Magic Mag Herbst 2021

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Das Magazin für Stadt und Land / Crailsheim

CRAILSHEIM In der Johannesk irche schlummern Kunst schätze Foto: Stadt Crailsh

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EIN DÜRER IN CRAILSHEIM Schon lange beschäftigen sich Kunstliebhaber und Kunsthistoriker mit dem Altar der Crailsheimer Johanneskirche, der Ende des 15. Jahrhunderts entstanden ist und in farbenprächtigen Bildern das Leben und die Passion Johannes des Täufers und das Sterben Christi darstellt. Im Mai 2021 hat eine Pressemeldung der dpa eine deutschlandweite Nachrichtenflut ausgelöst: „Dürer-Bild auf Altar in Crailsheim entdeckt“. Anfragen von Rundfunkanstalten, Tageszeitungen und wissenschaftlichen Instituten gingen daraufhin beim Crailsheimer Stadtarchiv ein. Was war geschehen?

Das Ganze hat eine Vorgeschichte: Das Stadtarchiv Crailsheim hatte 2016 gemeinsam mit der Evangelischen Johanneskirchengemeinde und dem Crailsheimer Historischen Verein eine Tagung zum Altar veranstaltet. Zur Tagung wurden mehrere Expertinnen und Experten eingeladen, es sollte geklärt werden, ob sich der Crailsheimer Altar in die Werkstatt Michael Wolgemuts einordnen ließe. Dies war seit 24

der Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder vorgeschlagen worden. Überraschend war jedoch am Ende der Tagung, dass nicht nur die Herkunft aus der berühmten Nürnberger Werkstatt bekräftigt wurde, sondern auch „die Dürer-Frage“ erneut gestellt wurde. Diese wurde bereits 1928 anlässlich des 400. Todestages von Albrecht Dürer diskutiert. Der Crailsheimer Altar wurde damals sogar nach Nürnberg in das

Dr. Helga Steiger aus dem Stadtarchiv verweist auf das mögliche Dürer-Bild Foto: Stadt Crailsheim

Germanische Nationalmuseum transportiert. Es sollte untersucht werden, ob eine Beteiligung Dürers während seiner Gesellenzeit bei Michael Wolgemut möglich schiene. Damals fiel die Bewertung negativ aus. Als Ergebnis der Crailsheimer Tagung wurde jedoch von sämtlichen Referenten festgehalten, dass der Altar um 1490 entstanden sein musste. Dazu wurden zahlreiche Vergleichsbeispiele angeführt. Und diese stammten meist aus der Wolgemut-Werkstatt. Um 1490 war jedoch auch Dürer als Lehrling in der Wolgemut-Werkstatt tätig. Und tatsächlich gibt es auf dem Altar Manches, was innovativer ist und sich nicht der Werkstatt-Tradition zuordnen lässt. Dieses Ergebnis der Tagung ist im Aufsatzband, der im September 2020 in der Johanneskirche vorgestellt wurde, festgehalten.

Anlässlich des 550. Geburtstags von Dürer am 21. Mai dieses Jahres ist der Kunsthistoriker Manuel Teget-Welz von der Universität Erlangen nun einen Schritt weitergegangen. Er hat die Figur des Henkers in der Szene „Gastmahl des Herodes“ aufgrund von Vergleichen mit Dürers frühen Werken diesem direkt zugeschrieben. Auch Matthias Weniger vom Bayerischen Nationalmuseum München ist schon einige Zeit von der Beteiligung Dürers überzeugt. Daraufhin entstand die Pressemeldung der dpa – und binnen Stunden explodierte die Zahl der Fundstellen auf den gängigen Internet-Suchmaschinen. Der Altar der Johanneskirche kann unter anderem im Rahmen von öffentlichen Stadtführungen besucht werden. Infos unter: www.stadtarchiv-crailsheim.de pm


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