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DENKRAUM Frühjahr 2017
Pure Information? Briefpost oder E-Mail – wessen ökologischer Fußabdruck ist größer? Die Frage scheint schnell zulasten der klassischen „Snail-Mail“ beantwortet, doch ganz so einfach ist es nicht.
von Herbert Lechner
// Die elektronische Post schont zwar Bäume und Wasserressourcen, aber dafür ist ihr Energieverbrauch enorm. Und angesichts der ungeheuren Masse an Mails und Spams potenziert sich der auch noch. Laut einer Studie des amerikanischen Softwareanbieters McAfee, die einmal die CO2-Belastung durch SpamMails untersuchte, kommt da alleine Deutschland auf einen Wert von 500.000 Tonnen CO2. Das entspricht etwa dem Stromverbauch einer kleineren Großstadt. Der weltweite Energiebedarf für die elektronische Post insgesamt wird etwa so hoch veranschlagt wie der komplette jährliche Stromverbrauch von Österreich oder der Schweiz. Tendenz – natürlich – steigend. Denn je „dicker“ ein digitaler Brief ist, also wie groß der Umfang und vor allem die Anhänge sind, wirkt sich unmittelbar auf den Verbrauch aus. Und mit den Leistungen moderner Rechner können die schnell im Gigabyte-Bereich landen. Ein weiterer Verbrauchsfaktor: Läuft die Kommunikation über die immer beliebteren mobilen Geräte statt über Festnetzanschlüsse, erhöht das noch einmal Energiebedarf und Umweltbelastung. Fachleute sprechen dabei von einem bis zu zehnfachen Mehrverbrauch! Kein Wunder, dass die großen Provider und Rechencenter viel Geld in eine energieeffizientere Ausstattung investieren. Denn es kommt zum Verbrauch der Geräte noch ein weiterer wichtiger Faktor dazu: die Abwärme, die entsteht und die eine wirkungsvolle und damit aufwendige Kühlung erfordert. Teilweise
können die dafür notwendigen Kosten fast so hoch sein wie für den Energieaufwand der Rechner. Wohin mit der Wärme? Schon vor Jahren hat da ein findiger Schweizer IT-Dienstleister gemeinsam mit IBM für sein Rechenzentrum eine geniale „grüne“ Lösung realisiert. In der Gemeinde Uitikon in der Nähe von Zürich wird die Abwärme der GIB-Services mittels Wärmetauscher in warmes Wasser verwandelt, das in das örtliche Schwimmbad geleitet wird. Der Vorteil für den Betreiber ist so groß, dass die Gemeinde lediglich die Anschlusskosten übernehmen musste. Also eine echte Win-win-Situation, die Schule machen könnte. Doch das Problem ist, dass in den größten Teilen der Welt, anders als in unseren kühlen Regionen, ohnehin die Aufgabe Kühlung und nicht Heizung lautet. Das gilt nicht nur für Schwellen- und Entwicklungsländer, deren digitaler Bedarf schon jetzt laufend steigt. Serveranlagen werden deshalb in Gebirgsstollen oder aufgelassenen Tunnels gebaut. Ernsthaft diskutiert wird auch die Möglichkeit, Rechenzentren auf speziellen Containerschiffen oder künstlichen Inseln vor den großen Küstenstädten zu errichten. Das Meer würde dann einen Großteil der Kühlung übernehmen. Schon seit 2009 besitzt Google ein Patent auf diese Lösung. Verrückt? Die digitale Welt hat mittlerweile nachdrücklich bewiesen, dass selbst die verrücktesten Ideen erfolgreich sein können! //
Seekabelfräse Nessie II der Firma Christoffers Die Entstehung des Namens Nessie für die Baureihe rührt aus dem Jahre 1988. Für den Auftrag eine Telefonleitung vom Festland zur Insel Sylt zu verlegen, wurde damals die Nessie I gebaut, die ihren Namen durch eine Frage auf die Bedeutung der Strohballen auf der See kabelfräse erhielt: „Das ist das Futter für Nessie!“ Laut der Online-Enzyklopädie Wikipedia werden etwa 95 Prozent des Internetverkehrs zwischen Weltregionen durch Unterseekabel übertragen.