Niederösterreicherin Juni 2021

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Kultur

WAS IST SCHON

NORMAL?

Zwei Engstler-Frauen auf der Rosenburg: Elisabeth und Amelie über ihre außergewöhnliche Beziehung, wichtige Botschaften der Komödie „Ein Käfig voller Narren“ und die Challenge gemeinsamer Projekte. Text: Viktória Kery-Erdélyi

L

ange galt für Amelie Engstler eine klare Ansage: „Schauspielen? Nein, danke“, erzählt sie. Als sie aber Mama Elisabeth vor zwei Jahren zur Produk­tion „Amadeus“ auf der Rosenburg begleitet, staubt sie unerwartet ein paar Statistenrollen ab. „Plötzlich war ich so: Wohooo!“, lacht die 19-Jährige. „Ich liebe es, mich auszudrücken, im Mittelpunkt zu stehen. Da ist gar keine Nervosität, sondern einfach nur Spaß an der Sache.“ Die Engstler-Frauen, zu Hause in Maria Enzersdorf, ereilt heuer wieder der Lockruf der Sommernachtskomödie: In „Ein Käfig voller Narren“ spielt Elisabeth die leibliche Mutter des heiratswilligen Sohnes, Amelie gibt die Sekretärin der taffen Businessfrau. Jean Poirets köstliche Story über den Spross eines exzentrischen homosexuellen Paares, der in eine konservative Familie einheiraten will, inszeniert Marcus Ganser unter der Intendanz von Nina Blum. NIEDERÖSTERREICHERIN: Wie war es für dich, als du gemerkt hast, Amelies Begeisterung für die Bühne wächst? Elisabeth Engstler: Ich war ein bisserl erstaunt, aber ich hab‘ immer gesehen, dass Ami sehr gut im Ausdruck ist. Dass ihr das nun auch Spaß macht, freut mich. Sommertheater ist außerdem eine besondere Art des Miteinanderspielens. Jetzt, wo Ami ihr IB (International Bac-

Fotos: Martin Hesz, Viktória Kery-Erdélyi

caulauereate bzw. internationale Matura, Anm.) macht, ist das ein schöner Abschluss, den wir gemeinsam machen. War auch Bauchweh dabei, weil du die harten Seiten des Jobs kennst? Elisabeth: Komischerweise nein, ich habe totales Vertrauen. Amelie: Meine Mama hat noch nie gesagt, dass ich etwas nicht kann oder soll. Sie sagt: „Probier‘s! Wenn du hinfällst, helfe ich dir, wieder aufzustehen.“ Elisabeth: Man muss alles ausprobieren. Ich habe Medizin zu studieren

JUNG VIELSEITIG. „Deeper Than The Surface“, Linoldruck von Amelie Engstler

begonnen, dann habe ich Musik bzw. Schauspiel gemacht. Das Leben bringt schon die Dinge, die sein sollen. „Ein Käfig voller Narren“ – worum geht es für euch? Elisabeth: Auf der einen Seite darum, dass Vielfalt schön ist. Auf der anderen: dass Meinungen selbst in Beton geschlagen sein können, das Leben zeigt uns immer wieder, dass es anders läuft. Ich mag es, wenn Leute außergewöhnlich sind; so steht es auch auf meiner Handyhülle: „Normal people scare me“. Amelie: Ich sage auch: Diversity ist das neue Schön. Perfektion ist sowieso nur eine Illusion, die kreiert wurde, damit sich Menschen vergleichen können; sie zu erreichen ist unmöglich. Elisabeth: Der Vergleich ist die Grundlage zum Unglücklichsein. Elisabeth, du hast zuletzt ein fulminantes Bühnencomeback gefeiert: beispielsweise auf der Rosenburg und mit dem Erfolgsmusical „I Am From Austria“. Dann kam Corona … Elisabeth: … und alles war aus. Ich hab‘ die Zeit für eine Innenschau genutzt und das erste Mal Texte geschrieben. Mit meinem langjährigen Musikerfreund Goran Mikulec haben wir daraus Lieder gemacht; wenn alles klappt, gibt es am 12. Juni ein Tschauner Bühnen-Open-Air (tschauner.at, Anm.): mit Musical- und Lieblingsliedern vom Songcontest – und den neuen Nummern, die von Dingen handeln, die mich bewegen, die die Eli-


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