ESV Leseprobe – Frenz (Hrsg.), Klimaschutzrecht

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Leseprobe, mehr zum Werk unter ESV.info/978-3-503-20686-5

Zweck des Gesetzes

§ 1 KSG

peratur auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, bildet die notwendige Konkretisierung des international auszurichtenden Klimaschutzgebots nach Art. 20a GG. Das wird gerade dadurch unterlegt, dass § 1 Satz 3 die international vereinbarte Temperaturschwelle des Art. 2 Abs. 1 lit. a) des Pariser Klimaabkommens bewusst und ausdrücklich zugrunde legt.4 Zugleich wird damit umgekehrt der besondere Zusammenhang zu dem Klimaschutzgebot des Art. 20a GG betont.5 Dadurch entsteht eine Wechselwirkung. Der Bezug auf das Pariser Klimaabkommen in § 1 schlägt die Brücke zum völkerrechtlichen Klimaschutz, den auch das BVerfG heranzieht, vor allem wenn es um die Berechnung des Deutschland noch zur Verfügung stehenden CO2-Restbudgets geht.6 Indem das BVerfG dabei auf das Pariser Klimaabkommen und den Bericht des IPCC zur näheren Bestimmung der Berechnung des auf Deutschland entfallenden CO2-Budgets zurückgreift, wird das Völkerrecht implementiert. Aus der internationalen Dimension des Klimaschutzgebotes folgt dann praktisch auch die Wahrung des Klimavölkerrechts und der auf seiner Grundlage entstandenen Dokumente.

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Nur wegen der bestehenden Unsicherheiten über die zur Wahrung der Temperaturschwelle global und national verbleibenden Emissionsmöglichkeiten wird die unter Abstützung auf den IPCC-Bericht ermittelte Budgetgröße des Sachverständigenrates für Umweltfragen nicht als zahlengenaues Maß für die verfassungsgerichtliche Kontrolle herangezogen7 und damit noch nicht rechtlich verbindlich gemacht, wohl aber faktisch und im Ansatz zugrunde gelegt, so bei der Berechnung der Erschöpfung des deutschen CO2-Restbudgets bis 2031.8 Bereits jetzt ist diese Berechnung zu berücksichtigen.9 Verschwinden die bestehenden Unsicherheiten, handelt es sich um den rechtlich verbindlichen Maßstab. Der nunmehrige IPCC-Bericht vom 09. 08. 2021 weist dabei die Gefahren für das Klima durch den inzwischen weiter beschleunigten Temperaturanstieg wesentlich deutlicher aus und beklagt irreversibel eingeleitete Entwicklungen wie das Ansteigen des globalen Meeresspiegels. Der Temperaturanstieg lässt sich kaum mehr auf 1,5 Grad Celsius begrenzen. Selbst das 2-Grad-Ziel lässt sich nur noch mühevoll erreichen, nämlich dann, wenn in den kommenden Jahrzehnten drastische Reduktionen der CO2- und anderer Treibhausgasemissionen erfolgen. UN-Generalsekretär Guterres be-

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BVerfG, Beschl. v. 24. 03. 2021 – 1 rs20210324.1bvr265618, Rn. 210. BVerfG, Beschl. v. 24. 03. 2021 – 1 rs20210324.1bvr265618, Rn. 210. BVerfG, Beschl. v. 24. 03. 2021 – 1 rs20210324.1bvr265618, Rn. 218 ff. BVerfG, Beschl. v. 24. 03. 2021 – 1 rs20210324.1bvr265618, Rn. 236 a. E. BVerfG, Beschl. v. 24. 03. 2021 – 1 rs20210324.1bvr265618, Rn. 246. BVerfG, Beschl. v. 24. 03. 2021 – 1 rs20210324.1bvr265618, Rn. 229, 237.

BvR 2656/18 u. a., ECLI:DE:BVerfG:2021: BvR 2656/18 u. a., ECLI:DE:BVerfG:2021: BvR 2656/18 u. a., ECLI:DE:BVerfG:2021: BvR 2656/18 u. a., ECLI:DE:BVerfG:2021: BvR 2656/18 u. a., ECLI:DE:BVerfG:2021: BvR 2656/18 u. a., ECLI:DE:BVerfG:2021:

Frenz

Aus: Prof. Dr. jur. Walter Frenz (Hrsg.), Klimaschutzrecht. EU-Klimagesetz, KSG Bund und NRW, BEHG, Steuerrecht, Querschnittsthemen. Gesamtkommentar © Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2022

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