Erstbegehungen Titus und Alex in der vierten Seillänge von Xylophon Fotos: Martin Dejori
Xylophon Neutour am Heiligkreuzkofel Anfang September 2020 haben Martin Dejori, Titus Prinoth und Alex Walpoth eine Erstbegehung am Heiligkreuzkofel abgeschlossen, die sie vor vier Jahren begonnen hatten. Die Route beginnt zwischen Stigmata und Das 5. Labyrinth, zwei ebenfalls recht neuen Routen von Südtiroler Alpinisten; erstere wird ungefähr in Wandmitte gekreuzt. Ein Bericht über das subjektive Erleben von Alex Walpoth 92
Bergeerleben 01/21
A
m nächsten Tag würde Giorgio Moroder auftreten und das wollten wir auf keinen Fall ver passen. Dafür mussten wir unser Pro jekt am Heiligkreuzkofel unvollendet zurücklassen. Aber die Berge sind bekanntlich geduldig, während vom Menschen geschaffene Ereignisse meistens einzigartig sind. Am 11. August 2016 brechen wir früh am Morgen zum Heiligkreuzkofel auf, dieser majestätischen kilometer
breiten Felswand mit ihrer einzigarti gen Dichte an schwierigsten und oft prekär abgesicherten Anstiegen. Un ser Ziel ist der Wandbereich ganz links, der den 2.907 Meter hohen Gipfel aufbau namens Ciaval bildet. George Livanos schuf hier bereits 1953 eine legendäre Route. Sein Bericht davon lässt ein großartiges Abenteuer erah nen. Dem äußerst brüchigen Gestein und anderen Widrigkeiten begegne ten er und Robert Gabriel mit Gelas senheit und Ironie. So wollen auch wir an die Kletterei herangehen. Links der Livanos, da, wo wir hinauf wollen, ist die Wand bei vergleichbarer Brüchigkeit noch steiler. Nach den ers ten 40 Metern winkt aber schon Kalk fels allerbester Qualität. Die schwer auf den Schultern lastenden Rucksäcke lenken uns vom beschwerlichen Zu stieg ab. Am Einstieg, den wir am spä ten Vormittag erreichen, erwartet uns eine Überraschung. Ein schöner Rucksack hängt dort in einer kleinen Nische, vollgefüllt mit Normalhaken und Seilstücken. Natürlich denken wir sofort, dass jemand die neue Route bereits begonnen habe. Erwartungs voll legen wir unsere Köpfe tief in den Nacken, sehen aber nur blanken Felsen; keine Schlinge, keinen Haken. Sollten wir den Rucksack also mit nehmen und dem Besitzer zurück geben? Man kann schlecht eine Route reservieren, indem man einfach einen Rucksack unter die Wand stellt. Bevor wir solche Überlegungen v ertiefen und wohl schnell verlieren würden, wenden wir uns dem Klettern zu. Los geht’s! Martin klettert los, einer Verschnei dung entgegen, die nur durch arg brüchiges Gelände zu erreichen ist. Ein Kletterfluss kommt bei Martin erst gar nicht zustande, dazu ist er viel zu sehr mit dem Entfernen loser Blöcke beschäftigt. Schon bald bessert sich die Felsqualität und mit dem ersten Haken schwindet auch die Gefahr ei nes Sturzes mit unangenehmen Fol gen. Die gelbe Wand und ein fragiler Pfeiler bilden die Verschneidung, in der Martin bedächtig nach oben spreizt. Zum Schluss quert er noch