#kolumne
Mein Platz
in der ersten Reihe TEXT Heinz Haug
FOTO Stefan Wey
Auf dem Programm steht Corona. Das Virus ist eine Rampensau. Drängt sich vor, spielt sich auf, macht sich breit, ist aggressiv. Corona spielt weltweit. Auf Plätzen und Strassen, in Häusern und Wohnungen, in Bars, Restaurants, Sporthallen – keine Bühne ist dem Virus zu klein, kein Stadion zu gross, kein Ort zu abwegig, kein Lokal zu unwichtig.
«Leben – nicht überleben.» Ich sitze in der ersten Reihe. Der Platz wurde mir zugewiesen. Die erste Reihe ist doof. War sie schon immer – in der Schule, im Kino, überall. In der ersten Reihe sitzen die Streber (oder die Promis, die müssen), oder die, die zu spät gekommen sind, und keinen besseren Platz mehr gefunden haben. Tritt Corona auf, nimmt niemand freiwillig ganz vorne Platz. Unfreiwillig trifft es die Alten und die Kranken, die Hochgefährdeten. Sie bekommen die erste Reihe zugewiesen. Die haben keine Wahl. Ich gehöre dazu. Mein Platz ist reserviert. Den macht mir keiner streitig.
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reflexe 2-2020
Mit 68 und einer Krebserkrankung zähle ich zu denen, die mit einer Corona-Attacke schwer zu kämpfen hätten. Was tun? Sich an die Abstandsregeln halten, klar. Und Hygiene und so, auch klar. Aber sonst? Leben halt! Und zwar im Sinne von Juvenal, dem römischen Dichter, der im ersten Jahrhundert ungefähr folgendes zu Papyrus gebracht hat: «Man soll das Leben nicht über das stellen, was das Leben lebenswert macht.» Meine Kurzfassung: Leben – nicht überleben. Selbstverständlich darf das eigene Tun niemanden gefährden. Ist ja klar. Aber sonst? Corona bereitet mir Unbehagen, macht mir aber keine Angst. Ich bin und bleibe gelassen. Gelassen auch, weil ich weiss, dass das KSB mit all seinen Profis hinter mir steht. Ich weiss, die werden es richten, wenn mir Corona auf den Leib rückt. Das ist nicht Laissez-faire oder Abschieben der Verantwortung. Sondern berechtigtes Vertrauen. Und Wissen, dass, wenn es mich trotz aller eingehaltenen Vorsichtsmassnahmen erwischt, ich auf Kompetenz und eine sichere Behandlung zählen kann. Aufs KSB eben.
ZUR PERSON: Heinz Haug, Jahrgang 1951, ist Texter und kennt das KSB als langjähriger Mitarbeiter und Patient in- und auswendig.