Artinside – Fall 2021

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Fondation Beyeler

CLOSE-UP Berthe Morisot, Mary Cassatt, Paula Modersohn-Becker, Lotte Laserstein, Frida Kahlo, Alice Neel, Marlene Dumas, Cindy Sherman, Elizabeth Peyton 19.09.2021 – 02.01.2022

Paula Modersohn-Becker, Mädchenbildnis mit gespreizter Hand vor der Brust, 1905

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m Zentrum der Ausstellung Close-Up stehen neun Künstlerinnen, denen die Konzentration auf die Darstellung von Menschen, in Form von Porträts und Selbstporträts, gemeinsam ist und deren Schaffen herausragende Positionen innerhalb der Geschichte der Moderne von 1870 bis heute darstellen. Das Interesse der Ausstellung gilt dem spezifischen Blick der Künstlerinnen auf ihre eigene Umgebung, der in den Porträts und Figurenbildern ihrer selbst und von anderen zum Ausdruck kommt. In der Zusammenschau lässt sich erleben, wie sich der Blick der Künstlerinnen auf ihr Gegenüber zwischen 1870 und heute gewandelt hat, was sich in ihm widerspiegelt und was ihn auszeichnet. Die Ausstellung betrachtet einen Zeitraum, zu dessen Beginn es Künstlerinnen in Europa und Amerika – unterstützt von gesamtgesellschaftlichen Veränderungen der Stellung der Frau – erstmals möglich wurde, auf breiter Basis professionell tätig zu sein. Es ist gleichzeitig eine Zeit, in der die Idee des Porträts einen tiefgreifenArtinside |

den Wandel erlebt, der mit einer grundlegenden Umwertung der Idee des Individuums einhergeht. So wie im Impressionismus die Transformation des klassischen Porträts begann und ihren Lauf nahm, so wurde zu Anfang des neuen Jahrhunderts der gänzliche Verzicht auf Ähnlichkeit als mögliche Porträtform erprobt. In der Folge wandelte sich das Porträt zu einer Ausdrucksform, in der neue Vorstellungen von Subjektivität und neue Möglichkeiten der Repräsentation erkundet wurden. Die neun gezeigten Künstlerinnen führen uns dies beispielhaft vor Augen. Sie repräsentieren zwar nicht eine Geschichte des Porträts seit der Moderne. Doch jede von ihnen präsentiert mit ihrem Œuvre eine spezifische, aus ihrer Zeit heraus entwickelte Form des Porträts. Ihre Porträts und Selbstporträts zeigen Gesichter auf je eigene Weise, bleiben dabei auf Distanz oder versuchen, ihnen so nahe wie möglich zu kommen. Das Faszinosum, das dem Porträt schon immer und bis heute eigen ist, wird vor dem Hintergrund unserer Gegenwart in Close-Up erneut erfahrbar und umso verständlicher.

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