BIORAMA Wien–Berlin

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B io r ama W i e n –B e rl i n

Copenhagenize me

Alle zwei Jahre wird der Copenhagenize Index veröf­ fentlicht, der 115 Städte bezüg­ lich ihrer Fahrradfreundlich­ keit reiht. 2019 ist Wien auf Platz neun, Berlin auf Platz 15. Text Martin Mühl

Der frühere dänische Blog­ ger Mikael Colville-Andersen prägte den Begriff Copenha­ genize für eine Stadtpla­ nung, die nicht mehr auf das Auto, sondern auf das Fahrrad ausgerichtet ist.

Der Index Über 600 Städte mit min­ destens 600.000 Einwoh­ nerInnen werden alle zwei Jahre untersucht. Städte, in denen mehr als 2% der Wege mit dem Fahrrad zu­ rückgelegt wurden, werden im Details bewertet. Diese 115 Städte bekommen für 13 Kriterien jeweils zwischen 0 und 4 Punkte, sowie mög­ liche Extrapunkte in einer 14. Bonuskategorie für be­ sondere Leistungen. copenhagenizeindex.eu

C

openhagenize Design Co., das Unterneh­ men hinter dem Index, arbeitet als Agen­ tur in den Bereichen Konzept, Projektum­ setzung und Kommunikation für Regio­ nen, Kommunen oder auch Wohnbauprojekte. Der Copenhagenize Index vergibt in 13 Kate­ gorien in drei Gruppen Punkte an die Städte: »Straßenbild« und Radinfrastruktur, »Kultur« mit Punkten für Geschlechtergerechtigkeit, Sicherheit oder auch die Nutzung von Rädern für den Transport und schließlich »Ambiti­ on« mit Wertungen für Stadtplanung oder den Rückhalt aus der Stadtverwaltung. 2019 konnten sich mit Kopenhagen, Amster­ dam und Utrecht wieder drei nordeuropäische Städte die Spitzenplätze im Ranking sichern. Wien liegt auf Platz neun und Berlin auf Platz 15. Wien, das sich im Ranking verbessert hat, wird für seine Initiativen und Kampagnen, die von der Mobilitätsagentur ausgehen, gelobt, etwa für die Förderung von Lastenrädern. Es wird al­ lerdings auch klar herausgestrichen, dass es den Anschein hat, dass es sich dabei um vergleichs­ weise unkoordinierte Einzelaktionen handelt und eine weitere Verbesserung tiefgreifendere Einschnitte und bauliche Infrastruktur im gro­ ßen Stil bräuchte. Lorenz Siegel, der in Wien an der Boku studiert hat, arbeitet für Copenha­ genize an deren Standort in Montreal: »Wien macht seit einigen Jahren vieles richtig im Be­ reich Fahrradplanung, setzt nach und nach an wichtigen Achsen durchaus brauchbare Infra­

struktur ein und kommuniziert das auch groß­ artig auf fahrradwien.at. Aber es reicht nicht, in 30er-Zonen, wie auf der Neustift- oder Burggas­ se, gänzlich auf geschützte Radwege zu verzich­ ten. Das Verkehrsaufkommen mit Bussen und Taxis ist viel zu hoch. Da ist mir sogar ein 50er mit getrenntem Radweg lieber.« Sein Wunsch lautet Planung und Umsetzung eines geschlos­ senen, omnipräsenten Radwegenetzes binnen fünf Jahren. Und zwar eines solchen, das den Straßenabschnitten mit ihren jeweiligen Ver­ kehrsauslastungen und Tempolimits die geeig­ neten Radinfrastrukturen gegenüberstellt. In der Beurteilung von Berlin dominiert das neue Mobiltätsgesetz – und auch das Warten auf dessen Umsetzung. Laut Lorenz werden erst die kommenden Jahre zeigen, wie die neue Radstrategie und die Radschnellverbindungen, die vom dänischen Büro Ramboll geplant wer­ den, dann auch tatsächlich umgesetzt werden. »In Planung ist ja auch eine Fahrrad-Parkplatz­ strategie für alle S-Bahn-Bahnhöfe. Berlin hat auch in den letzten Jahren damit angefangen, mehr und mehr Kfz-Parkplätze zu entfernen – oft einzeln, damit es keiner merkt. Was ich mir wünsche, ist, dass die Radwege, die momentan als rote Streifen auf den Gehwegen verlaufen, durch tatsächlich geschützte und getrennte Infrastruktur ersetzt und nicht als schon vor­ handene Infrastruktur abgehakt werden. Gute Radinfrastruktur tut immer ein bisschen weh – danach geht’s aber allen besser.«

Bild Cope nhagenize De sig n Co .

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Stä dteRa nking


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