Dichter unter den Luxemburger Chronisten. In dieser Hinsicht haben mir seine Aufnahmen am besten gefallen. Aber damals hatte die Kunst keinen leichten Stand. Von richtiger Anerkennung kann nicht die Rede sein. Ich erinnere mich an einen Vorfall bei der “Revue”, wo man der Fotografie ja einen gewissen Stellenwert geben wollte. Für die Sportseiten bekam ich Montags die Sonntagesaufnahmen. Oftmals von Tony Krier. Von ihm haben wir Turnerinnen in kurzen Sporthosen abgebildet. Sofort rief ein Pfarrer an, fragte uns, was wir uns erlauben würden. Drohte, dass er, in einer Predigt, seiner Gemeinde die Lektüre der Revue untersagen würde, käme so etwas nochmal vor. Heute wird gesagt, dass Pol Aschman in der Fotografie und Sie in der Grafik Luxemburg geprägt hätten. PS: Ja, das bekomme ich manchmal zu hören. Ich denke aber, dass das leicht übertrieben ist.
Charles Munchen: Für eine konstruktive Beschäftigung mit der Herkunft, aber gegen Nostalgie
Charles Munchen lors de la révision en mars 1953.
Sie stammen aus einer der sogenannten “besseren” Luxemburger Familien, der Ingenieur und Politiker, Bürgermeister der Stadt Luxemburg Alphonse Munchen, war zum Beispiel Ihr Großvater. Die Aschmans genossen ebenfalls ein gewisses gesellschaftliches Ansehen, traditionell gingen Ärzte und Chemiker aus ihnen hervor. Ein Fotojournalist passte da schon weniger ins Bild. Auch Sie haben, nach ihrer Kindheit, die Sie, nach der kriegsbedingten Evakuierung, in Frankreich verbrachten, und einer verpatzten, düsteren Jugend -wie Sie es nennen- nach abgebrochenen Studien, den Weg Richtung Medien eingeschlagen, zunächst als Kameramann für RTL, später als Mitwirkender im Regieraum. Haben Sie beide dazu beigetragen, die Dinge ins Rollen zu bringen? CM: Ach nein, das geschah automatisch. Ich hatte absolut keinen Einfluss auf die Gesellschaft. Pol Aschman schon eher, der war ja schon zu Lebzeiten ein bekannter Fotograf. Aber damals begann die ganze Welt sich zu ändern. Bei uns hatte die Kirche nach und nach an Einfluss und Macht verloren, war gezwungen, sich zu öffnen, wollte sie nicht alles verlieren. So ist das eben, wenn die Welt in Bewegung gerät. Mich hat das Neue immer schon interessiert, und die bewegten Bilder waren für Luxemburg neu. Ich kam zu der Schlussfolgerung, dass unsere Kommunikationsmittel ausschlaggebend für den gesellschaftlichen Fortschritt seien, dass ohne sie nichts passiert wäre. Deshalb wollte die Kirche sie ja auch anfangs unterbinden. Aber dann konnte keiner mehr die Verbreitung der Erfindungen des 19. Jahrhunderts, wie das Telefon, aufhalten. Das hat die Welt ein Stück weit vorangebracht. Heute frage ich mich, ob die gegenwärtigen Entwicklungen in ihrer Geschwindigkeit nicht doch etwas gedrosselt werden müssten. Sie sind 1934, also 13 Jahre nach Pol Aschman auf die Welt gekommen. Im Gegensatz zu ihm leben Sie im Moment, beschäftigen sich dennoch auch mit Ihren Wurzeln, ohne ein Nostalgiker zu sein. An Ihre erste Begegnung mit dem Fotografen können Sie sich gut erinnern?
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