BAZ Nr. 15 vom 07/08/2021

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STRASSENGESCHICHTEN

Eine von 11 Prozent 18 der bisher 24 hier vorgestellten Straßen wurden nach Männern benannt, fünf nach Orten und eine nach einem Datum. Dass das noch nicht bemängelt wurde, ist angesichts des medial präsenten Themas der Geschlechtergerechtigkeit bemerkenswert. Trotzdem ist es höchste Zeit, endlich eine Frau in den Mittelpunkt der „Straßengeschichten“ zu stellen: Claudia de Medici.

Vor gut drei Jahren wurde im Südtiroler Landtag ein Antrag behandelt, der forderte, mehr Straßen und Plätze nach Frauen zu benennen. Die Landesregierung solle das Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte an der Universität Bozen beauftragen, eine Liste mit Namen von Frauen zusammenzustellen, die sich in Südtirol oder darüber hinaus verdient gemacht haben. Diese gelte es dann den Gemeinden, bei denen die Zuständigkeit dafür liegt, als Empfehlung zu übermitteln. In der Geschichte und der Politik, in der Kunst und Musik, aber auch in der Wirtschaft, im Sport und in der Wissenschaft haben Frauen Bedeutendes geleistet und dass dies bei der Straßenbenennung bisher nicht entsprechend berücksichtigt wurde, liegt vor allem am mangelnden Wissen und Bewusstsein. Auch wenn sich nur wenige rigoros gegen den Antrag gestellt hatten, ließen die Wortmeldungen den unterschiedlichen ideologischen Hintergrund durchblitzen: eine Benennung nach heiligen Frauen wäre zu wenig, es müssten historische Personen sein; der Vorstoß sei in Ordnung, aber es würde sich um ein Luxusproblem handeln; man würde eine Umbenennung unterstützen, wenn dafür faschistisch belastete Namen ersetzt werden etc. Der Antrag wurde schließlich mit 13 Ja- und 6 Nein-Stimmen bei 10 Enthaltungen genehmigt. Ein bewegtes Leben

Lediglich etwa 11 % aller Straßen in Südtirol, die nach Personen benannt wurden, tragen den Namen einer Frau. Wer in Meran von Unter- nach Obermais kommen will und dabei die Schaffer- und Fluggistraße nutzt, der kommt

unweigerlich an der Claudia-deMedici-Straße vorbei. Claudia war eine beeindruckende, hochgebildete und tatkräftige Frau, nach der nicht nur Oberschulzentren in Mals und Bozen benannt wurden, sondern auch die Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe „Claudiana“. Sie wurde 1604 in Florenz als Tochter des Großherzogs der Toskana und seiner Frau geboren. Als sie dem zukünftigen Herzog von Urbino versprochen wurde, war sie vier Jahre alt, als sie ihn heiratete 17, als er starb 19. Daraufhin kehrte sie nach Florenz zurück und wurde in einem Kloster untergebracht. Drei Jahre später heiratete sie erneut, dieses Mal den hochverschuldeten Habsburger Leopold V., durch den sie Landesfürstin von Tirol wurde. Nach sechs Jahren, wie es scheint, glücklicher Ehe und fünf Kindern war sie bereits zum zweiten Mal Witwe – da war sie erst 28 Jahre alt. Thronfolger Ferdinand Karl war noch zu jung, so übernahm sie zusammen mit einem fünfköpfigen Beratergremium de facto die Regierungsgeschäfte.

Nach Claudia-de-Medici sind in Südtirol mehrere Straßen benannt

ter, allen voran Kanzler Dr. Wilhelm Biener, erwarben sich große Verdienste um das Land, indem sie die Verwaltung strafften, gegen Amtsmissbrauch und Korruption vorgingen und Differenzen mit den Nachbarn beilegten. Sie förderte zudem den Handel mit einer neuen Verfassung der internatio-

nal besuchten Bozner Messe und die Kunst durch die Schaffung des ersten festen Hof-Theater- und Opernhauses in Innsbruck. Claudia de Medici verstarb 44-jährig am Christtag des Jahres 1648 in Innsbruck an Wassersucht, einem häufigen Leiden der damaligen Zeit. Christian Zelger

Militär, Wirtschaft, Kultur

Claudias Regierungszeit war geprägt von der permanenten Bedrohung Tirols durch den im Norden und Westen wütenden Dreißigjährigen Krieg (16181648) und durch die vielen, das Land verheerenden Durchzüge kaiserlicher Hilfstruppen, die auch Seuchen einschleppten. Sie ließ die nördlichen Grenzfestungen erfolgreich verbessern und bei Scharnitz in Nordtirol eine mächtige Talsperre errichten, die nach ihr benannte „Porta Claudia“. Doch ihr Wirken beschränkte sich nicht nur auf Militärisches. Claudia und ihre Bera-

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