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Den Karren aus dem Dreck ziehen konnten sie aber nicht – oder wie sehen Sie das? Bezüglich CO2-Sanktionen sicher nicht, der Gesamtmarkt ist weit von den Zielvorgaben entfernt. Es war immer klar, dass wir in den ersten Jahren mit dem 95-GrammNEFZ-Ziel, das nun ab 2021 zu einem 118-Gramm-WLTP-Ziel wird, massive Sanktionen zahlen werden. Bezüglich Marktvolumen konnten die verlorenen Wochen im Frühjahr nicht mehr aufgeholt werden. Was ist der Hauptgrund, dass die Alternativen so stark geworden sind – das Umdenken der Autokäufer oder das gestiegene Angebot an entsprechenden Fahrzeugen? Die Angebotssteigerung ist sicherlich ein Hauptgrund, die Hybrid-Motorisierungen und Elektromodelle schiessen wie Pilze aus dem Bo den. Zudem sind diese Produkte sexy: Im Vergleich zu herkömmlichen Motorisierungen werden durch die Elektrifizierung oft Effizienz und Leistung gleichermassen gesteigert.
Andreas Burgener, Direktor auto-schweiz.
«AUTOS MIT ALTERNATIVANTRIEB SIND SEXY GEWORDEN» Wegen Corona wurden 2020 in der Schweiz so wenige Autos verkauft wie während der Ölkrise Anfang der1970er-Jahre. Andreas Burgener, Direktor der Importeursvereinigung auto-schweiz, hat aber dennoch Erfreuliches zu berichten und blickt optimistisch in die Zukunft. Interview: Mario Borri AUTO&Wirtschaft: Beschreiben Sie das vergangene Autojahr in zwei Sätzen … Andreas Burgener: Beeinflusst von der Coronapandemie, war es ein sehr herausforderndes Jahr mit fast einem Viertel Marktrückgang. Das vorsichtig prognostizierte Ziel von 240’000 neuen Personenwagen wurde nicht erreicht. Was hat sich stärker auf die negative Entwicklung der Zulassungszahlen ausgewirkt – der Lockdown, die Zurückhaltung der Kunden oder die Lieferengpässe bei den Herstellern? Es war ein wenig schmackhafter Cocktail aus all diesen Faktoren.
Der Lockdown im vergangenen Frühjahr hat die Fahrzeugproduk tion und damit auch das Angebot beeinträchtigt. Die durch die Pandemie hervorgerufenen wirtschaftlichen Unsicherheiten haben dann zu Kaufzurückhaltung geführt, als die Showrooms am 11. Mai wieder öffnen durften. Wie erklären Sie sich, dass der Dezember trotz der aktiven zweiten Corona-Welle so stark war? Die wirtschaftlichen Aussichten sind grundsätzlich nicht so schlecht. Ein ähnliches Phänomen sieht man am Aktienmarkt, der ebenfalls im Hoch ist. Zudem wollte der eine oder andere
vielleicht noch die Erreichung von Markt- oder CO2-Zielen optimieren. Die Alternativantriebe haben massiv zugelegt – das, obwohl Sie Lieferengpässe prognostizierten. Wie das? Glücklicherweise konnte die Pro duktions- und Lieferfähigkeit von Modellen mit Alternativantrieb im zweiten Halbjahr wieder gesteigert werden. Insofern sind wir sehr froh, dass unsere Befürchtungen nicht eingetreten sind, unsere Mitglieder haben sich enorm ins Zeug gelegt. Die Auswahl an entsprechenden Modellen ist massiv gestiegen – das entspricht dem Zeitgeist, die Welt ändert sich.
Weshalb haben vor allem die Plug-inHybride so zugelegt? Das Angebot ist enorm gewachsen, bei einigen Marken können sie mittlerweile eine Fülle an Modellen mit Lademöglichkeit bekommen. Zudem ist der Plug-in-Hybrid oft der Antrieb mit der höchsten Leistung oder die einzige Motorisierung mit 4x4 – in der Schweiz mit 50-pro zentigem Marktanteil immer noch ein gewichtiges Argument. Die Kraft der zwei Motoren ist sicher der Standardantrieb der nächsten Dekade. Das angestrebte Marktziel «10/20», also 10 Prozent Steckerfahrzeuge 2020, haben Sie klar erreicht – wird sich die Importeursvereinigung ein weiteres Marktziel setzen? Wir sind sehr glücklich, dass das trotz Covid-19 so gut funktioniert hat. Das insgesamt tiefere Marktniveau hat aber massiv geholfen, und das ist ein enormer Wermutstropfen. Neben dem Ziel der Roadmap Elek tromobilität von 15 Prozent, das nun dieses oder nächstes Jahr auch erst einmal erreicht werden muss, ist unser Fernziel die Defossilisierung des Schweizer Strassenverkehrs bis 2050 – im Einklang mit den Zielen des Bundesrats.