WINGbusiness Heft 02 2021

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TOP-THEMA

Foto: Power Tower © Energie Graz - Der „Power Tower“ als Herzstück des Energiemodells Reininghaus beherbergt Wärmespeicher und eine PV-Anlage zum Betrieb der Wärmepumpen

Boris Papousek, Christoph Hochenauer

Keine Energiewende ohne Wärmewende Fernwärme als Schlüssel für die städtische Energiewende Ausgangssituation in Städten Etwa ein Drittel des österreichischen Energieeinsatzes entfällt auf die Raumwärme- und Warmwasserversorgung. Während der Stromverbrauch bereits zu rund 70 % aus erneuerbaren Quellen gedeckt ist, wird die Wärmebereitstellung noch wesentlich von fossiler Energie bestimmt. Neben dem Verkehrsbereich ist die Wärmewende entscheidend für den Erfolg beim Klimaschutz. Erschwerend für die Wärmewende ist, dass dafür jeder Hauseigentümer separat angesprochen werden muss. Er soll eine Entscheidung treffen, die wirtschaftlich vertretbar ist und den Klimaschutz voranbringt. Das gilt für Eigenheimbesitzer ebenso wie für Vermieter und Wohneigentümergemeinschaften. Wesentliche Bestandteile einer klimafreundlichen Wärmeversorgung sind die Reduktion der eingesetzten Energiemenge, also die Steigerung der Energieeffizienz, sowie die Umstellung auf CO2-freie Energieträger. In Städten spielt die leitungsgebundene Fernwärmeversorgung da-

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für eine Schlüsselrolle – nicht zuletzt auch zur Verbesserung der Luftgüte, da diese vor Ort emissionsfrei ist. Im Gegensatz zu ländlichen Gebieten sind Flächen knapp, die Wärmedichten hoch und lokale Verbrennungsprozesse unerwünscht. Für die Fernwärme spricht die Flexibilität bei der Einbindung verschiedener Quellen erneuerbarer Energie und Abwärme aus Industrieanlagen und KraftWärme-Kopplungsanlagen. Im Fernwärmenetz kann ein Ausgleich von Einspeisungen mit unterschiedlichen Temperaturen und zu verschiedenen Zeiten erfolgen und die räumliche Distanz zwischen Ort der Erzeugung und der Verwendung relativ einfach überwunden werden. Die Entwicklung in Graz Durch Erschließung neuer Gebiete und den Fernwärmeausbau konnte die Energie Graz das Fernwärmenetz in den letzten 12 Jahren um 148 km auf 432 km erweitern. Im gleichen Zeitraum ist es gelungen, die Zahl der versorgten Wohnungen mehr als zu verdoppeln. Noch im heurigen Jahr werden 80.000 Wohnungen

in Graz mit Fernwärme versorgt, was einem Anteil von über 50 % entspricht. Ziel ist es, in den nächsten Jahren die Marke von 100.000 fernwärmeversorgten Wohnungen zu erreichen. Darüberhinaus sind zahlreiche Gewerbebetriebe und öffentliche Einrichtungen an die Fernwärme angeschlossen. Bei einer Anschlussleistung von 745 MW betrug die Wärmeaufbringung im Jahr 2020 ca. 1.160 GWh. Durch die in den letzten Jahren verstärkte Nutzung der Fernwärme konnte für die Stadt Graz ein maßgeblicher Beitrag zur Verbesserung der Luftgüte geleistet werden. So werden jährlich rund 35 t an Feinstaub, rund 170 t Stickstoffoxide eingespart und jährliche CO2Emissionsreduktionen im Ausmaß von rund 60.000 t verwirklicht. Ausbau und Betrieb des Fernwärmenetzes im Großraum Graz erfolgen gemeinsam von Energie Graz und Energie Steiermark. Die Energie Steiermark sorgt für die Wärmeerzeugung, den Transport von Wärme über die 20 km lange Leitung von Mellach nach Graz und versorgt einige Umlandge-

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