küche + architektur 2-2020

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Editorial

Nie war Unternehmertum gefragter …

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orona-Krise 2020 – zahlreiche Handelsunternehmen mussten vorübergehend schließen. Der HDE schätzt, die Summe der täglich verlorenen Umsätze liege bei rund 1,15 Milliarden Euro. Wer seine Geschäftsräume sein eigen nennt, muss sich ­zumindest keine Sorgen machen, wie er die Gewerbemiete finanzieren soll. Inwieweit staatliche Liquiditätshilfen und Kurzarbeit Schlimmeres verhindern können, ist derzeit noch nicht absehbar. Betroffen ist nahezu jedes Gewerk, jedes Gewerbe. Auch Küchen- und Möbelhandel und das Sanitärhandwerk sind in Mitleidenschaft gezogen. Die Showrooms und Studios blieben in den meisten Bundesländern geschlossen. Jedoch durfte bereits gekaufte Ware unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen ausgeliefert und montiert werden. Nicht jeder Endverbraucher lässt diesen Service zu. Gerade ältere Menschen, so berichten uns Küchenund Badprofis, verschieben die Montage ihrer neuen Küche oder die Sanierung ihres Badezimmer auf „nach der Krise“. Eine genaue Definition für diesen Zeitraum gibt es nicht. Was der Liquidität der Fachbetriebe nicht gerade dienlich ist. Dennoch zeigen sich die Fachbetriebe, mit denen wir in der letzten Woche sprechen konnten, positiv der Zukunft zugewandt. Aufträge, die abgearbeitet werden können, werden ausgeführt. Kontakt zu seinen Kunden hält man via Mail und Telefon. Über die eigene Web-Site, Facebook und Instagram verweist man nicht nur auf seine Leistungsfähigkeit, sondern versendet Ostergrüße, angereichert mit Rezepten aus dem eigenen Repertoire und unterstreicht: „Wir sind weiter für Euch da!“ Die meisten unserer Gesprächspartner konnten im Übrigen auch während der Krise Aufträge generieren. Einige ihrer Kunden ziehen Investitionen ins eigenen Heim vor, weil sie eine Rezession befürchten. Andere nutzen die Zeit des Lockdown und setzen sich mit ihrer Einrichtung auseinander, um diese neu zu gestalten, so hören wir von unseren Gesprächs-

partnern. Und da wäre natürlich noch der Neubau. Laut statistischem Bundesamt wurden alleine im Januar in neu zu errichtenden Wohngebäuden rund 23 900 Wohnungen genehmigt. Dies waren 0,8 % oder knapp 200 Wohnungen mehr als im Vorjahresmonat. Aber wie berät man am besten, wenn das haptische und optische Prüfen und Erleben der Beschaffenheit von Materialien und Produkten gerade einmal nicht möglich ist? Bemustert wurde teilweise im Freien, unter Einhaltung des vorgeschriebenen Abstands zwischen Berater und Kunden. Andere Küchenprofis sahen sich um 30 Jahre zurückversetzt, als man noch mit zwei, drei Musterfronten unter dem Arm zu den Kunden nach Hause fuhr. Alles abhängig davon, was an Kontaktmöglichkeit in dem entsprechenden Bundesland erlaubt ist. Ein Heizungs- und Sani­ tärunter­nehmen plant die neue Heizung seiner Kunden per Video-Chat, in dem er sich den Heizungskeller via Handy zeigen lässt. Ein Badspezialist berichtet, seine Beraterplätze bereits mit Plexiglaswänden ausgestattet zu haben, denn wenn es wieder losgeht, sollen sich seine Kunden bei ihm sicher fühlen. Allen Unternehmern ist klar, dass die CoronaKrise ein deutliches Umsatzminus mit sich bringt. Beziffert wird dies von den meisten mit zwischen 30 und 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch gewinnen wir während unserer Gespräche nicht den Eindruck einer tiefen Depression. Vielmehr treffen wir auf Unternehmen mit Umsicht, Weitblick und Zuversicht, gepaart mit dem Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit und in die ihrer Industriepartner, die sie zur Zeit nicht nur durch ihre Lieferfähigkeit unterstützen. „Nie war Unternehmertum gefragter“, darin sind sich alle einig, ob Küchenspezialisten, Einrichter oder Badprofis. „Auch wenn wir jetzt mit wirtschaftlichen Einbußen rechnen müssen, glauben wir, dass die Menschen sich künftig wieder mehr auf ihr eigenes Zuhause besinnen werden und das sollte doch für jeden so schön und komfortabel wie möglich sein.“

Yvonne Davy Chefredakteurin

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