Zwischen Games und Gefahr Gewalthaltige Online-Spiele sind im Alltag vieler Kinder und Jugendlicher verankert. SUMO sprach mit Natalie Denk, Leiterin des Zentrums für Angewandte Spieleforschung der Donau-Universität Krems, und Eveline Hipeli, Kommunikationswissenschaftlerin und Medienpädagogin sowie Dozentin für Medienbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich, über Jugendschutz, Medienkompetenz und sozialen Druck im Bereich Violent Online Gaming.
Aggressionspotenzial? Laut der Jugend-Information-MedienStudie (JIM-Studie) 2018 zeigten sich unter den befragten 12- bis 19-Jährigen Deutschen sowohl Burschen als auch Mädchen interessiert an digitalen Spielen und nutzten diese mehrmals wöchentlich. Erstmals fand sich das KoopSurvival-Spiel „Fortnite“ mit einem Fünftel der Stimmen an der Spitze der beliebtesten Spiele. Unter den NutzerInnen von Online-Spielen ist die Sprachkonferenz-Software „Team-Speak“ eine populäre Kommunikationsplattform, bei der neben Spielinformationen auch persönliche Themen ausgetauscht werden. Besonders im Kontext der sozialen Interaktion zwischen SpielerInnen stellt sich die Frage nach dem Aggressionsund damit Gewaltpotential von gewalthaltigen Spielen. Dieser Problematik haben sich schon etliche Studien gewidmet. Der These, dass gewalthaltige Spiele zu einer erhöhten Aggressivität führen, widerspricht eine 2019 im Journal der Royal Society Open Science erschienene Studie. Auch eine 2016 publizierte Untersuchung im Journal „Plos One“ konnte nur einen schwachen Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und Verhaltensstörungen feststellen.
Mediengewalt als äußerst schwierig herausstellt. Gerade bei Personen, die von aggressiver Disposition betroffen sind, und in ihrem familiären, sozialen Umfeld Gewalt erleben, wirke mediale Gewalt anders. Der Bezug zur Realität sei daher ausschlaggebend. „Bei den meisten Kindern und Jugendlichen die, sagen wir einmal, mit altersgerechten Gewaltinhalten in Kontakt kommen, sind die Wirkungen relativ klein“, merkt Hipeli an und weist aber darauf hin, dass das jedoch nicht auf Kinder zutreffe, die diese Inhalte noch nicht richtig einordnen können. „Die Erfahrungen hängen sehr stark einerseits auch vom Erfahrungshintergrund ab, vom Alter des Kindes und der Prädisposition und dem sozialen Umfeld“, fasst Eveline Hipeli zusammen. Natalie Denk sieht auch darin eine Problematik, dass oft eine unmittelbare Korrelation zwischen gewalthaltigen Computerspielen und Amokläufen gezogen wird. „Das ist auch aus wissenschaftlicher Sicht höchst problematisch, wenn man unreflektiert behauptet, dass das eine zum anderen führt. Das ist etwas, was Menschen allerdings sehr gerne tun, einfach deshalb, weil sich Dinge mit genau solchen Schlussfolgerungen scheinbar einfach erklären lassen“, erläutert Denk. Daher
gehe es darum, sich explizit mit dem jeweiligen Fall auseinanderzusetzen und den Ursachen für exzessives Computerspielen auf den Grund zu gehen. Es müsse auch der Frage nachgegangen werden, inwiefern die Spieleinhalte in die Realität übersetzt werden. „Wenn ich jetzt in einem Spiel gewaltlastige Handlungen durchführe, heißt das nicht automatisch, dass ich hier wirklich zum Beispiel lerne, eine Waffe einzusetzen und überhaupt irgendwelche Barrieren überwinde, die ich im Realfall habe, also da geht es oft um ganz andere Sachen“, untermauert Denk. Man müsse sich auch die Frage stellen, welche Kompetenzen in diesen Spielen tatsächlich gefördert werden. Dabei rücke das Bedienen einer Waffe oder Ausüben von Gewalthandlungen in den Hintergrund, eher stünden taktisches Vermögen, vorausschauendes Denken und teamübergreifende Kommunikation im Vordergrund. Insbesondere bei jüngeren Kindern gilt es jedoch auch nach altersadäquaten Alternativen zu suchen, die dennoch umfangreichen Spielspaß bieten. Laut Denk gehe es hierbei sowohl für die Eltern, als auch die Spiele-EntwicklerInnen darum, über den Tellerrand hinaus zu schauen und kreative Lösungen abseits der beliebten kriege-
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Die Augen auf den Bildschirm geheftet und über ein Headset kommunizierend wird der Plan für die nächste Schlacht besprochen. Es regnet Schüsse auf das gegnerische Team, Blutflecken erscheinen am eigenen Bildschirm. Wird man selbst getroffen, geht es nach wenigen Sekunden in die nächste Runde. „Fortnite“, „Counter-Strike“, „Call of Duty“ und sonstige Online-Shooter-Spiele sind für viele Kinder und Jugendliche fester Bestandteil der Freizeitgestaltung. Doch mit gewalthaltigen Spielen geht auch eine gewisse Verantwortung von Seiten der Eltern und Schulen einher. Es stellt sich die Frage, wie sich der Schutz der Kinder in Bezug auf Medienkompetenz mit sozialem Druck – vor allem von der Peergroup – vereinen lässt.
Das Thema ist dennoch immer wieder Gegenstand medialer und öffentlicher Debatten. Für die Kommunikationswissenschaftlerin Eveline Hipeli steht zuallererst fest, dass sich das Messen von
Zwischen Games und Thema Gefahr
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