Think Austria: des Kanzlers Denkstube Think Tank: ein Begriff, der in den letzten Jahren durch die mediale Berichterstattung häufig zu hören war. Neben der „Agenda Austria“ und Straches gescheiterten Projekt „Denk zukunftsreich“ wurde ebenfalls über die Stabstelle „Think Austria“ berichtet. Nur, was versteht man unter einem Think Tank und warum sollte man diese kritisch hinterfragen? SUMO sprach darüber mit Bruno Rossmann, dem ehemaligen Nationalratsabgeordneten und Klubobmann der Liste Jetzt, und Edward Strasser, Mitgründer & CEO des Innovation in Politics Institute.
Think Austria II – auf ein Neues Mit der Verabschiedung durch die Kanzlerin war es aber nicht vorbei. Im Rahmen der Evaluierung und Neuorganisation wurde dem Projekt „Think Austria“ der Stecker gezogen, während andere Stabstellen des Bundeskanzleramts überlebten. Am 21. Jänner wurde durch den „Standard“ bekannt, dass es damit nicht erledigt war: Bundeskanzler Kurz schickt „Think Austria“ in die zweite Runde. Am 7. April, glücklicherweise vor dem Interview mit Bruno Rossmann, veröffentlichte „Der Standard“ eine weitere Meldung, die indirekt mit dem Projekt zusammenhängt: „Kurz-Beraterin Antonella Mei-Pochtler wird mit 13. April als Mitglied des Aufsichtsrats der ProSiebenSat.1 Media SE bestellt.“ Ehrenamtliche Leiterin von „Think Austria“ und nun Aufsichtsrätin eines privaten deutschen Medienkonzerns, kann dies zu Interessenskonflikten führen? „Selbstverständlich!“, so Rossmann im Gespräch mit SUMO. „Das war ja damals auch so. Frau Mei-Pochtler agiert nicht wertefrei irgendwo im Raum, sondern sie geht ebenfalls einer beruflichen Tätigkeit nach und das hat Ein-
fluss auf ihre Geschäftstätigkeit. Daher entstehen schon Interessenskonflikte. Entweder mache ich das eine oder das andere, aber eine Mischung aus beiden ist politisch ungesund“, erläutert der einstige Klubchef weiter. Laut dem Bundeskanzler und Mei-Pochtler dient die Stabstelle dem Entwickeln von mittel- bis langfristigen Analysen und Konzepten für Österreich. Themenfelder wie „Neue Wettbewerbsfähigkeit“, „Neue Leistung und Verantwortung“ und „Neue Identität“ wurden hierfür gewählt. Auch der Weltraum war beim ersten Anlauf ein wichtiges Thema. Laut dem Kanzler ist das Einrichten so einer Stabstelle mittlerweile üblich. Edward Strasser, Leiter des Innovations in Politics Institute, stimmt dem zu. Sein Institut arbeite häufig mit solchen Stabstellen zusammen, um gemeinsam politische, zukunftsorientierte, prodemokratische und proeuropäische Lösungen zu erarbeiten. „Die Politik versinkt in der Tagesarbeit“, fährt der Institutsgründer fort: „Somit stellt sich die Frage, wo man die Programme, seien es Arbeitsmarkt- oder Sozialprogramme, langfristig so umstellen und verbessern muss, damit diese wirksamer werden. Für diese Fragen ist in der Alltagsarbeit keine Zeit mehr.“ Auch Rossmann sieht die Grundidee einer solchen Stabstelle, die direkt im Bundeskanzleramt eingerichtet ist, grundsätzlich als sinnvoll an. Damit könne man sehr gute strategisch politische Entscheidungen vorbereiten, und dagegen sei nichts einzuwenden. Think Tank oder nicht? Nicht nur die Pläne der Regierung konnten ob der „Ibiza-Affäre“ und deren Folgen nicht umgesetzt werden, sondern auch die geplanten Publikationen von „Think Austria“. Durch die Auflösung fiel ebenfalls das geplante Zusammentreffen des Sounding Boards am 18. Juni 2019 flach. Im Zuge dessen hätte ein erster Zwischenstand der geplanten Publikationen intern evaluiert werden
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7. April 2020: Lockdown Österreich. Homeoffice im Pyjama und schnell gekochte Pasta. Ein Alltag, den meist nur StudentInnen kennen, gilt nun für sehr viele in Österreich. Um weiterarbeiten zu können, wäre ein Kaffee ganz gut. Gesagt getan, aufgegossen und vorsichtig daran geschlürft. Just in dem Moment klingelt das Handy: Bruno Rossmann – der erhoffte Rückruf. Warum? Parlamentarische Anfragen: insgesamt drei wurden zum KanzlerProjekt „Think Austria“ eingereicht. Zwei von Claudia Gamon (NEOS) unter Türkis-Blau, die dritte und letzte von Bruno Rossmann (Liste Jetzt) in Zeiten der Expertenregierung. Der Grund: Kanzlerin Bierlein machte kurzen Prozess und löste am 11. Juni 2019 das Projekt „Think Austria“ auf.
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