Freiräume 7

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freiräume Martina Steinkühler

Praxisfertige Materialien und Unterrichtshilfen für den evangelischen Religionsunterricht an Mittelschulen

Mit DownloadMaterial

Die Zehn Gebote Scheitern und Neubeginn Judentum Diakonisches Handeln Kirche im Wandel



freir채ume 7 Martina Steink체hler

Praxisfertige Materialien und Unterrichtsentw체rfe f체r den evangelischen Religionsunterricht an Mittelschulen


Unter Mitarbeit von: Wilhelmine Coyne, Kathrin Meyer, Pia Nürnberger, Volker Schwarzkopf, Claudia Weber und Gabriele Zill

Claudius Verlag München 2020 Birkerstraße 22, 80636 München www.claudius.de Rechtschreibreformiert, sofern nicht urheberrechtliche Einwände bestehen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung, Layout und Satz: textformart, Daniela Weiland, Göttingen Umschlagfoto: © BrianAJackson / iStock.com Druck und Bindung: AZ, Druck und Datentechnik GmbH, Kempten ISBN 978-3-532-71102-6


Liebe Kollegin, lieber Kollege, Im Jahrgang 7 geht es, wenn man den bayerischen LehrplanPLUS zugrunde legt, um Zukunftsperspektiven des Lebens, privat wie in der Gesellschaft, und um ihre Verwurzelung in der Vergangenheit: das, was ist, zu verstehen auf dem Hintergrund dessen, wie es geworden ist, um es aktiv mitzugestalten für morgen. All die Jugendlichen von „Fridays for Future“ machen es uns vor – die neue Generation erkennt, dass sie gut daran tut, Verantwortung zu übernehmen und ihr Heute und ihr Morgen aktiv mitzugestalten. Der Religionsunterricht ist ein guter Ort, sich dafür fit zu machen. Zum Konzept der Unterrichtshilfe „Freiräume“ Lust auf „Freiraum“ im Schulalltag, wenigstens im (ev.) Religionsunterricht? Wir haben herumgefragt: Was könnten die Kolleg*innen gebrauchen? Wir hörten immer wieder: praktische, gebrauchsfertige Materialien, flexibel einsetzbar. Gehaltvoll, ohne abzutörnen. Kompetenzorientiert, ohne daraus eine Wissenschaft zu machen. Selbsterklärend, aber mit Hinweisen, wie es gedacht werden könnte. Unsere Idee: vorn Arbeitsblatt, hinten Lehrer*innen-Info – vorn zum Kopieren und Austeilen, hinten zum Lesen und Vorbereiten. Unser Stoff: am LehrplanPLUS für den ev. Religionsunterricht an Mittelschulen in Bayern orientiert – das ist eine solide Basis –, aber so aufbereitet, dass er in allen Bundesländern vielfältig einsetzbar ist. Die Arbeitsblätter bieten Material und Handlungsimpulse. Die Lehrer*innen-Infos kommentieren, geben Erwartungshorizonte an und beschreiben die Möglichkeiten des Themas wie des Materials. gekennzeichnet und werden im Internet für Sie bereitgestellt. Relevante Bilder und Texte sind mit So können sie bei Bedarf projiziert oder (farbig) ausgedruckt werden. Ebenso finden Sie im Internet die Arbeitsblätter sowie den Spezialschlüssel Kirche. Zugang hierzu erhalten Sie mit dem auf der Umschlaginnenseite abgedruckten Zugangscode. Pro Band fünf Themen – das passt für einen Jahrgang (meistens schafft man nicht alles). Die Bände sind voneinander unabhängig, die Kapitel auch. Für Doppeljahrgänge können Einheiten quer durch die Bände kombiniert werden. Die Aufgaben sind so formuliert, dass sie auf verschiedenen Niveaus sinnvoll zu bearbeiten sind. Sprache und Gestaltung sind altersübergreifend gehalten. Bei komplexen Texten bieten wir zwei Varianten: das Original sowie eine Fassung in einfacher Sprache. Pro Band gibt es außerdem zwei wertvolle Extras: einen Lexikonteil „Schlüsselwörter“ zu jedem Kapitel und einen Spezialschlüssel zu einem relevanten Sachthema. Diese beiden Angebote sollten jedem Schüler, jeder Schülerin zur Verfügung stehen: digital oder in Kopie. Die Spezialschlüssel ergeben zusammengenommen ein je individuelles Info-Heft zum RU. Ein besonderes Plus sind die Sag-mal-Comics von Rüdiger Pfeffer. Zwischen den vier Hauptpersonen Paula und Samira, Maxi und Murat ergeben sich auf dem Schulhof und an anderen Orten immer wieder Anlässe für Gespräche über Religion. Diese sind auf die Thematik des jeweiligen Kapitels bezogen und eignen sich als Anforderungssituationen, zur Vertiefung, Rekapitulation – oder einfach so, im Sinn von Freiraum. In diesem Sinn: Viel Erfolg und Freude mit dem Material, Ihre Martina Steinkühler plus Team


Inhalt Liebe Kollegin, lieber Kollege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

Die Zehn Gebote Ohne Regeln kein Spiel! (M 1.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

7

Blöde Regeln!? (M 1.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

9

Wer spricht denn da? (M 1.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

11

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

Die Zehn Gebote – damals und heute (M 1.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

15

Die Zehn Gebote (M 1.6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

17

Die Zehn Gebote (M 1.6a und M 1.6b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

Das Doppelgebot der Liebe – Geist aller Gebote (M 1.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

21

Schlüsselwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

Sag-mal-Comic 1: Lehrer*innen-Info . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Von Gottes eigener Hand? (M 1.4) Lehrer*innen-Info

Scheitern und Neubeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

„Verlängerung“ (M 2.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

29

Bedürfnisse und Träume (M 2.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

31

Sitzen bleiben? (M 2.4a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

33

Aufstehen! (M 2.4b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

35

Wie soll das weitergehen? (M 2.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

37

„Gesucht …“ (M 2.6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

39

„Egal, was ist – du kannst zurück!“ (M 2.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

41

Wer schafft denn so was? (M 2.8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

43

Notfall-Koffer (M 2.9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

45

Sag-mal-Comic 2: Lehrer*innen-Info . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

„Mach, dass es gelingt!“ (M 2.1) Lehrer*innen-Info

4

Inhalt


Judentum in Geschichte und Gegenwart Miriam, die Neue von nebenan (M 3.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

49

Teste dein Vorwissen (M 3.1a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

Frieden für alle (M 3.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

52

Davids Geschichte: Die Neue von Nebenan (M 3.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

54

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

Was ist Klezmer-Musik? (M 3.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

Wo jüdische Menschen leben (M 3.6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

Wie wird man jüdisch? (M 3.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

Was ist „koscher“? (M 3.8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

Nicht religiös sein und doch an Gott glauben? (M 3.9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

Was ist Bat-Mizwa? (M 3.10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

Wer oder was wirklich zählt! (M 3.11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

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64

Unterschiede überwinden (M 3.13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

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69

Schlüsselwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

Sag-mal-Comic 3: Lehrer*innen-Info . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

Das Geheimnis des TaNaCH und: Wer ist David? (M 3.4)

„Juden raus“??? (M 3.12a und M 3.12b) Lehrer*innen-Info Erzähltexte

Diakonisches Handeln Füreinander da sein (M 4.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

79

Familie (M 4.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Geschwister (M 4.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

„Get social!“ (M 4.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

83

Wer ist mein Nächster? (M 4.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

85

Was willst du, dass ich dir tun soll? (M 4.6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

87

Was wir ganz locker tun können (M 4.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

Die tun was! (M 4.8a und M 4.8b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

90

Wie fühlt sich das an? (M 4.9a und M 4.9b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

93

Schlüsselwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

Sag-mal-Comic 4: Lehrer*innen-Info . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

5


Kirche im Wandel Ein Ort für die Seele (M 5.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

99

Ferien-Blues (M 5.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

101

Der „Geist“ der Kirche (M 5.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

103

Komm, Heiliger Geist! (M 5.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

105

Die Pfingstgeschichte (M 5.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

107

Gaben (M 5.6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

109

Damals und heute: Gemeinde (M 5.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

111

Für den Glauben einstehen (M 5.8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

113

Paulus – der erste Christ / Lydia – die erste Christin in Europa (M 5.9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

115

Frauen in der Kirche: Katharina Zell (M 5.10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

117

Verantwortung in der Kirche (M 5.11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

119

Verantwortung für die Welt (M 5.12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121

Kirche – ewige Baustelle!? (M 5.13a und M 5.13b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrer*innen-Info

122

Schlüsselwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125

Sag-mal-Comic 5: Lehrer*innen-Info . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

131

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133

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134

2 Die ersten Gemeinden – in Jerusalem und anderswo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

136

3 Paulus – immer unterwegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

138

4 Christ*innen im Römischen Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140

5 Kirche im Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

142

6 Kirche in der Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144

7 Kirche im 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

146

8 Kirche heute und morgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

148

9 Ämter und Ehrenämter in der Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150

10 Extra: Christen und Juden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

152

Spezialschlüssel Kirche

1 Kirche im Wandel – und was bleibt

6

Inhalt


Die Zehn Gebote

Ohne Regeln kein Spiel!

M 1.1

Was ist dein erster Gedanke, wenn du das Bild siehst? Stelle eine Beziehung zwischen der Überschrift und dem Bild her.

Teste dein Vorwissen

• •

In welchen Bereichen gibt es Regeln? Muss man sich an Regeln halten – und was passiert, wenn … a) eine*r es nicht tut? b) viele es nicht tun? c) niemand es tut?

Hast du eine eigene Lebensregel, eine, von der du sagst: „Die halte ich – die hält mich!“?

M 1.1 | Die Zehn Gebote

7


Lehrer*innen-Info Der Lernbereich Formale Kompetenzen

Inhalte

Materialien

Erfahrungen reflektieren

Regeln im Alltag, z.B. in Schule, Freizeit, Verkehr, im Miteinander

M 1.1 Ohne Regeln kein Spiel! M 1.2 Blöde Regeln!?

Regeln begründen, Regeln hinterfragen

Kriterien der Verbindlichkeit von Regeln: „Stimmen“, Autoritäten

M 1.2 Blöde Regeln!? M 1.3 Wer spricht denn da?

Geschichten vom Anfang erzählen

Wie Mose seinem Volk die Zehn Gebote brachte

M 1.4 Von Gottes eigener Hand?

verschiedene Kontexte Die Zehn Gebote damals zueinander in Beziehung setzen und heute

M 1.5 Die Zehn Gebote – damals und heute M 1.6 Die Zehn Gebote

verschiedene Ansätze Die Zehn Gebote und das zueinander in Beziehung setzen Doppelgebot der Liebe

M 1.7 Das Doppelgebot der Liebe – Geist aller Gebote

Zu: Spielfiguren

Zu: Teste dein Vorwissen

Das Bild erinnert an Brettspiele wie „Menschärgere-dich-nicht“. Der Würfel bestimmt, wer vorankommt und wie weit; wer zurück muss und von vorn beginnen. Damit sind bisweilen starke Gefühle verbunden – Schadenfreude darüber, wenn es einen anderen erwischt; Stolz, wenn es vorangeht; Frust und Verzweiflung, wenn es kurz vor dem Ziel zum Rückschlag kommt; gar Hass auf den Mitspieler, der das „verschuldet“ und einen „schlägt“. Impuls: Wäre es besser, die Regeln zu ändern – vielleicht ohne „Rausschmeißen“ zu spielen?

Frage 2 kann arbeitsteilig bearbeitet werden. Jede Gruppe bekommt eine der Was-wäre-wenn-Fragen. Sie entwickelt eine Spielszene oder ein Standbild als Antwort.

Lernchance: Die Schüler*innen entdecken, dass das Spiel dann seinen Reiz verliert. Vielleicht formulieren sie auch eine bildende Wirkung: Gefühle ausleben können, Gefühle beherrschen lernen. Weiterführende Frage: Woher kommen Spielregeln? Wer legt sie fest? Praxisidee „Spielemesse“: Ganz viele Spielfiguren mit in den Klassenraum bringen. An den Tischen entwickeln die Schüler*innen eigene Brettspiele. Sie probieren sie aus, notieren die Regeln …

8

Die Zehn Gebote | M 1.1

Für Jungs-Gruppen oder wenn der SpielfigurenImpuls nicht funktioniert: Alternativ zum Menschärger-dich-nicht-Bild findet sich im digitalen Material ein Fußball-Bild.


Blรถde Regeln!?

M 1.2

1

2

3

Aufgaben Cartoons geben zu denken. Sie stellen den Alltag infrage, z.B. durch ร bertreibung. 1. Finde heraus, worum es in den Cartoons geht. Was wird infrage gestellt? Was ist das Problem? 2. Nehmt zu den Problemen Stellung: Wodurch entstehen sie? Wie geht es besser? 3. Denkt euch selbst Regel-Konflikt-Situationen aus. Kรถnnt ihr dazu einen Cartoon (oder Witz) entwerfen?

M 1.2 | Die Zehn Gebote

9


Lehrer*innen-Info Mit Witzen und Cartoons ist es so eine Sache. Sie sich erklären zu lassen, verdirbt die Wirkung. Darum haben wir die Aufgabe vorsichtig formuliert: … worum es geht … Das sollte den Schüler*innen genügend Freiraum geben, sich dazu zu äußern, was sie sehen und verstehen.

Zu: 1 Es gibt eine Regel: „Baden verboten“ – und drei, die sich darüber ärgern („Blöde Regeln“): die Kinder, die gern schwimmen gehen möchten – weil ihnen der Spaß verdorben wird; und der Hai, der die Kinder gern fressen würde – weil er nicht an sie herankommt. Die Komik kommt daher, dass die Wünsche der beiden Parteien nicht gleichwertig sind: einmal „Spaß“ – einmal „Hunger“; für Hai wie Kinder ist es todernst; es geht um Leben und Tod. Das heißt: Man könnte durchaus ins Grübeln kommen: Wem dienen Regeln? Was garantieren sie? Und auch: Sind Menschen (hier: die badewilligen Kinder) manchmal nicht in der Lage, den Sinn einer Regel zu verstehen – aber wenn sie ihr folgen, schützt sie sie doch!?

Zu: 2 Der zweite Cartoon zeigt ein Dilemma: Der Mann, der (wahrscheinlich mit Mühe) schwimmend eine einsame Insel erreicht, liest zwei Regeln: „Baden verboten“ und „Betreten verboten“. Sein Kommentar „Mann! Hab ich wieder ein Pech!“ klingt witzig, weil die Situation so heikel ist. Er scheint in Lebensgefahr zu sein und schert sich um Regeln, die für den Alltag gemacht sind. Über „Pech“ zu sinnieren, scheint unangemessen. Man könnte ins Grübeln kommen: Gibt es Situationen, in denen Regeln außer Kraft sind? Weil sie sich widersprechen? Weil es um Leben und Tod geht?

Zu: 3 Noch einmal „Baden verboten“ und noch einmal anders: Einer ist am Ertrinken, der andere (der helfen könnte) hilft nicht unter Berufung auf das Verbotsschild. Ist er so dumm, nicht zu wissen, dass der Ernstfall den Normalfall außer Kraft setzt (s. 2), oder nimmt er das Verbot als Vorwand, um nicht handeln zu müssen? Man kann über ihn lachen bzw. über die absurde Situation. Der Ertrinkende lacht nicht – und so kommen wir auch hier ins Grübeln: Kann es falsch sein, sich an Regeln zu halten? Kann man sich schuldig machen, wenn man sich an Regeln hält?

Zur Vertiefung Es gibt verschiedene Begründungen, sich für oder gegen das Einhalten von Regeln zu entscheiden: Aus Gehorsam:

Ich tue, was Eltern, Lehrer, Gesetzgeber sagen / Ich tue Gottes Willen.

Aus Angst vor Strafe: Ich weiß, was Lohn und was Strafe nach sich zieht; ich vermeide Strafe. Aus Vernunft:

Ich sehe den Sinn eines Verbots oder Gebots ein – und halte mich daran.

Aus Rücksicht:

Ich halte das … zwar für blöd, aber für andere ist es wichtig; also halte ich mich daran.

Aus Verantwortung:

Hier steht ein Wert auf dem Spiel, der mir sehr wichtig ist! Ihn zu verteidigen, ist wichtiger als alles andere. Ich nehme die Folgen in Kauf.

Vielleicht finden die Schüler*innen Fallbeispiele für die verschiedenen Varianten.

10

Die Zehn Gebote | M 1.2


Wer spricht denn da?

M 1.3

Hör auf die Stimme! Auf deinen Wegen durch das Leben, da kommen Kreuzungen und du stehst. Du musst abwägen und überlegen, was du wählst und wofür du gehst. Sag, wirst du reden oder schweigen, was wird passieren, was kommt danach? Willst du weggehen oder bleiben? Du musst entscheiden, keiner nimmt's dir ab. Das ist ’ne Reise ohne Navi. Alles offen und immer wieder neu, all die Prüfungen, ich glaub, man schafft die, bleibt man sich selbst so gut, wie's geht, treu. Da, wo guter Rat teuer ist, du grad lost* und gebeutelt bist: War da nicht immer diese Stimme, die dir hilft, und zwar immer? Hör auf die Stimme, hör, was sie sagt, sie war immer da, komm, hör auf ihren Rat. Hör auf die Stimme, sie macht dich stark, sie will, dass du’s schaffst. Also hör, was sie dir sagt. Aus einem Songtext von EFF (Mark Forster/Felix Jaehn) * lost = verloren (engl.)

Frage: Welche Stimmen geben Orientierung, welche führen in die Irre? Und vor allem: Wie kannst du sie unterscheiden?

M 1.3 | Die Zehn Gebote

11


Lehrer*innen-Info Der abgedruckte Text gehört zu einem Song von EFF (Mark Forster); ob es in Ihrer Gruppe eine gute Idee ist, den Song einzuspielen – oder eher nicht – entscheiden Sie. Musikgeschmack ist etwas sehr Sensibles, gerade bei Jugendlichen. Die wenigen Worte sind vor allem eine Einladung zum Gedankenspiel: Gibt es das – eine Stimme „in mir“? Lass ich mir was sagen? Und warum sollte das richtig sein?

„Ich fühle mich manchmal den ganzen Tag schlecht, weil ich zu jemandem etwas Falsches gesagt habe, weil ich wieder ein paar Schuhe bestellt habe, die ich eigentlich gar nicht brauche; weil ich eine Sache, die ich mir fest vorgenommen hatte, wieder einmal verschoben habe. Dieses dumme Gefühl – schlechtes Gewissen – es nervt, aber möchte ich es wirklich los sein?

Die „Lochis“ singen eine Parodie des EFF-Songs (im Internet leicht auffindbar). Sie weisen auf weitere Stimmen hin, die Einfluss nehmen. Mensch oder Maschine (Navi, „Alexa“, Mailbox)? Und wenn Maschine: Wer programmiert sie? Und wer hat Interesse an meinen Reaktionen? Nach der Übung mit den Cartoons können Ihre Schüler*innen vielleicht auch diesen komplexeren Text entschlüsseln. Wir empfehlen einen Hör- bzw. Leseauftrag (bei ausgeteiltem Text): Was findest du witzig – streich es an. Das eröffnet – offen – das Gespräch.

Vielleicht ist das Gewissen – ob es nun spricht oder nicht – so eine Art Navi, das mich letztlich doch weiterbringt. Es ist etwas, das andere mir eingepflanzt haben, die Eltern, Menschen, die in meiner Kinderzeit wichtig waren. Als ich älter wurde, habe ich kritisch überprüft, was mein Gewissen alles so enthält – und habe versucht, manches über Bord zu werfen. Mich zu befreien. Das ist schwere Arbeit.

Zu: Frage Ebenso schwierig wie die Textanalyse: Nun sind die Schüler*innen gefordert, selbst einen Text zu verfassen. Sie und ich wissen, dass sie das können. Aber sie müssen erst „reinkommen.“ Unser Tipp: Vielleicht machen Sie den Anfang und erzählen von sich. Dann bekommen Ihre Schüler*innen eine Vorstellung davon, was sie schreiben könnten. Ich könnte mir etwa Folgendes vorstellen:

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Die Zehn Gebote | M 1.3

Menschen glauben – und ich halte das manchmal mehr für möglich, manchmal weniger – Menschen glauben, dass, wenn sich diese Stimme in uns meldet, das Gewissen, dass es in Wirklichkeit Gott ist, der da spricht. Aber ist es immer Gott? Oder sind es auch mal andere Stimmen, trügerische? Ich fürchte, ich darf meinen Verstand niemals ausschalten. Ich muss kritisch bleiben, auch bei Stimmen, die vielleicht von Gott kommen. Und manchmal verlasse ich mich auch auf etwas anderes: ‚Bauchgefühl‘ – aber das ist auch keine sichere Bank …“


Von Gottes eigener Hand?

M 1.4

Ich erzähle euch heute, wie die Zehn Gebote auf die Welt gekommen sind. Ja, wirklich, das kann man so sagen. Man sagt, die kamen direkt von Gott. Es wird erzählt: Mose hat sie vom Berg geholt, vom Berg Gottes. Mose – ihr erinnert euch an Mose? Das ist der, der das Volk Israel aus Ägypten befreit hat – Zehn Plagen, Schilfmeer … – klingelt da was? Ja, ihr habt Recht, diese Mose-Geschichten sind schon eine ganze Weile her. Aber diese Zehn Gebote, die gelten bis heute überall auf der Welt als gute Grundregeln fürs Leben! Einfach göttlich, oder? Aber jetzt hört zu, ich beginne: Mose führt das Volk in das Gelobte Land, ein Land, wo Milch und Honig fließen. So sagte man damals. So hatte Gott es Mose versprochen. Ja, Mose führt das Volk. Aber zu sehen ist noch nichts, nichts von Milch, nichts von Honig. Trocken ist es und heiß. Denn der Weg dorthin, in das Gelobte Land, der führt mitten durch die Wüste. Und dann, eines Tages, erreichen sie einen Berg, einen hohen Berg, man sieht kaum die Spitze. Steil sind seine Wände und in seinem Innern scheint es zu grummeln. „Da braut sich was zusammen“, flüstert ein alter Mann vor sich hin. Mose lässt das Volk sich lagern und steigt allein auf den Berg. Und Gott spricht zu ihm: „Ich will euch Regeln geben, dass ihr nicht wie wilde Tiere lebt, wenn ihr in das Gelobte Land kommt, sondern in Ordnung und Frieden. Ich will euch Regeln geben, damit ihr mein Volk werdet, mein besonders geliebtes Volk, das friedlich und gut ist in meinen Augen. Geh, Mose, steige vom Berg herab und frage das Volk, ob sie das wollen. Ob sie mein Volk sein wollen und sich an meine Regeln halten.“ Und Mose tut, was Gott ihm sagt. Das Volk aber, als es alles gehört hat, ruft mit einer Stimme: „Ja, wir wollen Gottes Volk sein. Und wir werden alles befolgen, was Gott uns aufträgt.“ Und Mose steigt wieder hinauf auf den Berg und sagt es Gott. „Heute in drei Tagen“, sagt Gott, „werde ich vom Berg herab zu allen sprechen. Und sie werden nie wieder an dir zweifeln, Mose.“ Am dritten Tag ist der Berg in schwarzen Nebel gehüllt. Es blitzt und donnert und das Volk fürchtet sich sehr. Es weicht zurück, so weit wie möglich. Nur Mose, Mose wagt es. Er tritt in die Wolke. Gott spricht zu ihm. Laut verkündet er Zehn Gebote. Jeder könnte sie hören. Aber das Volk Israel ist vor Furcht und Entsetzen taub und blind … Erst als Mose zu ihnen geht und wiederholt, was Gott gesagt hat, da hören sie zu und nicken eilig. „Ja, ja, gewiss – alles, was Gott gesagt hat, wollen wir tun.“ So weit, so gut. Aber wie kommen die Gebote auf die Tafeln, von denen es heißt: Mose brachte sie vom Berg herab und auf ihnen waren die Gebote geschrieben? In der Bibel lese ich beides: Gott selbst hat sie aufgeschrieben und Mose gegeben. Ich lese auch: Mose hat gut zugehört und das Gehörte hinterher Wort für Wort aufgeschrieben. Vielleicht weiß niemand, wie es wirklich war. Aber ich finde, es kommt auch gar nicht so sehr darauf an. Das Wichtigste ist doch: Diese Gebote sind gut und wirksam! Da kann man schon sagen: Sie kommen vom Himmel.

Aufgaben 1.

Wie stellst du dir den Gottesberg vor? Male ein Bild. Zeige es den anderen und erkläre, was du damit ausdrücken willst. 2. Notiere, was der Erzähler über seine Erzählung denkt (beziehungsweise über den Bibeltext, der ihr zugrundeliegt). Diskutiert die Meinung des Erzählers in der Gruppe.

M 1.4 | Die Zehn Gebote

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Lehrer*innen-Info Die Ursprungserzählung verankert die Zehn Gebote an einem bestimmten Punkt der Geschichte des Volkes Israel. Seine „Wüstenzeit“ neigt sich dem Ende – bevor das Gelobte Land betreten wird, bedarf es einer guten Ordnung. Gott bietet seinem Volk diese gute Ordnung an – und mehr noch: einen Bund. Gott verspricht dem Volk seine besondere Aufmerksamkeit, das Volk verspricht Gott, auf Gott zu hören und nach Gottes Willen zu leben. Dass das nicht gutgehen wird, lässt bereits die Erzählung von der Übergabe der Gebote und vom Bundesschluss ahnen. Das Volk fürchtet sich, es hört nicht richtig zu – und schon, bevor Mose die Tafeln mit den Geboten zeigen kann, hat das Volk das erste Gebot gebrochen (und ein Stierbild angebetet). Der biblische Text, Exodus 19–34, wirft viele Fragen auf: Wie oft geht Mose auf den Berg und mit wem? Dazu gibt es verschiedene Angaben. Wer schreibt die Gebote auf, Mose oder Gott? Beides wird erzählt. Was sind die Gebote: die zehn, die wir bis heute kennen? Oder die zehn, und all die anderen auch, die ebenso in dem ausführlichen Text zu lesen sind? Für die Neuerzählung, die wir hier anbieten, haben wir den Text erstens gerafft und zweitens nicht geglättet, sondern bewusst problematisiert. Die Schüler*innen sollen immer wieder mit der Nase darauf gestoßen werden: Es kommt bei den erzählenden Bibeltexten nicht so sehr darauf an, was „wirklich geschehen“ ist, sondern darauf, was das Erzählte bedeutet, warum es erzählt wird und weitererzählt wird und sich bis heute gehalten hat.

Für Schüler*innen, die Schwierigkeiten mit langen Texten haben, hier eine verkürzte Fassung, die ebenfalls Fragen aufwirft:

Kennst du die Zehn Gebote? Die Zehn Gebote regeln das Zusammenleben. Nicht töten, nicht stehlen, Treue zu Gott und Achtung vor dem Alter. Wichtige Regeln sind das. Wir brauchen sie. Hast du dich schon einmal gefragt, wer sich diese Regeln ausgedacht hat? In der Bibel wird erzählt: Das war Gott. Gott hat diese Regeln für sein Volk gemacht. Er hat sie aufgeschrieben, auf zwei steinerne Tafeln. So wird es erzählt. Und das kam so. Gottes Volk war in dem Land Ägypten gefangen. Gott wollte das nicht. Er schickte einen Mann. Er sollte Gottes Volk befreien. Er sollte es in ein anderes Land führen, in ein gutes Land. Der Mann hieß Mose. Und er machte, was Gott sagte. Der Weg von Ägypten in das gute neue Land führte durch eine leere, trockene Gegend. Durch die Wüste. Mitten in der Wüste kamen sie an einen Berg. „Auf diesem Berg wohnt Gott“, sagte Mose. „Gott hat eine wichtige Botschaft für uns. Wollt ihr sie hören?“ Das Volk Gottes wollte Gottes Botschaft hören. Mose ging auf den Berg. Als er wieder herunterkam, hatte er zwei steinerne Tafeln bei sich. „Die sind von Gott“, sagte er. „Da stehen zehn Gebote drauf. Gott sagt: Wenn wir diese Gebote befolgen, können wir gut und friedlich in dem neuen Land leben. Wir alle zusammen und über uns Gott.“ Das Volk Gottes staunte. Die Gebote waren gut. Sie waren klar und deutlich. Nicht töten, nicht stehlen, treu sein zu Gott und achtsam vor dem Alter. „Aber, Mose“, fragten sie: „Wer hat das aufgeschrieben?“ Mose antwortete nicht. „Du?“, fragten sie. Damals konnten viele Menschen nicht lesen und schreiben. Aber Mose konnte es. Mose antwortete wieder nicht. „Oder Gott?“, fragten die Leute. Sie staunten. „Gott selbst …“ – Was glaubst du: Ist das wichtig?

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Die Zehn Gebote | M 1.4


Die Zehn Gebote – damals und heute

M 1.5

1. Ein Fachmann der Bibel erklärt: Die Zehn Gebote sind wie Brausepulver. Ganz stark konzentriert. Man nimmt das Brausepulver und streut es ins Wasser. Es verdünnt sich und wird ein gutes Getränk. Die Zehn Gebote sind wie ein Klumpen Sauerteig. Man nimmt den Teig und vermischt ihn mit viel Mehl. Der Sauerteig durchsäuert das Mehl. Alles zusammen wird ein leckeres Brot. – Die Zehn Gebote sind genauso konzentriert wie Brausepulver und Sauerteig. Du nimmst sie und durchmischst sie mit deinen Lebenserfahrungen und Fragen. So bekommst du heraus, was diese Gebote dir bedeuten. Sie sind wie eine Stimme (von Gott), die dir Ratschläge für dein Leben gibt.

2. Zum Beispiel: Was soll ich tun, wenn … 1) … ich neu in der Klasse bin. Marie ist cool und hat eine obercoole Gang. Ich will gern dabei sein. Und dann fragt sie mich! Es gibt nur eine Bedingung. Ich muss eine Probe bestehen. Marie will meinen Hund, meinen geliebten Amos …

6) … unsere Eltern sich nur noch streiten. Mama hat sich in einen anderen verliebt. Was soll denn nur werden? Wir wollen keinen neuen Papi. Wir wollen, dass Mama und Papa zusammenbleiben. Aber wenn Mama nur noch heult …?

2) … ich meinen Vater suche. Mama erzählt mir ja nichts von ihm. Ich werde Oma fragen. Oma geht es nicht gut. Sie lebt nicht mehr bei uns, sondern in einem Heim. Ich habe sie lange nicht besucht …

7) … ich so Hunger habe. Und da ist dieser Brezelstand … Ich greife zu. Und dann muss ich rennen! Ein fremder Junge hilft mir und wir teilen die Beute. Später ist da dieser kleine Hund. Er läuft mir nach. Ich mag ihn. Papa meint, ich darf ihn nicht behalten. Er gehört ja schon wem …

3) … ich so wütend bin, so wütend! Da sind diese beiden großen Jungen. Sie haben mich übel gemobbt. Ich will mich rächen. Ich locke sie zu einem Schuppen, bis aufs Dach. Da sind diese morschen Bretter … 4) … ich an einem Wettbewerb teilnehme. Wenn ich so wie „Princess G.“ aussehe und ihr Lied singe, kann ich gewinnen. Aber eigentlich würde ich lieber mein eigenes Lied singen. Es ist ein Liebeslied für Hendrik, den jungen Assistenten des Wettbewerbs … 5) … ich ein Baumhaus gebaut habe und es einweihen will, sonntags, wenn Mama und Papa Zeit haben. Aber Woche für Woche kommt etwas dazwischen. Sie arbeiten einfach immer! Und ich? Meine Schwester ist auch genervt …

8) … ich diesen Jungen mag, Naresh. Es heißt, er ist ein indischer Prinz. Da muss ich Eindruck machen! Ich habe eine Idee: Die Villa, wo Mama putzt! Die Besitzer sind verreist. Ich besorge mir den Schlüssel. Und lade Naresh ein, als würde ich da wohnen … 9) … Opa uns verbietet, mit dem Jungen aus dem Haus nebenan zu spielen. Der wäre nicht gut für uns. Opa hat gehört, dass sein Vater ein Dieb ist. Aber der Junge, der sieht so traurig aus. Und vielleicht stimmt das, was Opa gehört hat, ja gar nicht … 10) … ich diesen Hund so mag. Ich habe ihn aus dem Tierheim. Und dann kommt Marie und will ihn zurück. Er wäre ihr weggelaufen! Ich will es nicht glauben! Ich will nicht …

Aufgabe Bildet Tandems / Kleingruppen zu je einem Fallbeispiel. Welches der Zehn Gebote kann weiterhelfen – und wie? Stellt euer Beispiel und eure Lösung den anderen vor.

M 1.5 | Die Zehn Gebote

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Lehrer*innen-Info Die Zehn Gebote sind einerseits universell und auch unmittelbar einleuchtend (nicht töten, nicht stehlen, die Alten achten, Gott treu sein), andererseits aber auch kontextabhängig. Das Ehebrechen zum Beispiel: In alten Kulturen stand darauf die Todesstrafe; das hing vor allem damit zusammen, dass der Mann sicher sein wollte, dass das Kind, das seine Frau ihm gebiert, auch wirklich seins ist (heute gibt es dafür den Vaterschaftstest). Das Gebot, die Eltern zu achten: In alten Kulturen waren sie darauf angewiesen, dass ihre Kinder sie im Alter versorgen (heute gibt es dafür Rente und das soziale Netz). Das Gebot, den Namen Gottes nicht zu missbrauchen: In alten Kulturen war der Name durch ein magisches Band mit seinem Träger verbunden (heute glauben wir das nicht mehr). Trotzdem ist den genannten Geboten weiterhin ein guter Sinn abzugewinnen: Wenn Partner, die eine Familie gegründet haben, einander hintergehen, leiden alle Beteiligten. Ehrlichkeit und Vertrauen sind wichtig, auch wenn Beziehungen sich verändern. Wenn Menschen alt werden, behalten sie vor Gott ihre Würde – es ist wichtig, dass sie das auch spüren und leben können, insbesondere von den eigenen Kindern. Gottes Namen nicht zu missbrauchen, heißt auch: Keine Kriege im Namen Gottes, keine Gewalttat, keine Lüge. Sie können deduktiv vorgehen und den Schüler*innen solche Bedeutungen (Bedeutungswandlungen) im Durchgang durch die einzelnen Gebote erklären – oder induktiv: warten, bis die Schüler*innen sich stoßen und danach fragen.

Zu: 1 Der Schwerpunkt der gemeinsamen Arbeit soll darauf liegen, die Gebote auf eigene Fragestellungen zu beziehen. Dazu regt der einleitende Text auf M 1.5 an. Die Veranschaulichung mit Brausepulver und Sauerteig kann noch gesteigert werden: indem diese Bilder praktisch erprobt werden.

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Die Zehn Gebote | M 1.5

Zu: 2 Die zehn Fallbeispiele sind dem Kika-Film „Unsere Zehn Gebote“ entnommen (Gemeinschaftsproduktion mit der ev. und kath. Kirche). In Spielszenen mit rotem Faden (der Hund Amos) erleben Kinder im Alter von ca. 10 bis 15 Jahren Dilemma- oder Entscheidungssituationen, denen je eines der Gebote zugeordnet ist. Für die Arbeit im Klassenzimmer sehen wir vor: Die Kurztexte werden Partner- oder Kleingruppen übergeben. Diese leisten Detektivarbeit. Welches Gebot (die Gruppen erhalten auch M 1.6) könnte mit dieser Geschichte zu tun haben – und inwieweit? Die Zuordnung muss nicht zwingend der des Films entsprechen; Hauptsache, die Gruppen kommen zu schlüssigen Argumentationen und lernen das situationsabhängige Anwenden der konzentrierten Regeln. Alternativ kann der Film eingesetzt werden (erhältlich bei Ihrer Medienzentrale oder bei Matthiasfilm). Die Zuordnung der Gebote im Film ist: Szene 1: 1. Gebot* / Szene 2: 4. Gebot / Szene 3: 5. Gebot / Szene 4: 2. Gebot */ Szene 5: 3. Gebot / Szene 6: 6. Gebot / Szene 7: 7. Gebot / Szene 8: 9. Gebot / Szene 9: 8. Gebot / Szene 10: 10. Gebot *Szene 1 und 4 sind m. E. am wenigsten eindeutig. Bei 1 geht es darum, sich nicht von einem selbsternannten „Gott“ zum Opfer verleiten zu lassen; bei 4 eigentlich um das Bilderverbot (Doro soll „sie selbst“ sein, nicht eine Kopie; eine Art von „Namensmissbrauch“ steckt darin aber auch).


Die Zehn Gebote

M 1.6 Das erste Gebot Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

Das zweite Gebot Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.

Das dritte Gebot Du sollst den Feiertag heiligen.

Das vierte Gebot Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.

Das fünfte Gebot Du sollst nicht töten.

Das sechste Gebot Du sollst nicht ehebrechen.

Das siebte Gebot Du sollst nicht stehlen.

Das achte Gebot Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Das neunte Gebot Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.

Das zehnte Gebot Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat.

Aufgabe Es ist gut, einige sehr wichtige Texte einfach auswendig parat zu haben. Beratet zu zweit oder dritt, wie ihr euch die Zehn Gebote im Wortlaut merken könnt (abfragen, Karten beschriften, Puzzle …). – Und dann: Tut es!

M 1.6 | Die Zehn Gebote

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Lehrer*innen-Info In Bayern sind die Zehn Gebote Memorierstoff in Klasse 7. Aber auch, wo man nicht so weit gehen mag, das Auswendiglernen verbindlich zu machen, ist zu überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, den Schüler*innen einige wirklich lebenswichtige Worte aus der eigenen Tradition mit ins Leben zu geben, jederzeit abrufbar, wenn es einmal an Orientierung, Trost oder Sinn fehlt – oder auch, damit man sich an religiöser Praxis beteiligen kann. Laut bayerischem Lehrplan sind solche „Lebens-Texte“ Psalm 23 Das Vaterunser Das Apostolische Glaubensbekenntnis Die Zehn Gebote Das Doppelgebot der Liebe Das Lied „Komm, Heilger Geist“

• • • • • •

Ich persönlich finde es zusätzlich schön, dass ich die Weihnachtsgeschichte auswendig hersagen kann; und wichtig sind mir Jes 43,1, Psalm 91,11 f., Psalm 121, Psalm 139,5–14, Mt 11,28–31, Mt 12,20. Aber das ist dann je nach religiöser und ästhetischer Prägung sehr individuell. Nun ist es so, dass das Auswendiglernen vielen Kindern leicht fällt – solange sie Kinder sind, neugierig, wissbegierig und stolz, etwas zu können (mit einem Touch zum Wettbewerb). Später tun Schüler*innen sich damit wesentlich schwerer. Es hängt auch vom Lerntyp und von der Lernbiografie ab, ob ein solches Ansinnen in der Gruppe als Zumutung oder als Herausforderung aufgefasst wird. Wir setzen auf verlangsamtes und wiederholtes Lesen des Textes, darauf, dass er immer wieder neu zur Sprache und zu Bewusstsein kommt, durch Schreiben, Raten, Malen, Zeichnen, Übersetzen1, Rekonstruieren … Auch wenn am Ende nicht der perfekte auswendige Vortrag steht, so ist der Text von seinem Gehalt her doch gut im Gedächtnis verankert.

1 Besonders interessant, wenn in Ihrer Gruppe Schüler*innen mit verschiedenen Migrationshintergründen sind.

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Die Zehn Gebote | M 1.6

Wir machen zwei Vorschläge – ermutigen aber vor allem, dass die Schüler*innen selbst Ideen entwickeln, wie sie es anfangen könnten, die Gebote richtig gut zu verinnerlichen.

Hier eine Übertragung als Beispiel 1. Achte darauf, wem du dich anvertraust – Gott allein ist wirklich zuverlässig! 2. Berufe dich nicht auf Gottes Willen, wenn es in Wahrheit um deinen Willen geht. 3. Füge dich in den Rhythmus des Lebens: sechs Tage Alltag, am siebten Tag zur Ruhe kommen; das tut gut. 4. Als du klein warst, haben die Großen für dich gesorgt. Wenn sie einmal klein werden, sorge du für sie. 5. Habe Achtung (Respekt) vor dem Leben – töte nicht. 6. Habe Achtung (Respekt) vor festen Beziehungen; verletze sie nicht. 7. Habe Achtung (Respekt) vor dem Hab und Gut anderer; stiehl nicht. 8. Du sollst nicht schlecht über andere reden; lüge nicht. 9. Sei nicht neidisch auf das Hab und Gut anderer. 10. Sei nicht neidisch auf das Glück anderer.


Die Zehn Gebote

M 1.6a

Das erste Gebot

Das erste Gebot

Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

Ich bin …

Das zweite Gebot

Das zweite Gebot

Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.

Du sollst den Namen …

D

D

as dritte Gebot Du sollst den Feiertag heiligen.

as dritte Gebot Du sollst den Feier …

Das vierte Gebot

Das vierte Gebot

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.

Du sollst deinen …

D

as fünfte Gebot Du sollst nicht töten.

D

D

as fünfte Gebot Du sollst nicht …

D

as sechste Gebot Du sollst nicht ehebrechen.

as sechste Gebot Du sollst nicht …

Das siebte Gebot

Das siebte Gebot

Du sollst nicht stehlen.

Du sollst nicht …

Das achte Gebot

Das achte Gebot

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Du sollst nicht falsch …

Das neunte Gebot

Das neunte Gebot

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.

Du sollst nicht begehren …

D

as zehnte Gebot Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat.

D

as zehnte Gebot Du sollst nicht begehren …

Aufgaben 1.

Vervollständige die rechte Seite, zum Beispiel zuerst durch offenes Abschreiben, dann, indem du die linke Seite verdeckst oder wegknickst. 2. Entwickle zu jedem Gebot ein Symbol, ein Icon, ein Merkzeichen. Vergleicht eure Merkzeichen in der Gruppe. 3. Malt eure Zeichen auf Karten, legt sie verdeckt aus. Jede*r kommt abwechselnd mit Aufdecken dran – wenn er das Gebot aufsagen kann, das gemeint ist, nimmt er die Karte und darf noch einmal eine Karte aufdecken.

M 1.6a | Die Zehn Gebote

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Die Zehn Gebote

M 1.6 b

Das erste Gebot

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat.

Das zweite Gebot

Du sollst nicht töten.

Das dritte Gebot

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.

Das vierte Gebot

Du sollst nicht ehebrechen.

Das fünfte Gebot

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.

Das sechste Gebot

Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.

Das siebte Gebot

Du sollst den Feiertag heiligen.

Das achte Gebot

Du sollst nicht stehlen.

Das neunte Gebot

Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

Das zehnte Gebot

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Aufgabe 1.

Gebote und Nummerierung sind leider durcheinandergeraten. Ziehe Verbindungslinien, so wie es deiner Meinung nach passt. Nimm lieber einen Bleistift, falls du später beim Vergleichen mit M 1.5 merkst, dass es nicht ganz stimmt … 2. Findet eigene Wörter oder Umschreibungen für folgende schwere Begriffe: Begehren Falsch Zeugnis reden Einen Menschen ehren Ehebrechen Den Feiertag heiligen Gottes Namen missbrauchen

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Die Zehn Gebote | M 1.6 b


Das Doppelgebot der Liebe – Geist aller Gebote

M 1.7

1 Jesus erzählte: Ein Mann war auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho und fiel unter die Räuber.

Jesus: Was ist das wichtigste Gebot? Immer wieder fragten Menschen

Als er da lag, hilflos und verletzt in der heißen Sonne, kamen drei Wanderer des Weges, einer nach dem anderen. Zwei sahen ihn – und gingen vorbei. Der Dritte sah ihn mit dem Herzen. Das rettete ihn. Und Jesus sagt: Wer auf sein Herz hört wie der Samariter: Sich selbst und den anderen tut er gut – und damit ehrt er Gott. Nach Lukas 10,27–35

2 Das Mädchen Zoe besucht Bessie, eine kranke Nachbarin. Bessie hat schon Besuch, einen alten Mann, den sie als „Padre“ vorstellt (das ist ein Pfarrer). Bessie: Zoe: Padre: Bessie: Padre: Zoe: Padre: Bessie: Padre: Zoe: Padre:

Der Padre kommt mit seiner Predigt nicht voran. Sind Sie Prediger? Offenbar nicht. Jedenfalls kein guter. Die Gemeinde beschwert sich, er würde jeden Sonntag dasselbe predigen. Und im Grunde haben sie ja recht. Sie sagen jede Woche dasselbe? So ziemlich. Ich sage ihm immer, er soll nicht damit aufhören, bis sie auf ihn hören. Mrs Wilson findet, ich höre mich an wie eine Schallplatte mit einem Sprung … Und was ist es, was Sie jeden Sonntag sagen? Dass wir Gott lieben sollen und einander. Darum dreht sich alles.

Clay Carmichael

Aufgaben Zu 1: Hat Jesus die Frage nicht richtig verstanden? Warum erzählt er, anstatt zu antworten, barmherzigen Samariter? Und was will er damit sagen? die Geschichte vom Sprecht darüber in Kleingruppen und notiert eure Gedanken auf einem Plakat. Zu 2: Zoe gibt dem Padre einen Rat: das Gleiche sagen, aber jedes Mal anders … Schlage im Schlüsselwörterverzeichnis das Doppelgebot der Liebe nach. Überlege, wie der Padre es „anders“ sagen könnte. Beschriftet Sprechblasen für ihn.

M 1.7 | Die Zehn Gebote

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Lehrer*innen-Info Thema dieser Seite ist das Doppelgebot der Liebe. Es ist in Jesu Augen die Summe und der Inbegriff aller einzelnen Gebote. Wer achtsam und offen durch die Welt geht, dem sagt sein Herz, was zu tun ist, und er/sie tut es. Dafür steht die Geschichte vom Samariter. Was Jesus auch sonst immer wieder deutlich macht, ist dies: Die wahre Güte eines Menschen wird nicht durch Regelkataloge erzeugt – sie kommt von innen. Der liebevolle Blick, das mitleidige Herz – Dinge, die man nicht „machen“ und nicht „leisten“ kann, aber einüben. Darum haben wir in der Überschrift vom „Geist“ der Gebote gesprochen. Andere Bezeichnungen wären sicherlich leicht zu finden.

Vielleicht machen Sie mit der Gruppe Achtsamkeitsübungen: Ein möglichst leerer Raum, verdunkelte Fenster, Kerzen, ein Gong. Jede*r bekommt eine Matte (ein Sitzkissen) und sucht sich einen Platz. Sitzen, Augen schließen, dem eigenen Atem nachspüren. Der Gong wird angeschlagen – lauschen, bis er ganz verklingt. Leise Musik, den Oberkörper bewegen … Dem Atem nachspüren, in den Körper hineinhorchen. Traumreise. Gemeinsam summen und singen, lauter und leiser: „Laudate omnes gentes …“ Vorbeten (und wer will, fällt ein): Der Herr ist mein Hirte … Und/oder: Spaziergang in der Umgebung der Schule. Die Schüler*innen gehen einzeln, schweigend und achtsam. Sie „notieren“ im Kopf, was sie wahrnehmen, was ihnen auffällt. Merken – nicht aufschreiben. Später im Klassenraum: Austausch über das Bemerkte. Ein solcher Spaziergang sollte in Abständen wiederholt werden.

Zu: 1 Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25–37) geht einen Schritt weiter: Sehen, Mitgefühl haben – Handeln. Die Erarbeitung (gemäß Aufgabe 1) kann ergänzt werden durch die Sichtung verschiedener Kinder-, Jugendbibeln: Wie wird die Geschichte nacherzählt? Und vor allem: Wie ist sie illustriert? Die Schüler*innen vergleichen, welche Ausschnitte der Geschichte dargestellt werden

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Die Zehn Gebote | M 1.7

(Überfall – Ankunft des Retters – Versorgung der Wunden – Weiterziehen mit dem Verletzten auf dem Esel …) Die Schüler*innen entscheiden sich für „ihren“ Ausschnitt – und planen eine Gestaltung (Collage, Standbilder, Pantomime – erst spielen, dann „einfrieren“).

Zu: 2 Der Dialog – so bescheiden im Umfang wie der Padre in Bezug auf seine Wirkung - – Sie sollten ihn mehrmals mit verteilten Rollen lesen lassen, gut lesen lassen, langsam und mit Rollenidentifikation. Was sind das für Personen, die sich da unterhalten? Was ist ihnen wichtig? – Nehmen Sie sich Zeit und geben Sie den Schüler*innen Zeit, sie kennenzulernen, sich in sie hineinzufühlen. Führen Sie eine Sympathie-Abstimmung durch und lassen Sie die Positionen vergleichen. Zur Bearbeitung der Aufgabe halten Sie bitte große leere „Sprechblasen“ bereit, die die Schüler*innen beschriften können.

Tipp Die Schüler*innen benötigen das Schlüsselwörterverzeichnis (Gleichnis vom barmherzigen Samariter, Doppelgebot der Liebe); eine freie Erzählung des Gleichnisses gibt es zum Download.


SCHLÜSSELWÖRTER · Die Zehn Gebote

Barmherziger Samariter Gleichnis Jesu. Im Evangelium des Lukas (Lk 10,25–37). Auf die Frage nach den Grenzen der Nächstenliebe (Mitmenschlichkeit), die das Doppelgebot der Liebe fordert, erzählt Jesus die Geschichte eines Mannes, der unter die Räuber fiel und schwer verwundet liegen blieb. Zwei, die ihn liegen sahen, gingen vorbei. Der Dritte sah ihn, hatte Mitleid („erbarmte sich“) und rettete ihn. Dieser war ausgerechnet ein Samariter, das bedeutet: ein Ausländer, ein Fremder. Mit diesem Nachtrag macht Jesus deutlich: Nächstenliebe überschreitet Grenzen, ist grenzenlos. Jeder Mensch ist ein Mitmensch. Wer ein empfindsames Herz hat, lässt sich von Mitmenschlichkeit leiten. Der tut das Nötige; das, was in Gottes Augen richtig ist.

Doppelgebot der Liebe Verhaltens-Maßstab des jüdischen und christlichen Glaubens. Von Jesus so auf den Punkt gebracht: „Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit deinem ganzen Verstand! … und: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.“ (Mt 22,37 und 39 nach 5 Mose 6,5 und 3 Mose 19,18) „Lieben“ bedeutet hier: achten und wichtig nehmen; an die erste Stelle stellen.

Mose Biblischer Befreier des Volkes Israel aus der Gefangenschaft in Ägypten. Gesetzgeber. Im zweiten Buch Mose wird erzählt: Der Auszug des Volkes aus Ägypten führt durch die Wüste und an den Gottesberg Sinai. Dort erhält Mose von Gott die Zehn Gebote und viele Anweisungen für das künftige Zusammenleben im Gelobten Land.

Schlüsselwörter

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SCHLÜSSELWÖRTER · Die Zehn Gebote

Wüste/Wüstenwanderung Gemeint ist ein großer Teil der biblischen Mose-Erzählungen: Nach dem Aufbruch aus Ägypten zieht das Volk Israel durch die Wüste. Unterwegs ins Gelobte Land hat es viele Strapazen zu bestehen: Hunger und Durst, kriegerische Überfälle, Angst und Streit. Im 2. Buch Mose wird erzählt: Gott selbst begleitet sein Volk: des Tags in einer Wolkensäule, des Nachts in einer Feuersäule. Die Wüstenwanderung soll vierzig Jahre lang gedauert haben (diese symbolische Zahl bedeutet einerseits eine Zeit der Besinnung, andererseits auch ein Menschenleben).

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Schlüsselwörter


Sag-mal-Comic 1: Lehrer*innen-Info

Die Szene, die hier zu sehen ist, spielt vor der Schule, vor dem Unterricht, und dann im Klassenzimmer. Draußen treffen sich Maxi und Murat. Maxi ist stinksauer. Er erzählt, dass er Ärger mit seinem Vater hat. Ein alltägliches Thema: PC-Zeiten. Maxi hat seinen Vater betrogen. Er hat die Nacht durchgezockt, obwohl es eine anderslautende Abmachung gibt. Er argumentiert (wohl nicht ganz ernsthaft) mit einer Spitzfindigkeit: Verabredet sei 1 Stunde am Tag – er hat aber nachts gespielt, und „… über Nächte haben wir nicht gesprochen.“ Murat bleibt ganz gelassen. Und dann beginnt er, Maxi zu kritisieren. Erst indirekt: Er zitiert seinen Opa und was der von Ehrlichkeit weiß. Dann auch direkt: Maxi spricht abfällig von seinem Vater; in Murats Augen gehört sich das nicht („Dein Vater verdient Respekt.“)

sich tatsächlich wieder auf den Opa (und hält das für ein Gütesiegel). Hier werden verschiedene Wertesysteme erkennbar: Autorität durch Lebenserfahrung auf der einen Seite (traditionell); Vorrang dessen, was „in“ ist, „angesagt“ ist, Spaß macht – ohne Rücksicht auf Autoritäten („modern“?). Berührt werden unausgesprochen zwei der Zehn Gebote: Eltern ehren / ehrlich sein („Du sollst nicht falsch Zeugnis reden …“). Im Klassenzimmer sitzt Paula mit ihrem ReliBuch. Sie soll die Zehn Gebote auswendig lernen und kriegt es nicht hin. Maxi und Murat sprechen sie an. Da Maxi auch in Paulas Reli-Gruppe ist, fragt sie ihn, wie weit er mit dem Lernen sei. Er scheint keine Ahnung zu haben, was sie meint, und Murat bemerkt, Maxi habe gerade keinen Kopf für irgendetwas anderes als Zocken …

Maxi vermutet, dass auch diese Weisheit vom Opa kommt (und damit fragwürdig sei); Murat beruft

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Hier taucht im Hintergrund ein Werte-Konflikt auf: Wie viel Raum in meinem Leben gebe ich meinen Hobbys, der Schule, dem PC, den Freunden usw.? Passt das Verhältnis? Wird vielleicht eine Sache übermächtig? Wird vielleicht das PC-Spiel zu meinem „Gott“? (Luther: Woran du dein Herz hängst, das ist in Wahrheit dein Gott). Hier ist das 1. Gebot angesprochen.

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Die Zehn Gebote | Zum Comic

Die Schüler*innen könnten versuchen zu klären, warum Murat Maxi kritisiert – nach welchen Normen er sich richtet. Vielleicht kommt der eine oder die andere auf die Gebote zu sprechen. Sie könnten auch merken, dass Maxis Spielverhalten Folgen hat (er kann seine Hausaufgabe nicht) – und die Frage stellen, was wichtig ist im Leben. Krönen Sie die Diskussion, indem Sie Luthers GottesDefinition an die Tafel schreiben …



Das Komplettangebot für einen zeitgemäßen, kompetenzorientierten Religionsunterricht Die Reihe Freiräume – Praxisfertige Materialien und Unterrichtshilfen für den evangelischen Religionsunterricht an Mittelschulen folgt einem flexiblen Konzept und bietet zugleich ein ausgewogenes Unterrichtsprogramm für ein ganzes Schuljahr. Grundlage ist der LehrplanPLUS für den evangelischen Religionsunterricht an Mittelschulen in Bayern. Die Themen und Materialien sind dabei so aufbereitet, dass sie flexibel einsetzbar sind und leicht an individuelle Gruppen und Leistungsstände angepasst werden können. ➡ Praktische, gebrauchsfertige Materialien für Mittelschulen und vergleichbare Schulformen ➡ Umfangreiche Hinweise, Kommentare und Tipps für Lehrerinnen und Lehrer ➡ Ganzheitliche und kreative Impulse ➡ Digitale Zusatzmaterialien

Martina Steinkühler ist als Theologin und Religionspädagogin in der Aus- und Fortbildung tätig. Sie war Professorin für Religions- und Gemeindepädagogik an der Evangelischen Hochschule in Berlin und lehrt derzeit am Institut für Evangelische Theologie in Regensburg.

www.claudius.de


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