BIORAMA Wien–Berlin

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B io r ama W i e n –B e rl i n

B io ga str o no m ie in B e r l in

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Clean Berlin Text Jürgen Schmücking

B

illy Wagner vom Nobelhart & Schmutzig ist ein streitbarer Geist. Vor ein paar Jahren ließ er Sticker anfertigen. Die Logos der be­ kannten Restaurantführer blieben erkenn­ bar, den Test änderte er: Aus Gault & Millau wur­ de Faux Millau, Tripadvisor zu Shitadvisor und der Guide Michelin blieb zwar der Guide Miche­ lin, bekam aber vier Sterne statt drei. Ein Affront. Viele Gastronomen fühlten sich verstanden, fan­ den es lustig und klebten die Sticker auf ihre Ein­ gangstore. Die Leute vom Michelin fanden die Aktion nicht ganz so witzig und ließen ihre An­ wälte ein paar Drohgebärden machen. Auf Ins­ tagram kann man Billy Wagner vom Nobelhart & Schmutzig in Berlin dabei zusehen, wie er den Sticker von der Glastür kletztelt. 10.000-mal ge­ sehen, jede Menge Likes, jede Menge Häme für den humorlosen Guide Michelin. Die Botschaft ist angekommen.

Verlässlich nachhaltig? 2019 ging der Clinch zwischen Billy und dem Guide Michelin in die zweite Runde. In einer versöhnlichen Geste zeichnete der renommier­ te Gastroguide das Nobelhart & Schmutzig mit einem neuen Symbol aus. Zusätzlich zum klassi­ schen Stern vergab der Michelin auch eine Aus­

»Seid ihr sicher, dass wir im Nobelhart & Schmutzig nicht tonnenweise Müll produzieren?« —  Billy Wagner, Nobelhart & Schmutzig

zeichnung für besonders nachhaltige Restaurants. Weil bio, vegan, nachhaltig und regional Trends sind, an denen auch der – eigentlich stockkon­ servative – Guide Michelin nicht vorbeikommt. Also wurde der Stern grün und bekam einen klei­ nen Stängel verpasst – und sieht jetzt aus wie ein fünfblättriges Kleeblatt. Billy Wagner, dessen Lo­ kal übrigens nicht biozertifiziert ist, bekam so ein Blattl aufs Aug’ gedrückt und seine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Es mangelt ihm an Transparenz und nachvollziehbaren Kriterien. »Seid ihr euch sicher, dass wir im Nobelhart & Schmutzig nicht tonnenweise Müll produzieren? Wisst ihr eigentlich, ob wir nicht doch den dre­ ckigsten, billigsten CO2-Schleuder-Stromvertrag haben? Und kann es nicht sein, dass ich Groß­ maul nicht einfach nur erzähle, wie toll nachhal­ tig wir doch sind? Habt ihr es denn nachgeprüft? Belohnt ihr uns nicht vielleicht einfach für fein grünes Marketing?«, wetterte der Gastronom in einem Video in Richtung der Tester. Billy Wagner trifft damit den Kern der Sache. In der öffentli­ chen Wahrnehmung verschwimmen die Begrif­ fe. »Regional« wird im günstigen Fall mit »bio« gleichgesetzt, im ungünstigen ist es »das bessere Bio«. Der »Nachhaltigkeit« fehlt es ohnehin an ei­ ner gemeinsamen Definition (und damit auch an überprüfbaren Kriterien). Und bewertet werden die Geschichten, die GastronomInnen erzählen und nicht, was TesterInnen testen. Dabei wäre gerade Berlin ein solides Pflaster für bio-affine Genießer. Das fängt bei den Wit­ ty’s Bio-Currywurstbuden in der Friedrichstra­ ße und am Wittenbergplatz an und hört bei hip­ pen Läden, wie dem Momos in der Chausseestra­ ße oder dem Bistro Bardot in Friedrichshain auf. Und natürlich kann sich auch alles sehen lassen,

B ild  Marko Seife rt, markose ifert. com, Momos

In Berlin finden sich unter den biozertifizierten Restaurants ein paar echte Highlights. Interessante Meinungen und humorvolle Einzelaktionen gibt es auch darüber hinaus.


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