B io r ama W i e n –B e rl i n
Sta dtz e ich en
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Zeichen der Zeit Seit jeher sind Stadtbilder von Diversität geprägt. Am Beispiel von Ampelfrau und Ampelmann, des Ampelmännchens und des Ampelmädchens zeigt sich auch der kollektive Bewusstseinswandel.
Ampelpärchen Nachdem Conchita Wurst den Song Contest als GewinnerIn nach Wien geholt hat, sind dort seit 2015 mit Herzen versehene schwule, lesbische und heterosexuelle Ampelpär chen im Einsatz. Kulturexport und beliebtes Fotomotiv.
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Intelligent Design Zweitausend Jahre später ist Graffiti als Kul turgut anerkannt und hat es – als aus der An onymität geholte Street-Art – mitunter eben so ins Museum geschafft. Die dominanten Zei chen aber gibt immer noch die Obrigkeit vor: Unternehmen mit ihren Markenbotschaften,
Geschlechterstereotype auf der Klotür, dokumentiert vom Grafiker und Buchautor (»Krieg der Zeichen«) Markus Hanzer.
Bild Markus Ha nze r, Istock.co m/I_Vale nti n
Text Thomas Weber
ie Obrigkeit ließ sich – wie Jahrtausen de davor und Jahrtausende danach – in Heldenstatuen verklären und an der Sei te von in Stein gehauenen GöttInnen ver ewigen. So wollte sie die Zeiten und das ge meine Volk überdauern. Doch als die römi sche Stadt Pompeji im Jahr 79 beim Ausbruch des Vesuvs in Schutt und Asche versank, wur de auch das Alltagsleben der PompejierInnen dokumentiert. Tausende Graffiti blieben kon serviert. »Es lebe jeder, der liebt! Weg mit dem, der / die Liebe nicht kennt! Und zweimal weg mit / jedem, der die Liebe verbietet.« Das fand sich zum Beispiel an die Hauswand von Lucius Caecilius Jucundus gekritzelt. Oder, in den Katakomben des Amphitheaters: »Ich staune, Wand, dass du nicht zerfallen bist, / da du so viel Blödsinn von Schreibern ertragen musst.« Zweitausend Jahre später erzählen uns solche Graffiti weit mehr vom Leben der Menschen als etwa die ebenfalls erhalten gebliebene Statue des Stadtrats Marcellus, des Schwieger sohns und Neffen von Kaiser Augustus.