YOUKIzine 2019 DEKADENZ

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Drinnen, ein perfekt beleuchteter Garten. Vor ihm ein Pool, so groß wie ein Schwimmbecken im Frei­ bad, umringt von Statuen von irgendwelchen nack­ ten Griechen; es schaut aus wie im Schlossgarten. „Sag mal, wie viel Geld haben deine Eltern eigent­ lich?“, fragt er Sebastian, der gerade versucht sein angekotztes Hemd abzustreifen. Der stößt einen ab­ schätzigen Ton aus. „Ach scheiß auf das Geld!“ Er schmeißt das Hemd gegen die Wand. „Willst du‘s sehen?“ „Was?“ „Das Geld.“ „Wie, ist das hier?“ „Der Tresor ist voll davon, komm mit!“, sagt Sebas­ tian und Ralf folgt ihm ins Nebenzimmer. Es sieht aus wie ein Büro; alle Wände voll mit Bücherrega­ len und ein überdimensionaler Schreibtisch aus ziemlich schönem Holz. Sebastian nimmt ein Bild von der Wand und dahinter kommt eine Tresortür zum Vorschein. Er dreht ein paar Mal an dem Rad, bis es klickt und die Tür aufspringt. Was sich dahinter befindet hat Ralf in seinem Leben noch nie in echt gesehen: Stapelweise Geldscheine! Der Tresor ist zum bersten voll davon. „Willst du was?!“ Die Frage war anscheinend rheto­ risch gemeint, denn Sebastian drückt Ralf noch während er sie ausspricht ein Bündel Geld in die Hand. „Spinnst du, leg das zurück!“, Ralf lässt das Bündel direkt auf den Boden fallen, als wolle er keine Fingerabdrücke darauf hinterlassen. „Scheiß dich nicht an, die merken rein gar nichts davon. Weißt du wie oft ich mich hier bediene?!“, sagt Sebastian. „Du beklaust deine Eltern.“, sagt Ralf, mehr zu sich selbst als zu seinem Gegenüber, während er versucht, die Situation zu begreifen. „So ist das. wow.“„Zumindest bin ich kein arrogantes Arschloch.“„Glaubst du!“ Einen Moment herrscht Stille. Dann entweicht Sebas­ tian ein Seufzen. „Du lasst mich erbärmlicher dastehen, als ich eh schon bin.“ Ein empörtes Schnau­ fen kommt von Ralf. „Wenn du‘s eh weißt, wieso tust es dann?!“ “Du hältst mich also für ein Arsch­ loch und du? Du machst alles richtig im Leben oder was? Immer nur lernen? Macht dich das glücklich?” Jetzt war Ralf an der Reihe, aufgebracht zu werden, aber er schluckt seinen Widerspruch hinunter. Se­ bastian lacht. Zuerst nur kurz, doch dann bricht er in ein lautes Gelächter aus. Die Atmosphäre lockert sich ein wenig, als Ralf erkennt, dass es ein ehrliches Lachen ist. „Wir sind zwei Vollidioten, du und ich. Jeder lebt sein eigenes Extrem..“, sagt Sebastian und klopft Ralf auf die Schulter. Plötzlich klingelt es. Erst kurz, dann Sturm. Über die Kamera am Eingang sieht man dass die anderen vom Ball draußen vor der Tür stehen. Ralf und Se­ bastian schauen sich an. „Und was jetzt?“ “Ah, die sollen uns gern haben.”, sagt Sebastian und schaltet die Klingel aus.

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