Leseprobe Psychiatrische Pflege 1/2020

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Kamingespräch

Pflegende sind keine emotionslosen Wesen Sabine Hahn im Gespräch mit Colombine Eisele Sabine Hahn: Liebe Frau Eisele, wofür brennt Ihr Herz beruflich? Colombine Eisele: Pflegepädagogische Arbeit und Weiterentwicklung, insbesondere im hochschulischen Zusammenhang, ist mir ein großes Anliegen. Pflegewissenschaftliche Erkenntnisse sollten so aufbereitet werden, dass die Umsetzung in den täglichen Arbeitsalltag leichtfällt. Studierende haben mir auch Leidenschaftlichkeit für den Pflegeberuf attestiert. Was soll im Kaminfeuer verbrennen, da sich die Pflege davon befreien muss? Unser Beruf hat in den letzten 30 Jahren einen großen Schritt im Professionalisierungsprozess gemacht. Jedoch sollte unsere Berufsgruppe im Zuge dessen auch Haltungen überdenken, anpassen und verändern. Die Kraft der Vorbildfunktion von Pflegenden in unterschiedlichen Settings ist nicht zu unterschätzen. Sie sind Diplom-Pflegepädagogin am Campus Rudolfinerhaus in Wien. Haben Sie auch schon im Feld der psychiatrischen Pflege gearbeitet? Nein. Im Zusammenhang mit der Beschäftigung mit dem Thema Gewalt und Deeskalationsmanagement habe ich kleine Einblicke in dieses Arbeitsfeld bekommen. Jedoch habe ich nie in einer psychiatrischen Einrichtung oder auf einer psychiatrischen Station gearbeitet. Sie haben sich mit der Zukunft der dualen Ausbildung beschäftigt und vertreten den Dritten Lernort. Dieser hat sich beispielsweise bei uns in der Schweiz fest etabliert. Der Transfer zwischen Praxis und Theorie scheint sich dadurch verbessert zu haben. Wie erleben Sie dies? Ich kann schon feststellen, dass die Konzepterstellung und die Umsetzung eines Dritten Lernorts am Campus Rudolfinerhaus den Theorie-Praxis-Transfer, aber auch den Praxis-Theorie-Transfer unterstützt. 2015 haben wir den Dritten Lernort erstmalig durchgeführt und haben mit Hilfe von Fragebögen die Praxisanleiter_innen gefragt, ob sie eine Veränderung, im besten Fall natürlich Verbesserung, feststellen konnten. In der Auswertung konnten wir erkennen, dass dem so ist. Insbesondere im Rahmen des PraxisTheorie-Transfers konnten wir am Lernort Campus beobachten, dass die erlebten Situationen besser in einem definierten Kontext bearbeitet werden können, der es schafft, das Erlebte mit evidenzbasiertem Wissen zu verknüpfen. Psychiatrische Pflege (2020), 5 (1), 24–26 https://doi.org/10.1024/2297-6965/a000278

Colombine Eisele, Diplom-Pflegepädagogin (FH) am Campus Rudolfinerhaus in Wien, ist seit 1992 im pflegerischen Berufsfeld und seit 2004 in Aus-, Fort- und Weiterbildung tätig.

Der Dritte Lernort benötigt einen hohen Ressourceneinsatz seitens der Administration und der Lehrenden. Er ist hochkomplex und mit den Lernorten Campus und Praxis stark vernetzt, sodass Planung und Materialbeschaffung einen großen Teil der Umsetzung beanspruchen. Ich möchte betonen, dass dieser Aufwand sich lohnt und, wenn man so will, auszahlt. Insbesondere die Rückmeldungen der Studierenden am Ende des Studiums bestätigt uns in unserem Tun. Ja, dies erleben wir auch so. Mit einem guten TheoriePraxis-Bezug kann auch die Theorie-Praxis-Lücke verkleinert werden und hier der Transfer stressfreier stattfinden. Nun zeigt sich aber, dass durch Verdichtung der Arbeit, Personalmangel, die Ökonomisierung und die Zunahme an Komplexität der Stress für Pflegefachpersonen generell ansteigt. Stimmt diese Aussage mit Ihrer Erfahrung überein? Ja. Organisationen des Gesundheitswesens wollen kosteneffizient arbeiten. Eine steigende Ökonomisierung bedeutet eine aufwändige Administration und Rationalisierungen beim Personal bzw. Material insbesondere im © 2020 Hogrefe


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