küche + architektur 2-2020

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DATEN + fakten

Ausgebremst im vollen Lauf Wichtig: Der Blick auf die Zeit danach

Konnte Jan Kurth als Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie e.V. und der Verbände der Holz- und Möbelindustrie Nordrhein-Westfalen e.V. im Februar 2020 für die Gesamtbranche im vergangenen Jahr noch von einer „Konsolidierung auf hohem Niveau“ berichten, ist momentan jede Prognose für das laufende Jahr wegen der unabsehbaren Auswirkungen der Corona-Krise auf die Konjunktur insgesamt und die Produktionsabläufe obsolet.

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art getroffen ist auch die deutsche Küchenvom Verlauf und von der Dauer der Krise ab. Aber möbelindustrie, deren Konjunktur zur Staes wäre naiv zu glauben, dass hier keine Bremsspuren bilisierung der Lage der Möbelindustrie im bleiben werden. vergangenen Jahr erneut beigetragen habe, mit einem Anstieg der Erlöse in 2019 um 2,82 Prozent im VerDer Worstcase für viele Industrieunternehmen gleich zum Vorjahr. Dabei zeugte die Exportquote ist die temporäre Schließung des Unternehmens von überdurchschnittlichen 41,8 Prozent bei einem wegen der Infizierung einer oder mehrerer PerAnstieg der Exportumsätze um 6,2 Prozent auf 2,1 sonen durch das Virus: Welche Maßnahmen Mrd. Euro vom guten Ruf der Küchenmöbel Made in empfehlen Sie betroffenen Unternehmen? Germany. Jan Kurth: In dieser dramatischen Krise mit täglich Mit Blick auf das Jahr 2020 zeigten die Zahlen des inwechselnden Informationsständen konnten wir uns ternen Auftragspanels des Verbands der Deutschen bis vor kurzem als Worstcase-Szenario auch eine Küchenmöbelindustrie (VdDK e.V.), dass die Orders Jan Kurth, Geschäftsführer komplette Schließung des Möbelhandels nicht vornach den Herbstmessen spürbar anstiegen. Bis ein- des Verbands der Deutschen stellen. Dies ist mittlerweile eingetreten und dadurch schließlich Dezember lag der Auftragseingang wert- Möbelindustrie und der der Absatz unserer Produkte ausgebremst. Defacto mäßig um 5,11 Prozent über dem des Vorjahres. Das Herforder Möbelverbände kommt es in Folge dieses Stillstandes schon zu komAuftragsvolumen aus dem Ausland stieg dabei mit 6,3 pletten Produktionsstopps in den Unternehmen. Dies Prozent deutlicher als das im Inland mit 4,2 Prozent. kommt defacto einer Betriebsschließung gleich. Wir sprachen mit Jan Kurth über seine Einschätzung der Auswirkun- Hinzu kommen erschwerend die aufgrund der Maßnahmen zur Eingen der gegenwärtigen Situation auf die in den von ihm vertretenen dämmung des Virus unterbrochenen Lieferketten, die ebenso zu einer Verbänden organisierten Unternehmen mit ihren rund 84.400 Mitar- zeitweiligen Einstellung der Produktion führen können. beiterinnen und Mitarbeitern. Die unterbrochenen Lieferketten – anfänglich aus China und danach zunehmend aus Italien und Osteuropa – haben in den vergangenen Herr Kurth, als Geschäftsführer des VDM sowie der Verbän- Wochen die Produktion unserer Unternehmen erschwert. Unter den de Holz und Möbel NRW und damit auch des VdDK stehen Sie aktuellen Bedingungen und angesichts der Anpassungsmaßnahmen, mit Ihren Mitgliedsunternehmen sicherlich in regem Kontakt. die einige Unternehmen schon getroffen haben, scheint mir dies aktuWie beurteilen Sie die derzeitige Lage der von Ihnen repräsen- ell nicht mehr das gravierendste Problem zu sein. tierten Branchen und wie schätzen Sie die Auswirkungen der Pandemie für die von Ihnen repräsentierten Industrien mittel- Die Regierung hat in der Coronavirus-Krise milliardenschwere Liquiditätshilfen für Firmen angekündigt. Damit sollen Unterfristig ein? Jan Kurth: Die aktuelle Lage ist für die Möbelindustrie – wie in vie- nehmen und Arbeitsplätze geschützt werden. Inzwischen hat len anderen Wirtschaftsbereichen auch – tatsächlich sehr ernst. Dies das Parlament im Schnellverfahren und einstimmig die Erheißt nicht, dass wir Panik verbreiten müssen, jedoch bedeuten insbe- leichterung von Kurzarbeit für Unternehmen beschlossen, die sondere die landesweiten Schließungen des Möbelhandels einen ab- wegen der Corona-Krise gefährdet sind. Mit dem Gesetz werrupten Stopp unseres Hauptabsatzkanals. Dies ist umso gravierender, den befristet bis Ende 2021 die Hürden für Kurzarbeit gesenkt. als die meisten Unternehmen bis einschließlich der KW 11 noch ver- Inwieweit können diese Maßnahmen der produzierenden Ingleichsweise gute Auftragseingänge hatten und wir uns derzeit in der dustrie weiterhelfen? möbelstarken Phase des Jahres befinden. Wir bremsen also quasi von Jan Kurth: Die Maßnahmen der Regierung, die tatsächlich sehr schnell 80 oder 90 auf 0 herunter. Was die mittelfristigen Auswirkungen der auf den Weg gebracht worden sind, sind sicherlich eine gute HilfestelPandemie auf unsere Branche angeht, so kann man diese seriöserwei- lung in der Krise. Manche Instrumente haben sich ja bereits im Zuge se derzeit noch nicht wirklich einschätzen. Dies hängt entscheidend der Finanzkrise bewährt. Hierzu zählt auch die aktuelle Kurzarbei8 | küche + architektur


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