HSLU T&A – Institut für Architektur – Jahrbuch 2017/2018

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Architekturgeschichte? Baukultur! In kaum einer anderen Disziplin liefert der Blick zurück relevante Grundlagen für die Zukunft, ist die Geschichte Teil des Berufsalltags: In der Architektur ist die Auseinandersetzung mit dem Baubestand jedoch unvermeidlich. Die Herausforderungen reichen von der Bestandssicherung über notwendige Modernisierungen bis hin zu präzis gesetzten Eingriffen, von neuen Nachbarschaften bis hin zu Antipoden. Gefordert ist das sensible Weiterbauen, das Schaffen von qualitätvollen Lebensräumen – schlicht: die Fortführung der Baukultur. Annäherung Mein Auftrag an der Hochschule Luzern lautet: Architekturgeschichte. Die Architekturgeschichte hat sich im 19. Jahrhundert als wissenschaftliche Disziplin etabliert. Die Grundlage bilden herausragende Denkmäler, definiert wurde eine Folge von Stilepochen mit einer respektvollen Distanz zum gegenwärtigen Bauschaffen. Bis heute fordern neue Erkenntnisse aus der Bauforschung immer wieder kleinere Korrekturen oder Ergänzungen. Das historische Gerüst scheint jedoch im Wesentlichen fixiert zu sein. Dieses Gerüst lässt sich zweifellos vermitteln, doch was sollen die Studierenden mit dieser klassischen «Best-of-Folge» anfangen? Ganz pragmatisch: Was ist mit den weniger bedeutsamen Bauwerken – etwa denjenigen, denen sie im Alltag in der Innerschweiz begegnen? Was ist mit der jüngeren Vergangenheit? Inwieweit ist der Kontext bedeutsam? Es gibt aber auch eine theoretische Ebene: Wie wird so ein Gerüst geformt? Was gewinnt man mit historischen Wissenschaften im heutigen schnelllebigen Internetzeitalter? Welche qualifizierten Dokumentations- und Recherchetechniken gehören zum unverzichtbaren Handwerkszeug einer Hochschulabsolventin oder eines Hochschulabsolventen aus dem Fachbereich Architektur? Die Lehre muss nicht nur ein Ziel formulieren, sondern auch den Weg dahin ebnen. Situation Im 19. Jahrhundert prägte der akademische Blick auf die Vergangenheit zugleich auch das zeitgenössische Bauschaffen, den Historismus. Die präzise zeichnerische Dokumentation von Denkmälern und ausgedehnte Studienreisen waren ein relevanter Teil der Ausbildung. Dies hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts grundlegend verändert. Die Avantgarde brach mit den historischen Formulierungen. Zeitgleich wurden jedoch auch die wichtigsten Denkmäler unter Schutz gestellt

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