T I T E L
DISKRIMINIERUNG
Das Gesetz schreibt Gleich behandlung vor
D
ie Mitgliedsorganisationen des Antidiskriminierungsverbandes Deutschland – 27 unabhängige Antidiskriminierungsberatungsstellen- haben viel Arbeit. Nur ein Beispiel von vielen aus der Beratungspraxis: Einem Schwarzen jungen Mann aus der Elfenbeinküste war der Ausbildungsplatz in einer großen Fleischerei gekündigt worden. Der Lehrmeister belästigte den jungen Mann immer wieder mit rassistischen Sprüchen und Zuschreibungen. Dieser biss lange Zeit die Zähne zusammen und ertrug die Abwertungen, da er den Ausbildungsplatz dringend brauchte. Irgendwann wendete er sich aber an einen vorgesetzten Kollegen, mit der Bitte um Unterstützung. Der tat das Verhalten des Meisters als „nur Spaß“ und mit „der meint das nicht so“ ab. Den jungen Mann belastete das rassistische Verhalten seines Vorgesetzten zunehmend. Weitere Versuche, Unterstützung zu erhalten, scheiterten. Eine Beschwerdestelle besaß die Fleischerei nicht. Als der junge Mann nach einem Urlaub wieder mit rassistischen Sprüchen konfrontiert wurde, erlitt er einen Nervenzusammenbruch und warf dabei Gegenstände gegen die Wand. Am nächsten Tag kündigte ihm der Geschäftsführer.
Das AGG: Ein neues Konzept Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hat zu einer Verbesserung des arbeitsrechtlichen Diskriminierungsschutzes geführt und dazu beigetragen, Diskriminierung gesellschaftlich zum Thema zu machen. Dennoch: Die Durchsetzung des Diskriminierungsverbots ist für Betroffene oft sehr schwierig. Arbeitgebende sollten das AGG als Pflicht und Chance begreifen, ihr Unternehmen diskriminierungskritisch zu gestalten.
Ein Gastbeitrag von Eva Maria Andrades
54
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gibt Beschäftigten, wie dem ehemaligen Auszubildenden, durchaus Mittel in die Hand, sich zu wehren. Grundsätzlich verbietet das Gesetz Diskriminierung im arbeitsrechtlichen Kontext und im zivilrechtlichen Bereich. Es erlegt Arbeitgebenden klare Pflichten auf. So ist die Fleischerei, wie jede*r Arbeitgeber*in, verpflichtet, eine Beschwerdestelle einzurichten, an die Mitarbeitende sich bei diskriminierenden Vorfällen wenden können. Die Beschwerde muss geprüft werden und Arbeitgebende sind verpflichtet, geeignete Maßnahmen zum Schutze der betroffenen Person zu ergreifen. In diesem Fall hätte der Lehrmeister auf Grundlage des AGG mindestens eine Abmahnung erhalten müssen, und bei weiterer Diskriminierung ist auch an eine Kündigung zu denken. Das AGG macht dabei auch keine Unterscheidung, ob der Mitarbeiter mit Vorsatz diskriminiert. Am Ende steht die Frage, ob es in der Wirkung diskriminierend ist. Zudem sieht das AGG eine Beweiserleichterung vor. Im Fall des jungen Mannes heißt das: Er muss nicht nachweisen, dass sein ehemaliger Lehrmeister rassistisch gehandelt hat, sondern Indizien nachweisen, die auf die rassistische Diskriminierung hindeuten. Im Fall des Fleischermeisters war der Nachweis allerdings nicht das Problem, denn die Beleidigungen waren eindeutig rassistisch und geschahen vor vielen Mitarbeitenden. Wenn ein ausreichendes Indiz vorliegt, dann schreibt das AGG eine „Beweislastumkehr“ vor: Der Arbeitgeber muss beweisen, dass er die beschäftigte Person nicht benachteiligt hat beziehungsweise geeignete Maßnahmen zu seinem