COVERSTORY
WENIG GLAMOUR, VIEL QUALITÄT Das Lucerne Festival wird zumindest auf Plakaten bunter und steht vor einem Umbruch. Ein Augenschein unseres Gastautors. VON GEORG RUDIGER
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Ein mit grüner Farbe getränkter Pinsel trifft auf eine halbe Violine, ein Gummihandschuh wächst aus einem Kaktus. Die von der Zürcher Agentur MetaDesign entworfenen Plakate des diesjährigen Lucerne Festivals sind ein Hingucker, auch wenn sie etwas sperrig daherkommen. «Verrückt» heisst das diesjährige Motto. Bereits vor der Coronapandemie ausgewählt, passt es perfekt zum aus den Fugen gera tenen Klassikbetrieb. Mit knalligen Farben, inszenier ten Kontrasten und neuen Schlagworten wie «Sym phony», «Contemporary» und «Music for Future» möchte das Festival noch klarer und auch emotionaler seine musikalischen Inhalte nach aussen tragen. Schweizer Understatement passt offensichtlich nicht mehr zu einer Musikwelt, die Konzerte gerne als Event inszeniert und einmalige Erlebnisse verspricht. Im Gegensatz zu den Salzburger Festspielen ist der Glamourfaktor in Luzern aber überschaubar. Statt zu Champagnerglas und Kaviar greift man hier eher zum Programmheft und Kräuterbonbon. Beim Lucerne Festival kann man so gut wie sicher sein, dass wäh rend eines Konzertes kein Handy klingelt, man nicht zwischen den Sinfoniesätzen klatscht und auf den schmalen, straff gepolsterten Sitzen niemand ein schläft. Im akustisch wunderbar transparenten weis sen Saal herrscht höchste Konzentration beim Musik genuss. Nach besonders gelungenen Interpretationen wird auch mal «Bravo» gerufen wie bei beim diesjährigen Gastspiel der Berliner Philharmoniker. Totale Euphorie macht sich im Gegensatz zu vielen anderen Konzerthäusern aber im KKL nur selten breit
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