in der Schwangerschaft manchmal noch übersteigt:
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Langsam wird fühlbar, was der Körper während der letzten neun Monate und unter der Geburt eigentlich geleistet hat und noch immer leistet: Die Rückbildung der Gebärmutter ist in vollem Gange, der Milcheinschuss beginnt und wenn die Frau stillt, versorgt sie ihr Baby noch immer zu 100 Prozent aus eigener Kraft.
Erstes Kennenlernen Das Elternsein ist jetzt ein 24-Stunden-Job. Ganz konkret heißt das: kuscheln, das Baby stundenlang ansehen, seinen Duft einatmen, seine Zeichen zu deuten versuchen, es wickeln, stillen oder füttern, es trösten und wiegen. Das mag simpel und völlig unspektakulär klingen,
Wenn du das Gefühl hast, dich in einer seelischen Krise zu befinden, bist du nicht allein. Vielen Frauen geht es genauso. Der VEREIN SCHATTEN UND LICHT wird von ehemals betroffenen Frauen und Fachleuten getragen. Hier findet ihr Hilfe in Form von Beratung, Selbsttests, Fachliteratur und Selbsthilfegruppen und mehr. schatten-und-licht.de
aber allein die Tatsache, dass da plötzlich ein neuer Mensch zur Familie gehört und von nun an auch bleiben wird, sorgt dafür, dass so etwas wie „Alltag“ schlicht unmöglich ist. Die Zeit scheint stehen zu bleiben und macht Raum für ein erstes Kennenlernen, unzählige erste Male und Gefühlsausbrüche. Es ist die Zeit, in der existenzielle Fragen, Zweifel, Stolz und tiefe Liebe gleichzeitig da sind. Es ist, als wäre das ganze Leben einmal kräftig durchgeschüttelt worden und müsse sich nun noch einmal neu sortieren. Und das braucht Raum. Ob das Wochenbett dabei überwiegend als gute oder herausfordernde Zeit wahrgenommen wird, liegt nicht immer in unserer Hand. Sicherlich spielt es auch eine Rolle, wie Mutter und Kind die Geburt erlebt haben und ob es dabei körperliche oder seelische Schwierigkeiten gab. Auch wie gut es den Eltern gelingt, ihre Gefühle zu kommunizieren und für sich zu sorgen kann von Bedeutung sein. Behalte dir vor, dir Hilfe zu holen oder Besuch abzusagen, den du gerade nicht ertragen kannst. Das ist okay. Vielleicht wirst du weinen, Angst haben und zweifeln und nicht einmal wissen, warum. All das ist ein Teil der Heilung. Auch deshalb stehen jeder Frau im Wochenbett regelmäßige Besuche einer Hebamme zu, die von der Krankenkasse bezahlt werden. In den ersten zehn Tagen kommt sie täglich, manchmal auch mehrmals am Tag. Sie kontrolliert die Rückbildung der Gebärmutter und versorgt eventuelle Geburtsverletzungen. Außerdem hilft sie dabei, das Neugeborene zu versorgen. Sie kontrolliert das Gewicht des Babys, seinen Allgemeinzustand und den Nabel und hat ein offenes Ohr für Fragen jeder Art. In den nächsten acht Wochen kommt sie bis zu 16 Mal und auch in der Zeit danach kann ihre Unterstützung bei Stillproblemen, Beikosteinführung oder für das Abstillen bis zu vier Mal in Anspruch genommen werden. (sk) LIBELLE | Schwangerschaft – Geburt – Baby 2022/23