COVERSTORY
LACK AB – AUSGESPIELT?
WAS BRAUCHT DAS KKL? Die «Salle Blanche» und das ikonische Dach machen noch immer Eindruck. Doch die Sogkraft des KKL Luzern schwindet. Wie soll es weitergehen? VON BRUNO AFFENTRANGER
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rojektleiter Thomas Held reiste in den Jahren 1993 und 1994 durch die Säle Luzerns und hielt Vorträge über die Vorzüge eines neuen Kultur- und Kongresszentrums am See. Es ging da rum, für eine historische Abstimmung die Mehrheit der Stimmen zu sichern: 94 Millionen Franken, so gross war der Kre dit, den die Luzerner Stadtbürgerinnen und -bürger für den Neubau sprechen sollten. Dabei setzte er auf den Slogan «Alles unter einem Dach» und überzeug te. Er hatte eine komplizierte Kombina tion von verschiedenen Nutzungen zu er klären: Kunstmuseum, Konzertsaal und Kongressteil, und alles in einem Haus eines Pariser Stararchitekten, Jean Nouvel. Der Überzeuger Thomas Held griff auf einen Trick zurück und minimierte die Komplexität auf Spielzeugniveau. Er zeigte ein schematisches KKL-Modell un ter einem grossen Dach, alles als ziemlich kleines Spielzeug aus Lego-Bausteinen. Es klappte. Die Angst vor der Grösse der Aufgabe und dem Unüberschaubaren war gebannt. Die Menschen glaubten. Sensationelle 65,7 Prozent sagten Ja zum Kredit von 94 Millionen Franken für das KKL Luzern.
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Das Spielzeug ist wieder da
Wir haben das Spielzeugmodell noch mals ausgepackt. Zumindest gedanklich. Es wackeln Teile. Es sieht nicht mehr frisch aus. 23 Jahre nach der Eröffnung verliert das KKL an Sogkraft. Gleichzei tig legt die Konkurrenz in erreichbaren Distanzen zu (siehe Seiten 12 und 13). Ein wenig mehr Glamour (siehe Seiten 14 und 15) würde guttun. Ein paar neue grundsätzliche Ideen wären angebracht. Sie sind für das KKL nötig, noch bitte rer nötig jedoch für Luzern selber. Denn das KKL Luzern ist zweifellos ein archi tektonischer und akustischer Wurf und ein Solitär der Neunzigerjahre, aber es ist in erster Linie ein wichtiger Wirtschafts faktor. Im Leitbild des KKL selber steht: «Bevölkerung und Besucher erkennen im KKL Luzern ein Wahrzeichen der Zen tralschweiz. Das KKL Luzern befruchtet die Region kulturell, wirtschaftlich und touristisch.» Die Attraktion am Europaplatz ver bessert schlicht die Attraktivität des Standorts. Das lässt sich mit Zahlen bele gen und war zuletzt in einer Studie der Hochschule St. Gallen aus dem Jahr 2012 nachzulesen. Leider existiert keine neu
este Kalkulation, dennoch lässt sich hochrechnen, dass das KKL bereits 2015 – also nach 17 Jahren seiner Existenz – zu sammengezählt bis dahin die Milliar den-Marke hinsichtlich Wertschöpfung übertroffen hatte. Halten wir die Attraktivität?
Tempi passati. Die Frage ist heute: Wird das KKL auch in postpandemischen Zeiten und ohne Subventionen der öf fentlichen Hand die Attraktivität des Standorts verbessern? Und wird es seine hohe Leistungskraft in den kommenden Jahren halten können? Es ist zu bezweifeln. Darauf deuten einige Indizien hin. Wer im Luzerner Haus Leistungen einkauft und Events veranstaltet, der bezahlt im KKL rund das Doppelte vergli chen zum Beispiel mit dem renovierten Stadtcasino in Basel. Man könnte dies mit Luzerner Spitzenqualität begründen. Mög lich. Aber eine doppelt so hohe Qualität? Und wie ist es in diesem Zusammenhang zu erklären, dass das KKL künftig techni sche Dienstleistungen nicht mehr selber ausführt, sondern neuerdings an ein exter nes Unternehmen ausgelagert hat? War