RATGEBER | GEWÄHRLEISTUNGSCHECK
Vor Fristablauf prüfen Das neue Haus ist fertig, die Abnahme erfolgt. Nun kann der Umzugswagen rollen und der Einzug in die eigenen vier Wände steht an. Die Wege mit der Baufirma trennen sich – doch für immer? Die Bauherrenberaterin und Diplom-Ingenieurin Evelyn Wernecke gibt Tipps.
it Abnahme des Hauses und dem Besitzübergang beginnt gleichzeitig die fünfjährige Gewährleistung. Für den Hauseigentümer bedeutet dies: Er muss beweisen, dass ein eventuell in der Gewährleistungszeit auftretender Mangel auf bereits während der Bauphase nicht fachgerecht ausgeführte Arbeiten zurückzuführen ist. Vor der Abnahme liegt die Beweislast beim Auftragnehmer. Nach der Abnahme hingegen dreht sich die Beweislast um und liegt beim ehemaligen Auftraggeber. Wichtig ist aus diesem Grund, die Abnahme gut vorzubereiten. Bauherren sind meist baufachliche Laien und nur bedingt in der Lage, Mängel als solche zu erkennen und Beseitigung einzufordern. Sie sollten sich nicht nur bei der Abnahme, sondern bereits während der gesamten Bauphase unabhängig beraten und unterstützen lassen, wie es beispielsweise der Bauherren-Schutzbund mit seinen Bauherrenberatern und Vertrauensanwälten anbietet. Bei der Abnahme sollte sich der Bauherr alle ihm bekannten Mängel vorbehalten, da er ansonsten seine Mängelrechte – bis auf den Schadens- und Aufwändungsersatz – verliert. Dazu sind die bekannten Mängel im Abnahmeprotokoll aufzulisten. Ratsam ist außerdem, eine Frist zur Mangelbeseitigung in das Abnahmeprotokoll aufzunehmen. Es kann also VHLQ GDVV PDQ GLH %DXÀ UPD VHKU VFKQHOO
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EVELYN WERNECKE Bauherrenberaterin, des Bauherren-Schutzbund e.V., Region Erfurt
Mangel oder Abnutzung? Jeder Bauherr wünscht sich, dass er ein mangelfreies Objekt erhält, ohne Stress und Ärger in seinem Haus wohnen kann. Doch nach der Abnahme und Beseitigung aller Mängel kann es jederzeit passieren, dass in der Gewährleistungszeit Veränderungen am Haus sichtbar werden. Ist das eine normale Abnutzung oder sind es Mängel, die sich der ehemalige Auftragnehmer zurechnen lassen muss? Wer soll das als Laie beurteilen? Deshalb ist empfehlenswert, nicht im Alleingang vorzugehen und in jedem Fall einen Fachmann oder eine Fachfrau zu Rate zu ziehen. Oftmals werden zum Beispiel Risse in Silikonfugen als Mangel betrachtet. Diese stellen jedoch so genannte Wartungsfugen dar. Wurden sie richtig ausgeführt und zum richtigen Zeitpunkt erstellt, gehören solche Rissbildungen eher zur normalen Abnutzung. Liegt ein Mangel vor, muss dieser umgehend angezeigt und zur Mangelbeseitigung aufgefordert werden. Eine Fristsetzung ist hier sinnvoll. Erfahrungsgemäß sind ehemalige Auftragnehmer schnell dabei, angezeigte Mängel als nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallend abzutun. Beharrlichkeit ist daher gefragt. Je fundierter und fachlich gut begründet eine Mangelanzeige
ist, umso größer sind die Chancen sich durchzusetzen. Wie gesagt, die Beweislast liegt beim Hauseigentümer.
Rechte nicht verschenken Ein Gebäudecheck vor Ablauf der Gewährleistung macht Sinn, um Mängelrechte nicht zu verschenken. Der Bauherren-Schutzbund bietet das für seine Mitglieder an. Ein Fachmann nimmt das Gebäude rechtzeitig und gründlich unter die Lupe, untersucht es auf vorhandene Mängel. Der Eigentümer kennt seine Immobilie am besten. Er bringt all das ein, was ihm aufgefallen ist. Der BSB-Experte prüft fachmännisch und fügt hinzu, was dem Hauseigentümer nicht aufgefallen ist. Die zum Check festgestellten Mängel werden inklusive einer Fotodokumentation im Protokoll festgehalten und dem ehemaligen Auftragnehmer als Mangelanzeige mit der Aufforderung zur Mangelbeseitigung innerhalb einer angemessenen Frist übermittelt. Die gesetzte Frist ist abhängig vom Umfang des Mangels, aber auch von der Jahreszeit. Beispielsweise sind Risse in der Außenfassade sicher mit einer Frist von vier Wochen zu beseitigen, wenn nicht gerade eine Frostperiode herrscht. Wichtig ist, dass
Herstellerkontakte ab Seite 80.
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