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Aus der Praxis
Die Wichtigkeit der körperlichen Gesundheit bei Menschen mit einer schweren psychischen Erkrankung Ein Update zum Gesundheitsförderungsprofil GEPPSY Christian Burr, Bettina Nesa
Seit 2012 besteht das Gesundheitsförderungsprofi PSY
GEP
zur systematischen Erfassung und Erken-
nung von körperlichen Gesundheitsrisiken bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen. 2019 wurde eine Überprüfung der Normwerte und Empfehlungen des Instrumentes durchgeführt und entsprechende Anpassungen vorgenommen. Die aktualisierten Versionen der GEPPSY-Screeningbögen sowie des Begleithandbuches liegen vor und sollen ab sofort verwendet werden.
B
ei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen sind körperliche Gesundheitsprobleme oder Gesundheitsrisiken gegenüber der Allgemeinbevölkerung stark erhöht und werden von Fachpersonen oft nicht erkannt (De Hert et al., 2011). Deshalb wurde von 2010 bis 2012 an den Universitären Psychiatrischen Diensten in Bern das Gesundheitsförderungsprofi GEPPSY entwickelt (Bänziger et al., 2016) und evaluiert (Glavanovits, Sahli, Bänziger & Abderhalden, 2013). GEPPSY ist ein Screening-Instrument zur Erfassung der körperlichen Gesundheitsrisiken bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen. Es ist die deutsche Übersetzung des in England entwickelten Health Improvement Profile HIP (White, Gray & Jones, 2009). Es umfasst 27 Gesundheitsrisiken, die in den sieben Bereiche Laborwerte, Vitalzeichen/Gewicht, ärztliche Kontrollen, Selbstuntersuchungen, Aktivitäten des täglichen Lebens, Noxen sowie Sexualität erfragt werden. Während der Befragung werden die Gesundheitskriterien der Patientinnen und Patienten gemessen oder erfragt, in einen Bogen eingetragen und je nach Wert entweder einer grünen (Ziel-/Normwerte) oder roten Spalte (von Ziel-/Norm abweichenden Werte) zugeteilt. Die rote Spalte repräsentiert die vorhandenen Gesundheitsrisiken, die eine Intervention bedingen. Dazu werden auf dem Bogen Interventionen in den Bereichen Beratung, Überweisung Psychiatrische Pflege (2020), 5 (1), 36–38
an die Haus- oder Fachärztin resp. den Haus- oder Facharzt oder Überweisung in ein Gesundheitsprogramm vorgeschlagen, welche mit den Patientinnen und Patienten geplant und durchgeführt werden können. Das GEPPSY sollte als Screening-Instrument verstanden werden. Es bedeutet, dass möglichst alle Personen, die der Zielpopulation entsprechen, erfasst werden. Nur so können „verdeckte“ Probleme aufgedeckt werden. Das GEPPSY wurde vom schweizerischen Bundesamt für Gesundheit in einer Analyse von Modellen guter Praxis im Bereich der Versorgung von psychisch erkrankten Personen mit zusätzlichen somatischen Erkrankungen als Best-Practice-Vorgehen identifiziert (Spiess & Ruflin, 2018).
Das Review 2019 Um die Aktualität der Normwerte sowie auch der Empfehlungen des GEPPSY zu gewährleisten, wurden im Zeitraum von Juni bis August 2019 alle Werte und Empfehlungen bezüglich ihrer Aktualität überprüft.
Methode Zu allen Werten bzw. Empfehlungen wurde für die Jahre 2012 bis 2019 ein Literaturcheck durchgeführt. Dieser erfolgte einerseits in den aktuellen Behandlungsempfehlungen der entsprechenden Fachgesellschaften. Zudem wurde zu jedem Thema eine Literatursuche auf Medline (Pubmed) und Google-Scolar mit entsprechenden Suchbegriffen durchgeführt. Ferner wurde die uns von den Autoren freundlicherweise zur Verfügung gestellte aktuelle Version des HIP (Hardy & Grey, 2018) konsultiert. Die Ergebnisse und empfohlenen Anpassungen wurden tabellarisch dokumentiert, inklusive der entsprechenden Quelle. In der Folge wurden die Ergebnisse verschiedenen Expertinnen und Experten aus Pflege und Medizin mit der Bitte um fachliche Validierung der empfohlenen Anpassungen zugeschickt. Die Rückmeldungen wurden nochmals überprüft und berücksichtigt. Bei einzelnen Empfehlungen oder Normwerten gab es minimale Unterschiede zwischen © 2020 Hogrefe